Dark Swan: Schattenkind (German Edition)
wieder auf die Beine zu kommen. Ich hatte immer noch das Eisenathame in der Hand und stellte reichlich befriedigt fest, dass ich trotz meiner Schwangerschaft schneller war als diese Dumpfbacke von einem Elementar. Er schwang sein Messer nach mir, dem ich problemlos ausweichen konnte, und gab mir so eine Öffnung in seiner Deckung. Das Athame kam durch, zerschnitt ihm die grüne Brust. Der Elementar kreischte schmerzerfüllt auf, und ich beschloss prompt, ihn nicht zu vernichten. Ich konnte es mir nicht leisten, einen auf Heldin zu machen. Diese Verletzung reichte völlig, um den Elementar so weit zu verlangsamen, dass ich es zum Tor schaffte. Ich machte, dass ich in den Ring von Butterblumen kam, und griff nach der Anderswelt aus. Das Tor war stark und ganzjährig vorhanden, sodass es jemandem, der sich auskannte, keine Mühen machte. Was ebenfalls dafür gesprochen hatte, in Hudson unterzutauchen.
Die Pfade zwischen den Welten öffneten sich, und ich spürte eine leichte Desorientierung, als würde ich auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt werden. Binnen Sekunden fand ich mich mitten zwischen meinen Soldaten stehend im Jelängerjelieberland wieder. Nirgendwo gab es Anzeichen für Feinde, und den erschrockenen Gesichtern meiner Wache nach zu urteilen, kam mein zerzauster Zustand für sie völlig überraschend. Sie vergeudeten jedoch keine Zeit mit Fragen, sondern hatten bereits ihre Waffen gezogen, als der Elementar mir durch das Tor folgte.
Nur, dass es jetzt kein Elementar mehr war. Es war nicht einmal ein ›Er‹. Sondern eine Sie – eine Feine, die nicht älter war als ich und ihre braunen Haare zu einem Dutt hochgesteckt hatte. Sie stolperte zwei Schritte auf mich zu, den Kupferdolch immer noch in der Hand, dann fiel sie zu Boden. Blut quoll aus ihrer Brust und zeigte, wie schwer ich sie verwundet hatte. Mit einer Klinge aus Eisen, dem Fluch der Feinen, und dazu noch in der Menschenwelt, wo sie am schwächsten waren. Hier in der Anderswelt hätte die Frau eine solche Verwundung vielleicht überlebt, aber nun war es zu spät. Das Messer entglitt ihren Händen, als sie sich kläglich an die blutende Brust griff. Dabei ließ sie mich nicht einen Moment aus den Augen.
»Tod … der Prophezeiung … «, brachte sie heraus, dann holte sie selbst der Tod. Die hasserfüllten Augen erloschen, und bald sahen sie nichts mehr. Mir war speiübel.
Eine weitere Bewegung beim Tor zog die Aufmerksamkeit meiner Wachen auf sich, aber es waren nur Jasmine und Pagiel. Man sah ihnen an, dass sie gekämpft hatten, aber von ernstlichen Schäden war nichts zu sehen. Jasmine schaute als Erstes zu mir, und trotz ihres harten Blicks wusste ich, dass sie mich auf Verletzungen checkte, genauso wie ich sie. Kaum zu glauben, dass wir einmal Feinde gewesen waren.
Als sie sich davon überzeugt hatte, dass mit mir alles in Ordnung war, warf sie einen Blick auf die Tote, dann sah sie wieder mich an, jetzt ein bisschen entspannter. »Tja«, sagte sie. »Wenigstens kannst du dir Ohio ab jetzt sparen.«
Kapitel 2
Die geografische Beschaffenheit der Anderswelt widerspricht der menschlichen Physik. Es gibt keine geraden Linien von Punkt A nach Punkt B, nicht einmal wenn man eine Straße entlanggeht, die anscheinend ohne Kurve oder Abzweigung verläuft. Ein Vorwärtsschritt auf einer Straße bringt einen in ein Königreich, von dem man dachte, dass man es vor zehn Meilen hinter sich gelassen hätte. Die meisten Reiche neigen dazu, im selben Abstand voneinander zu bleiben, aber Garantien gibt es keine. Eine Straße, deren Macken man in- und auswendig zu kennen glaubt, kann sich ohne jede Vorwarnung verändern.
Zum Glück gab es diesmal keine solchen Überraschungen. Die Straße, die wir zum Hudsontor genommen hatten, brachte uns schließlich, mit nur den erwarteten Schlenkern durch befreundete Länder, ins Eichenland zurück. Das Eichenland war keines meiner Reiche. Es wurde von meinem mächtigsten Verbündeten regiert, der mich gleichzeitig auch am meisten nervös machte. Dorian und ich waren einmal ein Paar gewesen und hatten gemeinsam in der Anderswelt Krieg geführt. Zur Trennung war es gekommen, als er mich in eine Schatzsuche hineinmanipuliert hatte, die insgeheim dazu gedacht gewesen war, ein Reich zu erobern, das ich gar nicht haben wollte. Eine Zeit lang waren wir uns sehr feindselig begegnet, aber mit meiner Schwangerschaft hatte sich unser Verhältnis verändert. Er gehörte zu den Verfechtern der Prophezeiung, die besagte,
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