DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters
schlanken, weißen Hände werden besudelt von Blut und Schleim. Während sie nach den Wundärzten ruft, habe ich eine Vision von ihrem neuen Leben, wie es sich nun abzeichnet: Sie wird d’Albret und seine fürchterliche Wunde bis ans Ende ihrer Tage versorgen.
Ich schaue wieder auf das Gesicht des gefallenen Julian hinab, so weiß und still wie Marmor. In diesem Augenblick begreife ich, dass Julians Liebe der Schlüssel zu diesem Sieg gewesen ist. Seine Liebe zu mir, die Liebe der Bestie zu Alyse, meine eigene Liebe zu meinen Schwestern – selbst Jamettes Liebe zu Julian – hat uns alle zu diesem Augenblick in der Zeit getrieben, jede einzelne Liebe umschlungen von der nächsten, wie Glieder in einer Kette.
Und jetzt ist d’Albret so gut wie tot. Und ich bin endlich frei.
Madame Dinan schaut auf, um mich anzufunkeln. »Ergreift sie!«
Ah, ich bin doch noch nicht frei. Es sind immer noch über fünfzig Männer hier drin, und sie alle starren mich an mit Augen, in denen ihre brutale Natur und die Hoffnung auf Gewalt aufleuchtet. Was habe ich mir erhofft? Dass sie mit d’Albrets Tod von ihren dunklen Impulsen erlöst sein und sich an ihrer Freiheit ergötzen würden? Nein, sie fühlten sich zu ihm hingezogen, wie sich Gleich und Gleich gern gesellt, und sie betrachten mich jetzt voll Hunger nach Blut und Rache. Außerdem werden sie keine Antwort für Pierre haben für das, was hier geschehen ist. Ich umfasse das Messer, das ich immer noch in der Hand halte. D’Albret kann niemandem je wieder wehtun – meine Aufgabe ist erfüllt. Ich werde mich nicht dem ergeben, was ich in den erzürnten Gesichtern um mich herum lauern sehe. Langsam hebe ich das Messer und presse die Spitze an meine eigene Kehle.
Einer der Männer, der sieht, was ich beabsichtige, springt vor. Er ragt über mir auf, und der Helm, den er trägt, überschattet sein Gesicht. Ich versuche, mich aus seinem Griff zu entwinden, aber er ist ebenso schnell, wie er groß ist. Als seine Finger sich um mein Handgelenk schließen – in dem Moment, in dem unsere Haut sich berührt –, weiß ich es.
Mein Kopf fährt hoch, und ich schaue in ein Paar hellblauer Augen, in denen ein unheiliges Licht brennt.
Die Bestie.
Einundfünfzig
D ER A NBLICK DER B ESTIE erfüllt mein Herz mit solchem Glück, dass ich fürchte, es wird zerspringen. Er trägt d’Albrets Farben und drückt mir ein zusammengerolltes, ledernes Päckchen in die Hände. Seine Verkleidung erkauft uns ein wenig Zeit, und während sein Körper mich vor den Blicken der anderen Männer verbirgt, entrolle ich es schnell und finde meine Messer darin. Da ich keine Zeit habe, die Scheiden anzulegen, stoße ich die Messer durch meinen Rock, fädele die Klingen durch den dicken Stoff, sodass sie nicht herausfallen werden.
»Bring sie hier herüber!«, befiehlt Hauptmann de Lur.
Als ich voll bewaffnet bin, lässt mein Ritter das für ihn so typische wilde Grinsen aufblitzen. »Schneide mir den Wappenrock auf, denn ich werde meinen Heiligen nicht besudeln, indem ich in d’Albrets Farben kämpfe.«
Ich kann ihm nicht widersprechen. Ich drücke die Spitze meines Messers auf den Wappenrock der Bestie und schneide ihn entzwei, wobei ich sorgfältig darauf achte, dass die Klinge nicht zu tief eindringt. Er schüttelt den Rock ab und zieht sein Schwert aus der Scheide. Für einen kurzen Moment denken die Männer, dass er vorhat, es gegen mich zu benutzen. »Bist du bereit?«, fragt er.
»Ich habe nur auf dich gewartet.«
Er lächelt wieder, dann dreht er sich zu den Männern um, und Verwirrung bricht aus. Als Hauptmann de Lur einen Schritt auf uns zumacht, höre ich ein schwaches Wispern von einem Geräusch, dann verdreht er die Augen und bricht zusammen. Ein kleiner Stein kullert zu Boden.
Yannic.
Dann wird die Bestie von Kampfeswut überkommen und stößt einen schauerlichen Schrei aus. Er hebt sein Schwert und springt nach links, um seinen Körper und seine Waffe zwischen mich und den Großteil von d’Albrets Soldaten zu bringen.
Ich trete aus, und mein Fuß trifft den Bauch des mir am nächsten stehenden Mannes, hoch oben, wo mein Tritt alle Luft aus seinen Lungen vertreiben wird. Ein Messer in jeder Hand, begreife ich, dass all der Hass in diesem Raum der Liebe, die mich erfüllt, nicht gewachsen ist. Und sie erfüllt mich tatsächlich, braust durch meine Glieder und verjagt den Kummer und die Müdigkeit, als flösse in meinen Adern ein heiliges Licht statt schnöden Blutes.
Aber es ist
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