Darkover 02 - Herrin der Stuerme
werden wirst, aber vielleicht können wir dich lehren, damit zu leben.« »Die Leronis glaubt, ich könne es mit einer Matrix kontrollieren, aber ich war zu ängstlich«, hatte Allart gestanden, und zum ersten Mal das Gefühl verspürt, frei von Angst zu sprechen. Angst war eine verbotene Sache, Feigheit eine Untugend. Ein Hastur sprach nicht über solche Dinge.
Pater Vorsteher hatte genickt und gesagt: »Du hast recht gehandelt, die Matrix zu fürchten. Sie hätte dich durch deine Angst kontrollieren können. Vielleicht können wir dir einen Ausweg zeigen. Wenn es mißlingt, kannst du vielleicht lernen, mit deinen Ängsten zu leben. Als erstes mußt du lernen, daß du sie selbst erzeugst.«
»Das habe ich immer gewußt. Ich habe mich ihretwegen hinreichend schuldig gefunden …« protestierte Allart, aber der alte Mönch hatte gelächelt.
»Nein. Wenn du wirklich geglaubt hast, sie seien dein, würdest du weder Schuld noch Ablehnung oder Verdruß fühlen. Was du siehst, kommt von außerhalb deines Ichs und befindet sich jenseits deiner Kontrolle. Aber deine Ängste sind dein, und nur dein; wie deine Stimme, deine Finger oder deine Erinnerungen, und daher ist es an dir, sie zu kontrollieren. Wenn du dich der Angst gegenüber machtlos fühlst, hast du noch nicht zugegeben, daß sie dein ist und du mit ihr nach deinem Willen verfahren kannst. Kannst du die Rryl spielen?«
Von diesem Gedankensprung verblüfft, bestätigte Allart, daß man ihn unterrichtet hatte, die kleine Handharfe leidlich zu bedienen. »Wenn die Saiten am Anfang nicht die von dir gewünschten Töne hervorbrachten, hast du dann das Instrument verflucht oder deine ungeschickten Hände? Irgendwann, vermute ich, kam die Zeit, als deine Finger auf deinen Willen reagierten. Verfluche nicht dein Laran, solange dein Geist nicht geschult wurde, es zu kontrollieren.« Er ließ Allart einen Moment darüber nachdenken und sagte dann: »Die Wege der Zukunft, die du siehst, kommen von außen. Sie werden weder von Erinnerungen noch von Furcht erzeugt. Aber die Furcht entsteht in dir und lähmt deine Fähigkeit, dich inmitten verschiedener Wege zu bewegen. Du bist es, der die Furcht erschafft. Wenn du lernst, deine Angst zu kontrollieren, kannst du furchtlos einen Blick auf die vielen Pfade, die du betreten kannst, werfen und auswählen, welchen du einschlagen willst. Deine Angst ist wie die ungelernte Hand auf der Harfe, die den Klang verzerrt.«
»Aber wie kann ich vermeiden, ängstlich zu sein? Ich will mich nicht fürchten.«
»Dann sag mir«, sagte Pater Vorsteher milde, »welche der Götter die Angst wie einen Fluch in dich legen?« Beschämt war Allart verstummt, und der Mönch sagte ruhig: »Du sprichst davon, ängstlich zu sein. Doch Angst ist etwas, das du aus Mangel an geistiger Kontrolle in dir erzeugst. Du wirst lernen, es zu verstehen, wenn du dich entscheidest, ängstlich zu sein. Das erste, was du tun mußt, ist zu lernen, daß die Angst dein ist, und daß du sie kommen und gehen heißen kannst. Fange damit an: Immer wenn du die Angst spürst, die eine Entscheidung verhindert, sage dir selbst: ›Was macht mich ängstlich? Warum habe ich mich entschieden, Angst zu spüren, die meine Entscheidung verhindert, statt die Freiheit der Entscheidung zu wählen?‹ Angst ist ein Weg, dir selbst zu verbieten, frei zu wählen, was du als nächstes tun wirst; ein Weg, die Reflexe deines Körpers, keinesfalls jedoch die Bedürfnisse des Geistes für dich entscheiden zu lassen. Und wie du mir berichtetest, hast du in letzter Zeit meist beschlossen, nichts zu tun, damit nichts von dem, das du fürchtest, über dich kommen kann. Also wurden die Entscheidungen nicht von dir, sondern von deiner Angst getroffen. Damit fang an, Allart. Ich kann nicht versprechen, dich von ihr zu befreien, nur, daß die Zeit kommen wird, da du ihrer Herr wirst. Und dann wird sie dich nicht länger lähmen.« Dann hatte er gelächelt und gesagt: »Du bist doch deswegen hierher gekommen, oder?«
»Ich hatte mehr Angst zu bleiben, als zu kommen«, erwidert Allart und schüttelte sich.
Pater Vorsteher hatte aufmunternd gesagt: »Immerhin konntest du zwischen einer größeren und einer geringeren Angst wählen. Du mußt jetzt lernen, sie zu kontrollieren und über sie hinwegzuschauen. Es wird ein Tag kommen, an dem du weißt, daß sie dein Diener ist, der sich deinem Willen unterwirft.«
»Mögen die Götter es geben«, hatte Allart zitternd erwidert. So hatte sein Leben hier begonnen …
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