Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Darkover 12 - Der verbotene Turm

Titel: Darkover 12 - Der verbotene Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
genannt hatte.
    »Was nun die Frauen betrifft«, fuhr Leonie fort, »so entdeckte man, dass eine Bewahrerin kein Neutrum zu sein braucht, obwohl die Ausbildungstechniken, die wir anwenden, damals noch nicht bekannt waren. Es genügte, die Kanäle ständig sauber zu halten, so
    dass sie keine anderen als die Psi-Impulse beförderten. Aber unsere heutige Zeit hält eine Frau schon dadurch für wesentlich beeinträchtigt.« Leonies Gesicht verzog sich verächtlich: »Ich glaube, das war nur der Stolz der Comyn-Männer, nach deren Überzeugung die wertvollste Eigenschaft einer Frau ihre Fruchtbarkeit, ihre Fähigkeit, das männliche Erbgut weiterzugeben, ist. Sie erhoben Einspruch gegen jede Minderung der Gebärfähigkeit einer Frau.«
    Damon sagte mit leiser Stimme: »Es bedeutete außerdem, dass ein junges Mädchen, wenn es den Wunsch verspürte, Bewahrerin zu werden, keine Entscheidung mehr für das ganze Leben fällen musste, bevor es wirklich wusste, was es sich damit auflud.«
    Leonie ging nicht darauf ein. »Du bist ein Mann, Damon, und ich rechne nicht damit, dass du das verstehst. Den Frauen sollte damit die schwere Bürde der Entscheidung erspart werden.« Plötzlich brach ihre Stimme. »Glaubst du, mir wäre es nicht lieber gewesen, das alles wäre in meiner Kindheit sauber aus mir herausgeschnitten worden, als dass ich mein ganzes Leben als Gefangene verbringen musste, wissend, dass ich den Schlüssel zu meinem Gefängnis in Händen hatte und nur mein Eid, meine Ehre, das Wort einer Ha-stur mich drinnen hielten!« Damon konnte nicht entscheiden, ob es Kummer oder Zorn war, der ihre Stimme zittern ließ. »Wenn es nach meinem Willen ginge, wenn ihr Comyn-Männer euch nicht wegen der kostbaren Gebärfähigkeit der Frauen so anstellen würdet, ließe ich jedes kleine Mädchen, das in den Turm kommt, sofort Neutrieren. Danach könnte sie als Bewahrerin glücklich sein und brauchte die Last der Weiblichkeit nicht zu tragen. Sie wäre frei von Schmerzen und frei von der Qual, dass sie niemals ein für alle Mal ihre Wahl treffen kann, sondern sich an jedem Tag ihres Lebens neu entscheiden muss.«
    »Du würdest sie zu lebenslänglichen Sklavinnen des Turms machen?«
    Leonies Stimme war beinahe unhörbar, aber für Damon hörte sie sich wie ein Aufschrei an. »Glaubst du, wir seien keine Sklavinnen?«
    »Leonie, Leonie, wenn du so darüber denkst, warum hast du es all diese Jahre ertragen? Es waren andere da, die dir die Bürde von den Schultern hätten nehmen können, wenn sie für dich zu schwer wurde.«
    »Ich bin eine Hastur«, erklärte sie, »und ich habe geschworen, mein Amt nicht niederzulegen, bis eine neue ausgebildete Bewahre-rin zur Verfügung steht. Meinst du, ich hätte es nicht versucht?« Sie sah ihm gerade ins Gesicht, und Damon krümmte sich unter der erinnerten Qual. Denn in der Überwelt erschien Leonie so, wie seine Gedanken sie formten, und nun stand die Leonie seiner ersten Jahre im Turm vor ihm. Er würde nie erfahren, ob irgendein anderer Mann sie für schön hielt, aber für ihn war sie hinreißend schön und begehrenswert, und in ihren schlanken Händen hielt sie sein Leben... Er wandte sich ab und kämpfte darum, sie wieder so zu sehen, wie sie ihm zuletzt im Fleisch erschienen war, damals bei seiner Hochzeit: eine alternde Frau, ruhig und selbstbeherrscht, die Zorn und Rebellion längst hinter sich gelassen hatte.
    »Ich dachte, du seiest zufrieden mit der Ehrerbietung, die dir gezollt wird, Leonie, mit deiner Macht und deiner hohen Stellung, die der eines Comyn-Lords entspricht – Leonie von Arilinn, Lady von Darkover.«
    Ihre Worte kamen wie aus weiter Ferne. »Hättest du erfahren, dass ich innerlich rebellierte, dann wäre ich ein Versager gewesen, Damon. Mein Leben, meine geistige Gesundheit, meine Stellung als Bewahrerin hingen davon ab, dass ich es mir kaum selbst bewusst werden ließ. Aber ich habe immer wieder und wieder versucht, eine Nachfolgerin heranzuziehen, damit ich die mir zu schwere Bürde abwerfen könne. Immer, wenn ich eine Bewahrerin ausgebildet hatte, meldete irgendein anderer Turm, ihre Bewahrerin habe sich entschlossen, sie zu verlassen, oder mit ihrer Konditionierung habe es nicht geklappt, und sie sei zu nichts anderem mehr fähig, als zu gehen und sich zu verheiraten. Eine feine Gesellschaft schwacher und unentschlossener Frauen war das; keine hatte die Kraft durchzuhalten. Ich war die einzige Bewahrerin in sämtlichen Domänen, die ihr Amt länger als zwanzig

Weitere Kostenlose Bücher