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Darkover 12 - Der verbotene Turm

Titel: Darkover 12 - Der verbotene Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Turmkreise hingen völlig von dem Charakter der jeweiligen Bewahrerin ab. Leonie war eine stolze Frau. Sie war es gewesen, als Damon sie kannte, mit der ganzen Arroganz einer Hastur, und in den inzwischen vergangenen Jahren hatte sie nichts von diesen Eigenschaften eingebüßt. Vielleicht hatte sie persönlich daran Anstoß genommen, dass es Dezi an einem richtigen Stammbaum mangelte. Oder vielleicht hatte er Recht, und sie konnten ihn dort einfach nicht leiden... Jedenfalls machte das hier keinen Unterschied. Damon hatte keine Wahl. Andrew war ein starker Telepath, aber im Wesentlichen ungeschult. Wenn Dezi auch nur ein halbes Jahr in einem Turm verbracht hatte, war er in den Grundbegriffen der Kunst mit äußerster Sorgfalt unterrichtet worden.
    »Kannst du überwachen?«
    Dezi sagte: »Prüfe mich.«
    Damon zuckte die Schultern. »Na gut.«
    In der Halle erhob sich Callistas Stimme klagend:
    Was war dieser Schrei, den der Sturm verweht? Oh, gib Acht!
    Schwarze Verzweiflung hat ihn entfacht. Einer Witwe Fluch, einer Waise Gebet...
    »Zandrus Hölle!«, explodierte Dom Esteban in voller Lautstärke. »Warum singst du ein so jammervolles Lied, Callista? Weinen und Trauern, Tod und Verzweiflung! Wir sind nicht bei einer Beerdigung! Sing etwas Fröhlicheres, Mädchen!«
    Es gab einen kurzen Misston, als hätten Callistas Hände eine Dissonanz auf der Harfe gegriffen. Ihre Stimme schwankte. »Ich fürchte, ich bin nicht in der richtigen Stimmung zum Singen, Vater. Ich bitte dich, mich zu entschuldigen.«
    Damon fühlte, wie etwas seinen Geist berührte, schnell und fachmännisch und so vollkommen abgeschirmt, dass er nie erraten hätte, wer es gewesen war, wenn er Dezi nicht beobachtet hätte. Er spürte das zarte, tiefe Eindringen. Dann sagte Dezi: »Du hast einen schiefen Backenzahn. Stört er dich?«
    »Nicht mehr, seit ich ein Junge war«, antwortete Damon. »Tiefer?«
    Dezis Gesicht wurde ausdruckslos, sein Blick glasig. Einen Augenblick später sagte er: »Dein Knöchel – der linke – ist an zwei Stellen gebrochen, als du noch ganz jung warst. Die Heilung muss lange Zeit gebraucht haben, denn da sind Narben, wo ziemlich viel später noch Knochensplitter ausgetreten sind. Ein feiner Riss ist in deiner dritten – nein, der vierten – Rippe vom Brustbein. Du dachtest, es sei nur eine Prellung, und sagtest es Ferrika nicht, als du im Herbst aus dem Krieg mit den Katzenwesen heimkehrtest, aber du irrtest dich, sie war gebrochen. An deiner Wade ist eine kleine Narbe – senkrecht, etwa vier Zoll lang. Sie wurde von einem scharfen Instrument gemacht, aber ich weiß nicht, ob von einem Messer oder einem Schwert. Letzte Nacht träumtest du... «
    Damon nickte lachend. »Genug! Du kannst tatsächlich überwachen.« Warum, im Namen Aldones, hatten sie Dezi gehen lassen? Er war ein Telepath mit überragenden Fähigkeiten. Nach einer dreijährigen Ausbildung in Arilinn wäre er dem Besten in den Domänen gewachsen gewesen! Dezi empfing den Gedanken und lächelte, und wieder hatte Damon einen unruhigen Augenblick. Nicht wegen Unfähigkeit, und auch nicht wegen Mangel an Selbstvertrauen. War es dann seine Eitelkeit?
    Oder war ein persönlicher Zusammenstoß die Ursache? Hatte sich jemand dort befunden, der nicht im Stande oder nicht willens war, mit dem Jungen zu arbeiten? Die Turmkreise waren so intim, enger verbunden als Liebende oder Verwandte, dass die leichteste emotionale Dissonanz sich bis zur Folter zu steigern vermochte. Damon wusste, dass Dezi einem auf die Nerven gehen konnte. Er war jung, empfindlich, leicht beleidigt. Vielleicht war er einfach zur falschen Zeit in den Turm gekommen, in eine bereits sehr eng verbundene Gruppe, die keinen Außenseiter mehr aufnehmen konnte und einen weiteren Arbeiter nicht so dringend brauchte.
    Es brauchte gar nicht Dezis Fehler gewesen zu sein, überlegte Damon. Vielleicht, wenn er sich bei dieser Arbeit bewährte, würde ein anderer Turm ihn nehmen. Es bestand ein schreiender Bedarf nach starken natürlichen Telepathen, und Dezi war begabt, zu begabt, um verschwendet zu werden. Damon sah das zufriedene Lächeln und erkannte, dass Dezi den Gedanken aufgefangen hatte, aber darauf kam es nicht an. Ein kurzer vorwurfsvoller Gedanke, dass Eitelkeit eine gefährliche Schwäche für einen Matrix-Techniker sei – und Dezi fing auch diesen auf –, schien genug.
    »Gut«, erklärte Damon, »wir werden es versuchen. Es ist keine Zeit zu verlieren. Glaubst du, du kannst mit mir und

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