Darkover 12 - Der verbotene Turm
eine Matrix illegal benutzt wurde, außerhalb eines Turms und ohne seine Erlaubnis, dann kam es zu Katastrophen wie der, als die Große Katze Dunkelheit, Wahnsinn, Zerstörung und Tod über die Kilghardberge geworfen hatte...
Damons Finger wanderten zu seiner eigenen Matrix. Er hatte sie außerhalb eines Turms benutzt, um die Große Katze zu vernichten und die Berge von ihrem Terror zu reinigen. Das war kein Missbrauch gewesen. Und auch das beabsichtigte Heilen war kein Missbrauch; es war legitim, geheiligt. Er war ein ausgebildeter Matrix-Arbeiter, doch er fühlte sich nervös und unbehaglich.
Endlich waren alle Männer, die leicht und die schwer verletzten, mit Salben, Verbänden und Essen versorgt und in den hinteren Räumen zur Ruhe gebracht worden. Die am schwersten Leidenden waren mit Ferrikas schmerztötenden Tränken betäubt, und Ferrika blieb mit einigen ihrer Frauen bei ihnen und wachte über sie. Aber Damon wusste, es würden sich wohl viele der Männer ohne weitere Behandlung als gute Pflege und heilende Öle erholen, einige jedoch nicht.
Mittägliche Stille hatte sich über Armida niedergesenkt. Ferrika wachte bei den verletzten Männern; Ellemir kam, um mit ihrem Vater Karten zu spielen, und auf Dom Estebans Bitten hin holte Callista ihre Harfe, legte sie auf ihren Schoß und begann, die Saiten zu stimmen. Damon, der sie scharf beobachtete, stellte fest, dass sie nur ruhig schien.
Ihre Augen waren immer noch rot und ihre Finger weniger sicher als sonst, als sie die ersten Akkorde anschlug.
Was dringt für ein Laut vom Moor herein?
Oh, gib Acht!
Hör, Mutter, hör, wie es saust und kracht! –
Der Wind an der Tür, mein Kind, wird es sein im Dunkel
der Nacht.
Klappern dort Hufe über den Stein?
Oh, gib Acht!
Hat das Geräusch ein Reiter gemacht? –
Die Zweige, die fallen aufs Dach, werden's sein im Dunkel der Nacht.
War das ein Gesicht am Fenster dort? Oh, gib Acht!
Ein dunkler Fremder...
Damon stand leise auf und winkte Dezi, ihm zu folgen. Auf dem Korridor sagte er: »Dezi, ich weiß sehr gut, dass man niemals fragt, warum irgendwer einen Turm verlassen hat. Aber würde es dir etwas ausmachen, mir im strengsten Vertrauen zu sagen, warum du von Arilinn fortgegangen bist?«
Dezi sah missmutig drein. »Nein, das möchte ich nicht. Warum sollte ich?«
»Weil ich deine Hilfe brauche. Du hast gesehen, in welchem Zustand diese Männer sind, du weißt, dass wenigstens vier von ihnen bei einer Behandlung, die nur aus warmem Wasser und Kräutersalben besteht, niemals wieder laufen werden. Und zumindest Raimon wird sterben. Du weißt also, was ich werde tun müssen.«
Dezi nickte, und Damon fuhr fort: »Du weißt ebenfalls, dass ich jemanden brauche, der die Überwachung übernimmt. Und wenn du wegen Unfähigkeit entlassen wurdest, könnte ich es nicht wagen, dich einzusetzen.«
Lange herrschte Schweigen. Dezi starrte auf die schieferfarbenen Fliesen des Fußbodens, und aus der Großen Halle klangen die Töne der Harfe und Callistas Stimme:
Warum liegt mein Vater dort stumm und bleich? Oh, gib Acht!
Vom Speer eines Feindes ums Leben gebracht...
»Es war keine Unfähigkeit«, stieß Dezi hervor. »Ich weiß selbst nicht recht, warum sie den Entschluss fassten, ich müsse gehen.« Das klang aufrichtig, und Damon, der genug Telepath war, um zu wissen, wenn man ihn belog, sagte sich, wahrscheinlich sei es auch aufrichtig. »Ich kann mir nur denken, dass sie mich dort nicht leiden mochten. Oder vielleicht... wussten sie, dass ich nicht einmal ein anerkannter Nedestro bin, nicht gut genug für ihr kostbares Arilinn, wo Blut und Abstammung alles bedeuten.«
Damon konnte es sich nicht vorstellen; auf diese Weise arbeiteten die Türme nicht. Aber er war sich nicht ganz sicher. Arilinn war nicht der älteste Turm, aber der stolzeste. Er rühmte sich mehr als neunhundert Generationen reinen Comyn-Blutes, und er rühmte sich außerdem, die erste Bewahrerin sei eine Tochter von Hastur selbst gewesen. Damon glaubte das nicht, denn zu wenig geschichtliche Kenntnisse hatten das Zeitalter des Chaos überlebt.
»Komm, komm, Dezi, wenn du den Schleier durchschreiten konntest, wussten sie doch, dass du Comyn oder von Comyn-Blut bist, und ich halte es für unwahrscheinlich, dass es ihnen auf eine formelle Anerkennung ankam.« Aber ihm war klar, nichts, was er sagte, konnte die verletzte Eitelkeit des Jungen durchdringen. Und Eitelkeit war eine gefährliche Schwäche bei einem Matrix-Mechaniker.
Die
Weitere Kostenlose Bücher