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Darkover 17 - Die blutige Sonne

Titel: Darkover 17 - Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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überreden, es so zu kochen, wie sie es wünschte, Rannirl schelten, weil er sich den Appetit vor dem Essen mit Wein verdarb, neue Bänder für Elories leichte Gewänder aussuchen, mit den Männern schimpfen, wenn sie nach einem Ritt oder einer Jagd ihre schlammigen Stiefel in die große Halle warfen. Es zerriß ihm das Herz, als er ihre fröhliche, ruhige Stimme hörte. Dies war das einzige Zuhause, das er je gekannt hatte.
   Ich habe mir immer gewünscht, meine Großmutter Kerwin wäre von dieser Art gewesen .
   Er kam an einer offenen Tür vorbei. Ein Hauch von Taniquels zartem Blumenparfum wehte heraus, und er hörte sie irgendwo in der Suite singen. Kurz tauchte ein Bild vor ihm auf, ihr hübscher, schlanker Körper halb untergetaucht in grünlichem Wasser, ihre Locken auf dem Kopf aufgetürmt. Sie wusch sich. Zärtlichkeit überwältigte ihn. Sie hatte sich nach der nächtlichen Arbeit ausgeschlafen und wußte noch nichts von den Folgen des Messerkampfs…
   Der Gedanke ließ ihn erstarren. Schon bald würde der Rapport sich von einem zum anderen spinnen, wenn sie sich am Abend versammelten, und dann erfuhren sie alle, was er plante - wenn es nicht bereits geschehen war. Er mußte schnell gehen, oder er würde überhaupt nicht mehr gehen können.
   Er warf sich die Kapuze über den Kopf, stieg ungesehen die Stufen hinunter und durchschritt den Schleier. Jetzt war er sicher, denn der Schleier isolierte Gedanken. Er bezwang seine Müdigkeit und schritt entschlossen aus, zwischen den Gebäuden hindurch, die sich um den Turm scharten, über das Landefeld und auf die Stadt Arilinn zu.
   Er hatte nur vage Pläne. Wohin konnte er gehen? Die Terraner hatten ihn nicht gewollt. Jetzt gab es auch auf Darkover keinen Platz und keine Sicherheit mehr für ihn. Wo er sich auch versteckte, in jedem noch so weit entfernten Schlupfwinkel von Dalereuth bis Aldaran konnten die Comyn ihn finden, und ganz bestimmt würden sie ihn finden, solange er die Matrix der abtrünnigen Cleindori bei sich trug.
   Also zurück zu den Terranern. Sollten sie ihn deportieren, er kämpfte nicht mehr gegen sein Schicksal an. Vielleicht deportierten sie ihn einfach. Aber wenn sie ihn tatsächlich als Zeitbombe bei den Comyn eingeschmuggelt hatten? Was würden sie tun, wenn sie entdeckten, daß er ihren Plan sabotiert hatte, einen sorgfältig angelegten Plan, der zwei Generationen gebraucht hatte, um Früchte zu tragen?
   Kam es darauf an? Mochten sie mit ihm machen, was sie wollten.
   Kam es jetzt noch auf irgend etwas an?
   Er hob den Blick und sah direkt in das große, rote, blutdurchschossene Auge, das vor ein paar Generationen von einem romantischen Terraner die blutige Sonne genannt worden war. Sie sank hinter dem Arilinn-Turm. Kerwin beobachtete ihr Verschwinden, und mit ihm kamen die sich schnell niedersenkende Dunkelheit, die Kälte und Stille. Das letzte Nachglühen verlosch. Der Turm blieb noch eine Minute als blasses Nachbild auf Jeffs Augenlidern und löste sich dann in stechenden Regen auf. Ein einzelnes blaues Licht leuchtete ganz oben im Turm und versuchte tapfer, Nebel und Regen zu durchdringen. Dann verschwand es, als sei es nie gewesen. Kerwin wischte sich den Regen aus den Augen (war der Regen salzig und warm, brannte er auf seinem Gesicht?), wandte dem Turm entschlossen den Rücken und ging in die Stadt.
   Er fand einen Ort, wo man ihn weder als Terraner noch als Comyn erkannte, sondern nur auf die Farbe seines Geldes sah. Er erhielt ein Bett und Ungestörtheit und genug - so hoffte er - zu trinken, um Gedanken und Erinnerungen auszulöschen, ihn an dem sinnlosen, unvermeidlichen Wiedererleben jener kurzen Wochen in Arilinn zu hindern.
   Es wurde ein monumentales Besäufnis. Kerwin wußte nicht, wie viele Tage es dauerte oder wie oft er in die Straßen von Arilinn taumelte, um neuen Stoff zu holen, und sich wieder in sein Loch verkroch wie ein verwundetes Tier. Wenn er schlief, erschienen in der Dunkelheit verwischte Gesichter und Stimmen und Erinnerungen, die er nicht ertragen konnte. Endlich kam er nach langem Vergessen, das eher Schlaf als Betäubung gewesen war, wieder zum Bewußtsein und fand sie alle um sein Bett versammelt.
   Einen Augenblick lang glaubte er, das sei die Nachwirkung von schlechtem Whisky oder sein überstrapazierter Verstand sei zusammengebrochen. Dann schluchzte Taniquel vor Bestürzung und Mitleid unkontrollierbar auf und warf sich neben dem schmutzigen Strohsack, auf

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