Darkover 18 - Hasturs Erbe
Männern, mich fortzubringen. Ich ging ohne Widerstand zwischen ihnen her. Wenn ich, ein starker Mann, diese Qual nicht ertragen konnte, wie konnte ich dulden, daß sie es Marjorie antaten?
Die Männer schleppten uns durch den blendenden Schneesturm. Ein paar hundert Schritte vom Haus entfernt, hinter einer Baumreihe, hörte der Schnee so abrupt auf wie ein abgestellter Wasserhahn. Die Straße in die Ebene hinein lag grün vor uns. Ungläubig starrte ich hinab. Kadarin nickte. »Thyra wollte immer schon gern mit einem Sturm experimentieren«, sagte er. »Und es hat euch an Ort und Stelle gehalten, bis wir dort waren.«
Mein Instinkt war richtig gewesen. Wir hätten uns weiterkämpfen müssen. Ich hätte es wissen müssen. Verzweiflung überfiel mich. Ein Hubschrauber erwartete uns. Man hob mich in einen Sitz, Marjorie in einen anderen. Sie hatten ihr mit dem seidenen Halstuch die Hände gebunden, doch ansonsten keinen Schaden zugefügt. Ich streckte die Hand aus, um sie zu berühren, doch Kadarin trat rasch zwischen uns und ergriff mit Stahlfingern mein Handgelenk.
Ich zuckte vor ihm zurück wie vor einem Leichnam. Ich versuchte Marjories Blick aufzufangen. Zusammen könnten wir seiner vielleicht Herr werden…
»Es hat keinen Zweck, Lew. Ich kann dich nicht auf dem ganzen Weg nach Aldaran bekämpfen und bedrohen«, sagte Kadarin tonlos. Er griff in die Tasche, zog eine rote Phiole heraus und öffnete sie. »Trink dies. Und vergeude keine Zeit.«
»Nein… «
»Ich sagte: Trink es. Schnell. Und falls du vorhaben solltest, es zu verschütten, dann habe ich keine andere Wahl, als dir deine Matrix herunterzureißen. Zuerst Marjories und dann deine. Ich werde diese Drohung nicht wiederholen.«
Ich blickte in diese unmenschlichen Augen - Gott - dieser Mann war mein Freund gewesen; wußte er überhaupt, was aus ihm geworden war? - und sah ein, wir beide waren hoffnungslos in seiner Hand. Geschlagen hob ich das rote Fläschchen an den Mund und schluckte die Flüssigkeit herunter.
Der Hubschrauber, die Welt entglitten mir.
Und kehrten nicht zurück.
Ich weiß nicht, welche Droge er mir gegeben hatte. Ich bin mir immer noch nicht völlig sicher. Auch habe ich nie erfahren, was von meiner Erinnerung an die nächsten paar Tage Traum ist und was einen sonderbaren Kern von Realität besitzt.
Lange Zeit sah ich nur Feuer. Waldbrände, die über die Hügel jenseits von Armida rasten. Feuerregen auf Caer Donn. Die riesige Feuergestalt, die ihre unwiderstehlichen Arme ausstreckte und die Mauern von Burg Storn zerbrach, als seien sie aus Lehm. Feuer strömte in meinen Adern, durchraste mein Blut.
Einmal stand ich auf dem höchsten Punkt von Burg Aldaran und blickte auf Hunderte von dort versammelten Menschen herab, fühlte das Feuer hinter mir brennen, mich durchzucken mit wilder Lust und Entsetzen. Ich spürte die ungezügelten Emotionen der Menschen von unten heraufspülen, nach dorthin, wo ich stand, das Sharra-Schwert in den Händen, meine Nerven mit einem Kitzel aus grausamer Furcht, Lust, Gier nährend…
Wiederum war ich ein ängstliches Kind zwischen den Händen meines Vaters und erwartete gehorsam die Berührung, die mir entweder mein Erbe oder den Tod bringen würde. Ich spürte die Wut in mir aufwallen, und ich ließ meinen Vater durch das Feuer verzehren. Er ging in Flammen auf, brannte, brannte…
Ich sah Regis Hastur in einer kleinen Hütte irgendwo auf dem Weg nach Thendara liegen und wußte, er hatte es nicht geschafft. Er lag im Sterben. Sein Körper zuckte unter den letzten zerreißenden Krämpfen. Er war nicht in der Lage, die dunkle Schwelle zu überschreiten, versagte, starb, brannte…
Ich spürte, wie mich Dyan Ardais von hinten angriff, fühlte meinen Arm unter seinem Griff knacken, fühlte in seiner Berührung Grausamkeit und Lust. Ich wandte mich gegen ihn und überschüttete ihn mit Haß und Gewalt, sah auch ihn unter der Flamme meines Hasses verbrennen, verbrennen…
Einmal hörte ich Marjorie hilflos weinen und rang um mein Bewußtsein, und dann war ich in meinem Zimmer in Burg Aldaran, doch gebunden mit ungeheuren Gewichten. Irgend jemand zwang meine Kiefer auf und flößte mir noch eine Dosis jener ätzenden roten Droge ein, und ich begann mich wieder in den Träumen zu verlieren, die keine Träume waren.
Ich stand oben auf einer hohen Treppe, die immer weiter hinab in den flammenden Höllenschlund führte, und Marjorie
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