Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
blieb.
Erneut fragte er sich, ob er Katherine hätte erzählen sollen, was er tat, aber nach kurzem Nachdenken kam er zu dem Schluss, die sicherste Entscheidung getroffen zu haben. Zwar konnten nur Leute im Besitz der Alton-Gabe wie Domenic oder Lew einem Nichtsahnenden Informationen gewaltsam entreißen, aber Herm vergaß keinen Moment, dass jeder Telepath die oberen Gedanken eines anderen mithören konnte, Und aus einem Grund, den er nicht genau zu benennen vermochte, wollte er nicht, dass seine Schwester Gisela erfuhr, was er vorhatte.
Herm sah, wie sich die Entsagende in den Steigbügeln aufrichtete und den Blick über die Wiese schweifen ließ. Sie hatte sehr lockiges rotes Haar, das allerdings langsam grau wurde, und einen heiteren Gesichtsausdruck. Dann trieb sie ihr Pferd vorwärts und ritt direkt auf Herm zu. Sie saß ab und trat vor ihn, die schwielige Hand freundlich ausgestreckt. Herm gestattete sich einen lautlosen Fluch ob dieser Bestätigung von Domenics Vermutung. Er konnte es wirklich nicht gebrauchen, dass eine Bande von Frauen, wie tüchtig sie auch sein mochten, hinter ihnen hertrottete. Er ergriff jedoch die angebotene Hand und zwang sich zu einem Lächeln.
»Wir sind eure Eskorte«, erklärte die Frau ruhig. »Tut mir Leid, dass wir ein bisschen spät dran sind.« Ihre blauen Augen funkelten beim Sprechen, und sie ignorierte Domenic völlig, nachdem sie rasch einen prüfenden Blick auf ihn geworfen hatte.
»Ja, das sehe ich.« »Man hat entschieden, dass ihr in Begleitung von ein paar Entsagenden vielleicht weniger auffällig seid«, fuhr sie so gedämpft fort, dass sicher niemand lauschen konnte. Dann lächelte sie Domenic freundlich an. »Es war ein Kompromiss, verstehst du. Damit Marguerida zufrieden ist.« Sie lachte leise, als wäre ihr etwas Lustiges eingefallen. »Keinem anderen Menschen würde ich erlauben, dass er mich mitten in der Nacht aus meinem warmen Bett holt, damit ich in null Komma nichts eine Expedition zusammenstelle.« »Dann bringst du mich also nicht zurück?”, flüsterte Domenic. »Nein, diese Anweisung habe ich nicht.« Rafaella erklärte nichts weiter, aber ihre Miene drückte eine gewisse Zurückhaltung aus.
»Verstehe. Ich bin Ian MacAnndra, und das ist mein Neffe Tomas«, sagte Herm, damit keine Namen fielen, die das Interesse von Umstehenden wecken könnten. Die Idee sagte ihm zu. Eine Eskorte von Entsagenden war eine gute Tarnung für ihre Aktivitäten und ein zusätzlicher Schutz für Domenic.
Herms Respekt vor Marguerida Alton-Hastur wuchs noch ein wenig an. Sie musste außer sich gewesen sein, als sie erfuhr, was ihr sonst so vernünftiger Sohn angestellt hatte, und doch fand sie eine Lösung, die ebenso simpel wie sinnvoll war.
Herms ursprünglicher Groll über den Anblick der Entsagenden legte sich. Man hatte ihn losgeschickt, die Sicherheit Domenics zu gewährleisten, nicht damit er selbst ein bisschen Aufregung erlebte. Was für ein fürchterlicher Egoist er doch manchmal sein konnte.
»Ich bin Rafaella n’ha Liriel. Meinen Schwestern stelle ich euch später vor. Vielleicht erklärt ihr beiden mir erst mal, worum es geht.« Bevor Herm antworten konnte, zuckte Domenic neben ihm zusammen. Schau!
Was?
Der Mann, der gerade durch das Tor kommt, das ist einer von denen, die gestern Abend mit Vancof geredet haben. Da hat er eine Lederkluft getragen und gespottet, dass er sich nicht wie ein Barbar anzieht – oder vielleicht hat das auch der andere gesagt –, aber anscheinend hat er seine Meinung geändert.
Sehr gut, Domenic. Ist es Granfell oder der andere?
Ich weiß nicht – ich habe ihre Gesichter nicht richtig gesehen. Aber ich erkenne ihn am Gang. Schau, er nickt Vancof zu. Was bedeutet das wohl? Ich glaube, es bedeutet, dass sie sich zu einem Angriff auf den Trauerzug entschlossen haben, mein Sohn.
Aber wie soll das aussehen?
Genau das werden wir herausfinden müssen.
Domenic nickte knapp. Dann lächelte er Rafaella an. »Vater hat bestimmt seine ganze Überredungskunst aufgeboten.« »Von dem wenigen, das ich weiß, Tomas, hat er mehr als das getan, und dein Großvater ebenfalls.« Sie lächelte den Jungen freundlich an, als verstünde sie sowohl seine Erleichterung wie auch seine Angst und könnte sich nur mühsam davon abhalten, ihm das strubbelige Haar zu zausen.
Die übrigen Entsagenden waren ebenfalls abgestiegen, standen ein kleines Stück entfernt neben ihren Pferden und unterhielten sich leise. Sie hatten mehrere Maultiere dabei, beladen
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