Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
wanderten zu dem rothaarigen Mädchen im Wagen des Fahrenden Volkes. Wie glücklich sie doch war, frei, ohne Aufgaben und Verpflichtungen. Wie wundervoll wäre es, könnte er jederzeit und überallhin reisen, wie es ihm beliebte.
Eine Idee begann Gestalt anzunehmen, ein verrückter und zugleich wundervoller Gedanke. Domenic schüttelte den Kopf über sich selbst. Könnte er sich tatsächlich aus der Burg schleichen und die Vorstellung am Abend ansehen? Er sollte es wirklich nicht tun, aber je mehr er sich die Sache auszureden versuchte, desto verlockender wurde der Gedanke. Natürlich könnte er mit seinem üblichen Aufgebot an Leibwächtern hingehen – das würde man sogar fast akzeptieren. Aber er wollte sich allein aufmachen, ohne Begleitung. Er wollte wenigstens ein Abenteuer erleben, bevor er für immer eingesperrt wurde.
Er lachte in sich hinein. So etwas würde Rhodri tun, aber niemals Domenic. Von wegen, er würde beweisen, dass er nicht so fad war, wie alle dachten, nicht der »brave« Sohn. Gut möglich, dass der Wunsch seiner Mutter in Erfüllung ging und er sie doch einmal überraschte. Jetzt musste er nur noch einen Weg finden, wie er unbemerkt aus der Burg kam. Das Gefühl der Bedrückung verschwand beinahe, als er tief Luft holte und seine Flucht zu planen begann.
7
Die Kutsche ratterte über das Kopfsteinpflaster, und Katherine Aldaran betrachtete ihre Schwägerin, die träge auf der gegenüberliegenden Bank saß, eine Pelzdecke über den Beinen. Gisela stellte sich allmählich als eine recht komplizierte Frau heraus. Erst hatte sie ihr einen gemeinen Streich gespielt, und dann war sie am Morgen – offenbar als Wiedergutmachung – mit einem Arm voller Kleider erschienen und hatte angeboten, Katherine zu Meister Gilhooly, dem Vorstand der Malergilde, zu bringen. Sie hatte sich weder entschuldigt noch auf den vorherigen Abend angespielt; stattdessen schien sie nur daran interessiert zu sein, wie sie helfen konnte.
Sie hatte Katherine in der Handhabung der mehrlagigen Unterröcke unterwiesen, die jede darkovanische Frau tragen sollte. Jeder Rock war in einem geringfügig dunkleren Ton gefärbt, und als Katherine sie zusammen mit einem zarten Unterhemd anlegte, sah das nicht nur sehr hübsch aus, sondern war auch angenehm warm. Ein mit Blättern bestickter Rock und eine passende Jacke vervollständigten ihre Erscheinung.
Die Farben passten besser zu einer Rothaarigen als zu Katherines Haarton, aber es war ganz in Ordnung, und als Gisela sie Platz nehmen ließ und ihr das Haar zurechtmachte, das sie mit einer sehr schönen Schmetterlingsspange feststeckte, gefiel Katherine nicht nur der Anblick im Spiegel, sondern sie vergab auch ihrer neuen Schwägerin. Der bohrende Verdacht, Gisela könnte etwas im Schilde führen, ließ nach, wenngleich Katherine es für töricht gehalten hätte, ihre Deckung in Gegenwart dieser offenbar durchtriebenen Frau, deren Pläne sie nicht kannte, völlig sinken zu lassen.
Die Fahrt zur Malergilde war angenehm gewesen. Gisela hatte sie auf einige interessante Dinge hingewiesen und ihr auch ein wenig von der Geschichte Darkovers erzählt. Sie hatte sich lebhaft und beredt gegeben, gar nicht wie die schüchtern manipulierende Frau, die Katherine am Vortag besucht und ihr den Eindruck vermittelt hatte, das Tragen von Abendkleidung im Stil der Föderation sei die korrekte Aufmachung für das Empfangsbankett. Doch nun schien Gisela müde und nicht ganz auf der Höhe zu sein, als wäre ihr die Rückkehr in die Burg unangenehm.
Katherine überlegte, was sie sagen könnte, sie hätte gern die vorherige Stimmung wiederhergestellt, bei der ihr wesentlich wohler war. Sie nahm entfernt wahr, dass Gisela, genau wie Herm, ein merkwürdig erholsamer Mensch für sie war.
Katherine hatte es immer zu schätzen gewusst, dass ihr Mann seine Gefühle so gut verbergen konnte, und offenbar besaß Gisela dieselbe Eigenschaft. Dieses Fehlen emotionaler Bedürfnisse hatte ihre Ehe stets friedlich verlaufen lassen. Es ärgerte sie, dass Herm so viele Geheimnisse vor ihr gehabt hatte, aber das war eine völlig andere Sache, mit der sie auf ihre Weise umgehen würde.
»Danke noch mal, dass du mich begleitet hast. Obwohl mir Herm einiges an Casta beigebracht hat, wäre ich ohne dich nie zurechtgekommen, Mein Wortschatz hätte nicht gereicht.« Gisela lächelte vage und nickte. Dann zupfte sie am Saum ihrer Jacke und setzte sich ein wenig auf. »Selbst wenn er die Ausdrücke kennen würde, was ich
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