Darkyn: Versuchung des Zwielichts (German Edition)
sein Gesicht. Eisblaue Augen erwiderten seinen Blick und blieben an Johns Priesterkragen hängen.
»Ihr seid Vater Keller?« Die Stimme war weich und unerschütterlich französisch.
»Das bin ich.« John trat ins Licht. »Wo ist meine Schwester?«
22
Wo immer du hingehst, mein Liebling , hatte Angelica gesagt, ich werde dort auf dich warten .
Thierry bewegte sich durch die Schatten, durch die kleinen Gärten der merkwürdigen Häuser, lautlos, suchte nach ihr, nach irgendetwas, das ihm vertraut vorkam. Wo ist sie? Warum ist sie nicht hier?
Das merkwürdig akzentuierte Französisch der beiden Männer, die er auf dem Weg aus dem Haus umgebracht hatte, ließ kurz die Hoffnung in ihm aufleben, man hätte ihn irgendwie in sein Heimatland zurückgebracht. Er glaubte sich in irgendeiner abgelegenen Provinz, wo der Dialekt sich von seinem unterschied. Aber die wenigen Autos, die am Haus vorbeifuhren, waren amerikanische Modelle, und die Straßenschilder waren auf Englisch.
Angel. Meine Angel . Der Anblick eines blonden Mädchens an einem Schlafzimmerfenster erregte für einen flüchten Moment seine Aufmerksamkeit, aber ihr Gesicht war zu eckig und ihr Mund zu klein. Angel hätte ihr Aussehen niemals so verändert, dass sie gewöhnlich aussah. Nicht sie. Nicht sie .
Ein Zeitungsautomat an einer Ecke sagte ihm, wo er sich befand. Der Automat war verschlossen, aber er riss ihn auf und nahm ein paar Zeitungen heraus. Hunger ließ ihn gegen eine Laterne taumeln. Als er sich auf die kleine Schrift konzentrieren konnte, stellte er fest, dass er in New Orleans, Louisiana, war.
Amerika. Wie war er hergebracht worden und warum?
Die Brüder.
Er ließ die Zeitung fallen und bewegte sich aus dem Licht. Seinem Gefängnis zu entkommen war erstaunlich einfach gewesen, nachdem er mit der Frau fertig geworden war. Er hätte sie töten sollen, aber zu dem Zeitpunkt hatte er nur an Flucht denken können. Er musste in Bewegung bleiben; die Brüder würden ihre Schlächter schicken, um ihn zu jagen, aber er würde sich umbringen, bevor er zuließ, dass sie ihn wieder mitnahmen. Sie würden ihn nicht fangen. Er konnte klettern. Er konnte sie von oben beobachten. Sein Körper war stark; seine Wunden waren verheilt.
Wie kommt das? Woran liegt das? Er konnte es sich nicht erklären.
Seine Gedanken drehten sich im Kreis, aber da waren diese schwarzen Punkte, die vor seinen Augen tanzten, und Hunger brannte tief in seinen Eingeweiden. Er blickte sich um. Offenbar befand er sich in einem alten Teil der Stadt. Er stieg die Regenrinne eines Hauses hoch und sah sich die Umgebung an. Häuser, Gärten, schmale Straßen.
Ein beleuchtetes Kreuz auf einem Kirchturm zog ihn an wie ein Leuchtfeuer.
Killer. Mörder.
Es waren nicht die Brüder, und doch waren sie es. Es war einer ihrer Tempel, wo sie ihre Gesänge murmelten und von den Lebenden stahlen. Thierry lief um die kleine Kirche, blickte durch das runde Buntglasfenster. Brennende Kerzen. Ein leerer Altar, leere Bänke.
Hinter der Kirche stand ein kleines, viereckiges Gebäude, das mit ihr verbunden war und das ebenfalls ihre Zeichen trug. Die verschlossene Tür splitterte, als er sie aufbrach, aber der Flur dahinter war dunkel und still.
Thierry steckte die Nase in die Luft und witterte. Er roch Staub, Desinfektionsmittel und menschlichen Schweiß. Er folgte dem dritten Geruch und gelangte zu seiner Quelle: ein Flur mit vier Türen, hinter denen Männer, menschliche Männer, schliefen.
Keine der Türen war verschlossen.
Er ging an dem ersten Zimmer vorbei und legte eine Hand an die Wand. Der korpulente Mann, der auf der anderen Seite schlief, träumte davon, die Messe in einer großen Kathedrale zu halten. Der Traum war so langweilig wie die Predigten des Mannes.
Thierry ging weiter. Das Zimmer hinter der zweiten Tür war leer, und der Mann im dritten Zimmer träumte davon, nackt in der Schlange vor seinem Lieblingsrestaurant zu stehen, während Krebse nach seinen Zehen schnappten.
Er konnte unschuldigen Männern nicht die Kehle herausreißen, aber er konnte sie zwingen, ihm zu sagen, wo sich die Schlächter versteckten.
Thierry drehte sich um und schlüpfte in das erste Zimmer.
Alexandra wollte nicht mit Philippe ins Auto steigen. Aber er hatte sie gesehen und angehalten, und nachdem er zugegeben hatte, keine Spur von Thierry gefunden zu haben, drohte er damit, sie in den Kofferraum zu werfen.
»Ich habe eine Waffe, weißt du«, warnte sie ihn, als er sie zum Auto führte.
»Ich
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