Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ (German Edition)
Heimat, und sie geben ihr Revier nicht freiwillig an schlechte Bakterien ab. Dafür sitzen sie manchmal genau dort, wo Krankheitserreger uns gerne infizieren. Kommt dann ein schlechtes Bakterium an, sitzen sie schon dick grinsend auf seinem Lieblingsplatz, legen ihre Handtasche auf den Beifahrersitz und lassen ungemütlich wenig Platz. Ist dieses Signal nicht deutlich genug, ist das auch kein Problem: Sicherheitsservice-Bakterien können noch mehr Tricks. Sie stellen beispielsweise kleine Mengen Antibiotika und Abwehrstoffe her, mit denen sie im nächsten Umfeld fremde Bakterien vertreiben. Oder sie nutzen verschiedene Säuren: Durch sie wird nicht nur Joghurt oder Sauerkraut vor Fäulnisbakterien geschützt; auch unser Darm wird durch Säure zu einem ungemütlicheren Umfeld für schlechte Keime. Eine weitere Möglichkeit ist das Wegessen (wer Geschwister hat, kennt das vielleicht). Manche probiotische Bakterien scheinen den schlechten Bakterien gerne das Essen vor der Nase wegzuschnappen. Irgendwann haben Bösewichte dann auch keinen Bock mehr und geben auf.
3 . Gute Berater und Trainer
Last but not least sind Bakterien die besten Experten in Bakterienangelegenheiten. Wenn sie mit unserem Darm und seinen Immunzellen zusammenarbeiten, bekommen wir von ihnen wichtige Insiderinformationen und eine gute Beratung: Wie sehen die verschiedenen Bakterienhüllen aus? Wie viel Schutzschleim soll gebildet werden? Wie viel bakterielle Abwehrstoffe ( Defensine ) sollen die Darmzellen produzieren? Soll das Immunsystem aktiver auf fremde Stoffe reagieren oder entspannt Neues akzeptieren?
Ein gesunder Darm besitzt viele probiotische Bakterien. Wir profitieren von ihren Fähigkeiten jeden Tag und jede Sekunde. Manchmal können unsere Bakteriengemeinschaften allerdings angegriffen sein. Das kann durch Antibiotika, schlechte Ernährung, Krankheiten, Stressphasen und, und, und passieren. Unsere Därme sind dann weniger gut gepflegt, sind weniger beschützend und beratend. In solchen Fällen ist es gut, dass manche Ergebnisse der Laborforschung auch ihren Weg in Apotheken finden. Hier kann man lebendige Bakterien abholen und sich so bakterielle Leiharbeiter für harte Zeiten besorgen.
Gut gegen Durchfall – die Nummer 1 unter den Einsatzgebieten von Probiotika. Bei Darmgrippen oder Durchfall wegen Antibiotika-Einnahme helfen verschiedene Bakterien aus der Apotheke, den Durchfall abzumildern und durchschnittlich um einen Tag zu verkürzen. Gleichzeitig haben sie kaum Nebenwirkungen – anders als die meisten anderen Durchfallmedikamente. Das macht sie besonders wertvoll für kleine Kinder oder ältere Menschen. Bei Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa oder Reizdarm können Probiotika Durchfall- und Entzündungsschübe hinauszögern.
Gut für das Immunsystem . Für Menschen, die öfter krank werden, kann es empfehlenswert sein, verschiedene Probiotika auszutesten – vor allem in der Erkältungszeit. Wem das zu teuer ist, der kann auch täglich einen Becher Joghurt essen, denn für einige milde Effekte müssen die Bakterien ja nicht unbedingt lebendig sein. In einigen Studien ist vor allem für ältere Menschen und stark geforderte Athleten belegt, dass sie weniger heftig oder seltener erkältet sind, wenn sie regelmäßig Probiotika einnehmen.
Ein möglicher Schutz vor Allergien . Dieser Effekt ist nicht so gut belegt wie die Wirkung von Probiotika bei Durchfall oder Immunschwäche. Für Eltern mit Kindern, die ein erhöhtes Risiko auf Allergien und Neurodermitis haben, sind Probiotika trotzdem eine gute Option. Viele Studien zeigen einen deutlichen Schutz. In einigen konnte dieser Effekt nicht nachgewiesen werden, aber es wurden auch oft verschiedene Bakterien für die jeweiligen Studien verwendet. Hier würde ich persönlich auf das »Lieber einmal zu viel«-Prinzip setzen. Probiotika schaden allergiegefährdeten Kindern in keinem Fall. Bei bereits bestehenden Allergien oder Neurodermitis konnten die Symptome in manchen Studien gemildert werden.
Neben gut erforschten Bereichen wie Durchfall, Darmerkrankungen und Immunsystem gibt es aktuelle Forschungsfelder, die in letzter Zeit vielversprechende Ergebnisse zeigten. So zum Beispiel bei Verdauungsbeschwerden, Reisedurchfall, Laktose-Unverträglichkeit, Übergewicht, entzündlichen Gelenkbeschwerden oder auch Diabetes.
Will man Probiotika bei einem dieser Probleme (zum Beispiel bei Verstopfung oder Blähungen) ausprobieren, kann die Apothekerin kein Präparat empfehlen, bei dem
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