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Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Titel: Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tectum Wissenschaftsverlag Marburg
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Sinn gekommen. Dennoch zeigt uns die Molekularbiologie, dass sich die Bausteinsequenzen bestimmter Enzyme in Rind und Erbse fast wie ein Ei dem anderen gleichen. Die Erbse, durch das Schaffen des Augustinerpaters und Genetik-Avantgardisten Gregor Mendel (1822-1884) zum prominenten Forschungsobjekt der Vererbungskundler avanciert, produziert z. B. ein besonders produktives Enzym, eine sogenannte Polymerase, die aus über 900 Bausteinen (eine Abfolge von gut 20 verschiedenen Aminosäuren) zusammengesetzt ist. Das gleiche Enzym mit gleicher Funktion finden wir auch in der Kuh wieder. Lediglich an zwei Positionen steht im Kuhenzym ein anderer Baustein als im Erbsenpendant. Das heißt, wir haben hier einen Übereinstimmungsgrad von 99,8 %.
    Könnte Darwin derartige Merkmalsübereinstimmungen erklären? Kann der moderne Evolutionist es heute oder hat die „Anti-Darwin-Front“ hier endlich einmal ein unumstößliches Argument gefunden, das ihre Ideologie untermauert? Mitnichten, muss auch hier die ernüchternde Antwort lauten. Denn auch in diesem Fall gibt es zwei plausible – allerdings mit sehr unterschiedlicher Eintrittswahrscheinlichkeit versehene – Erklärungen, die in völligem Einklang mit den Mechanismen des Evolutionsgeschehens stehen. Im Mittelpunkt beider Erklärungen steht wie so oft der Faktor Zeit – genauer gesagt der evolutive Zeitpunkt der Merkmalsausbildung. Vergleicht man ein Merkmal bei zwei art- oder gattungsfremden Lebewesen, ist von entscheidendem Interesse, wann die Ausbildung dieses Merkmals in der taxonomischen Entwicklung stattgefunden hat und wann sie abgeschlossen war. Die Frage lautet also: Wie war der Entwicklungsstand eines Merkmals zum Zeitpunkt der Aufspaltung eines Stammbaumastes in zwei (oder mehr) Tochteräste – oder, bildlich gesprochen, wie weit ist ein Merkmal bereits am Vergabelungspunkt ausgebildet und welche Veränderungen erfährt es nachfolgend auf jedem der individuellen Tochteräste? Stellen wir diese Frage im Hinblick auf unser Beispiel der fast identisch strukturierten Seidenfäden bei Maulbeer-spinner und Muschel, gibt es somit zwei prinzipielle Möglichkeiten. Das erste – unwahrscheinlichere – Szenario gestaltet sich wie folgt: Das „ancient member“, der letzte gemeinsame , vor zig Millionen Jahren existierende Vorfahre von Faltern und Mollusken, war hinsichtlich des Merkmals „Seidenfadenproduktion“ weitgehend unspezialisiert. Die Merkmalsausbildung mit allem „Feintuning“ bis hin zum rezenten Zustand hätte demnach erst nach der Verzweigung parallel auf zwei individuellen, voneinander unabhängigen Ästen (dem „Falter-“ und dem „Weichtierast“) erfolgen müssen. Aufgrund der komplexen Struktur der heutigen Seidenfäden bedurfte es sehr wahrscheinlich einer größeren Anzahl von der Selektion begünstigter Mutationen, bis das heutige Produkt geschaffen war. Anzunehmen, dass auf beiden Ästen zufällig eine Reihe produktgleicher Mutationen aufgetreten ist, scheint sehr unwahrscheinlich, selbst wenn die in frühen Erdepochen anzunehmenden höheren Mutationsraten (dünne oder noch fehlende Ozonschicht, unausgereifte DNA-Reparaturmechanismen) der Selektion reichlich Material zur „Prüfung“ vorgelegt haben dürften. Sollte es aber aller Stochastik zum Trotz tatsächlich ähnliche Mutationen gegeben haben, hätten diese auf beiden Ästen von der Selektion auch noch gleich – nämlich positiv – bewertet werden müssen. Angesichts der komplett verschiedenen Lebensbedingungen, unter denen sich Falter und marine Mollusken entwickelten, geraten wir hier wohl in den Bereich der Volltrefferwahrscheinlichkeit beim Lotto. Das heißt, dieser Mechanismus der sekundären, also erst nach der Gabelung des gemeinsamen Evolutionsweges erfolgten individuellen Merkmalsausbildung zum identischen Produkt ist zwar möglich, aber aufgrund völlig anderer Milieubedingungen und daraus resultierender Selektionsdrücke sehr unwahrscheinlich.
    Demnach können wir davon ausgehen, dass der letzte gemeinsame Ahn hinsichtlich der Seidenfadenherstellung bereits einen relativ hohen Ausbildungsgrad aufwies, der nach der Weggabelung aufgrund seiner hohen Merkmalsgüte auf beiden Ästen kaum mehr wertverbessernde Mutationen erfuhr. Trotz der unterschiedlichen Anforderungen und Selektionsdrücke, die in den speziellen Entwicklungsmilieus in Richtung Seidenspinner und Muschel wirkten, war das Ursprungsprodukt kaum zu toppen und erfuhr bis heute nur geringfügige Änderungen. In der

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