Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand
suizidal.
All diese vielleicht etwas philosophisch anmutenden Ausführungen haben keinesfalls den Sinn, unsere Neugier, unseren Forschungsdrang zu stoppen. Das widerspricht dem menschlichen Naturell. Wir werden sicher nie zu einem vollständigen und wertfreien Naturverständnis gelangen, sollten aber unter Einhaltung unserer Wertvorstellung unserem Wissensdurst nachgeben, um uns nicht unserer Lebensmotivation zu berauben. Dabei müssen wir bestrebt sein, für die Beurteilung der Natur die uns größtmögliche Objektivität walten zu lassen. Der erste Schritt dazu ist ein nicht durch Scheuklappen getrübter Rundblick, liebe Kritiker!
Ein Denken ohne unsere Moralvorstellungen ist uns nicht möglich, ein bewusstes Zuwiderhandeln dagegen führt langfristig zur Selbstausrottung. Diese Grenzen zu akzeptieren, müssen wir bereit sein – zu unserem eigenen Schutz. Wiederholte gravierende Verstöße werden unsere eigene Existenz und vielleicht die vieler anderer Lebensformen vernichten, aber nicht das Leben und deren Evolution insgesamt.
Der Blick in den Spiegel – haben wir wirklich nichts gelernt?
Der Mensch als personifizierter Darwinismus – so sieht es die Anti-Darwin-Fraktion. Auf uns, nur auf uns, seien die Kriterien der Evolution anwendbar. In der Tat – die verrohte, kriegerische Variante ist eine Erfindung des Menschen, die aber nicht den Darwin’schen Selektionsprinzipien folgt. Vernichtungsschlachten zum Zwecke des Machtgewinns sind bis heute eine rein (un)menschliche „Errungenschaft“ geblieben. Haben wir denn wirklich nichts aus unserer eigenen Stammesgeschichte gelernt? Wie hat sich der Darwinismus bezogen auf die menschliche Gesellschaft entwickelt? Ist es tatsächlich immer noch der Sieg des Stärkeren und Skrupelloseren über den Schwächeren, oder zählen andere Faktoren? Ellenbogen oder soziale Kompetenz – was macht wirklich den Erfolg aus?
Leider gilt auch heute noch: Wenn es darum geht, anschauliche Beispiele für Rücksichtslosigkeit, Egoismus, Machtgier und Gewalt, kurzum für alle Schlechtigkeit dieser Erde zu finden, werden wir nach wie vor nur in der Gattung Homo fündig. Die regelmäßigen Kriegsszenarien gelingt es uns einfach nicht aus der Welt zu schaffen. Während die Kritiker in ihrer beengten Sichtweise das Darwin’sche Evolutionsmodell für eine einzig auf die Menschheit zugeschneiderte Spezialanwendung halten, fingiert, um all deren umweltzerstörerischem Fehlverhalten den Anschein natürlicher Gesetzmäßigkeit zu verleihen, wird gerade die gegenteilige Betrachtungsweise der Lehre Darwins gerecht. Die Frage darf also nicht lauten: Ist das Evolutionsmodell nur auf das Verhalten des Menschen zugeschnitten worden? Vielmehr gilt es zu ergründen, ob sich die in der Natur verwirklichten Mechanismen der Evolution auch auf den Menschen anwenden lassen. Denn mit Überlebenskampf im Sinne Darwins haben menschliche Waffengefechte nichts zu tun, egal ob sie nun als geografische Expansions-, Ressourcen- oder Glaubenskriege angezettelt werden. Die Grundmotive sind stets dieselben: Machtgier, Eitelkeit und materieller Zugewinn. Demgegenüber geht es bei der natürlichen Überlebenskonkurrenz, dem
survival of the fittest
, stets um die Erfüllung der lebensnotwendigen Grundbedürfnisse – Nahrung, Wohnraum, Fortpflanzung usw. Vor diesem Hintergrund dürfte es unstrittig sein, dass die menschliche Existenz einer Sonderbetrachtung bedarf, wenn es um ihre Einordnung in das evolutionäre Geschehen geht. Nehmen wir wirklich eine exponierte Stellung ein – inwieweit finden die Evolutionsprinzipien des
struggle for live
und
survival of the fittest
in unserer Historie und Gegenwart Anwendung? Wodurch wird menschliche Fitness in unserer technisierten Welt bestimmt? Ist die körperliche Gewalt auch heute der dominierende Erfolgsfaktor?
Vermutlich sind wir die einzigen irdischen Lebewesen, die sich über die eigene Herkunft Gedanken machen und zugleich versuchen, in die zukünftige Entwicklung steuernd einzugreifen. Aber macht uns das unabhängig von den evolutionären Gesetzmäßigkeiten? Haben wir durch die Entwicklung unseres Intellekts einen Status erreicht, der uns den Ausstieg aus dem
Systema Naturae
ermöglicht hat, um fortan unser weiteres Schicksal selbst in die Hand zu nehmen? Wir haben uns bereits ein eigenes Wertesystem mit hehren Moral- und Ethikvorstellungen geschaffen, dem wir jedoch ständig zuwiderhandeln. Wir regeln unser Zusammenleben, indem wir Gesetze erlassen, gegen die wir
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