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Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Titel: Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Graf
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mögliche Existenz einer hintergründig wirkenden teleologischen Kraft für die Erklärung der Evolutionsmechanismen keine Rolle spielt. Beim antidarwinistischen Gegenansatz einer intelligent vorausgeplanten Formenproduktion ist die Situation eine andere. Hier geht es nicht ohne einen definierten Zielpunkt. Zweckgebundene Planung umfasst immer die Festlegung auf eine zu erreichende Qualität und damit auf ein spezielles Endprodukt. Damit wären wir dann wieder beim alten Raum-Zeit-Problem. Gibt es einen Anfang und ein Ende (zeitlich wie räumlich) in unserem Universum und was ist/war davor, danach, dahinter, drumherum? Eine Antwort kann ein teleologisches Evolutionsmodell (einer zweckgebundenen Entwicklung nach Masterplan) auch nicht liefern. Was passiert, wenn das gesetzte Ziel erreicht ist und die dann existenten Lebewesen ihre Umwelt aktiv den eigenen Bedürfnissen entsprechend ausgestaltet haben? Denkbar wären verschiedene Alternativen:
    1. Einfrieren des Status quo am erreichten Zielpunkt; das bedeutet Beendigung der Evolution, da optimale Lebensqualität realisiert ist. Resultat: ewige Persistenz.
    2. Mit Ankunft am Ziel ist alles vorbei. Es gibt ein absolutes Ende des Lebens, des Universums, von Raum und Zeit.
    3. Beim Zieleinlauf wird der „Tacho“ auf null gedreht. Ein neuer Plan wird erstellt und ein erneuter Startschuss gegeben.
    4. Bei Zielankunft wird ausgehend vom Status quo ein neues Ziel definiert, d. h. Neustart von einem höheren Niveau.
    5. Das einmalig vorgegebene Ziel wird nie erreicht, das Streben nach Planerfüllung hält die Entwicklung ewig am Laufen.
    Quintessenz: Man kann es drehen und wenden, wie man will. Die teleologische Fragestellung bleibt eine reine Glaubenssache wie das antidarwinistische Konzept selbst. Unsere wissenschaftlichen Methoden liefern hier keine Hilfe, unser Kausalitätsbedürfnis bleibt unbefriedigt.

Dem Meister auf dem Mund geschaut
    Angesichts all dessen, was die Kritiker der Zielperson ihrer Anwürfe in den Mund legen oder in dessen Werke hineininterpretieren, ist es nun endlich an der Zeit, den „Meister“ selbst zu Wort kommen zu lassen, d. h. in authentischen Quellen nach Darwin’schen Wortlauten zu recherchieren. Erste, aber natürlich nicht einzige Adresse muss hier sein Hauptwerk
„On the origin of species …“
sein. Was hat er wirklich formuliert und was ist reine Fiktion seiner zürnenden Interpreten?
    1. Kriegerischer Überlebenskampf: Krieg – wie der Mensch ihn versteht und leider auch betreibt – vernichtet, ist niemals kreativ. Dieser Satz bedarf keiner Diskussion. Wohl aber, was Darwins Kritiker daraus für den biologischen Überlebenskampf ableiten. Sie behaupten, Darwins
struggle for life
könne kein konstruktiver Antrieb für die Höherentwicklung und Optimierung lebender Organismen sein, denn es handele sich um Krieg im oben definierten Sinne. Die erste Aussage über die einzig zerstörerische Wirkung kriegerischer Gemetzel unter Menschen steht in völligem Einklang mit Darwins Überzeugung. In seinem zweiten, 1875 veröffentlichten großen Werk „
Die Abstammung des Menschen und die natürliche Zuchtwahl“
hat er die ständigen Kriege zwischen den „Wilden Patagoniens“ als abschreckende Bilder eines nur von Gewalt und Vernichtung geprägten Überlebenskampfes geschildert, der nichts mit dem in der Natur als Triebfeder der Evolution relevanten „survival of the fittest“ zu tun habe. Diese Gewaltorientierung hat Darwin klar als destruktive Eigenart des Menschen erkannt, die sonst in der Natur nicht anzutreffen ist.
    Die nicht kriegerische und einzig evolutionsrelevante Definition des Überlebenskampfes, einer vorwiegend friedfertigen Konkurrenz, die voranbringt und verbessert, wird von Darwin ausführlich in seinem Hauptwerk behandelt. Er widmet dieser Thematik des Daseinskampfes das gesamte dritte Kapitel. So schickt er gleich voraus: „[…] dass ich diesen Ausdruck in einem weiten und metaphorischen Sinne gebrauche, unter dem […] nicht allein das Leben des Individuums, sondern auch Erfolg in Bezug auf das Hinterlassen von Nachkommenschaft einbegriffen wird“. Dass dabei durchaus auch körperliche Auseinandersetzungen eine Rolle spielen, diese aber keinesfalls das Wesen des Daseinskampfes ausmachen, stellt Darwin klar heraus: „Man kann mit Recht sagen, dass zwei hundeartige Raubtiere in Zeiten des Mangels um Nahrung und Leben miteinander kämpfen. Aber man kann auch sagen, eine Pflanze kämpfe am Rande der Wüste um ihr

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