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Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Titel: Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Graf
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meistens Bedingung […]. Auch finden sich Formen, die man „Monstrositäten“ nennt; sie gehen aber stufenweise in Varietäten über. [...] Einige Schriftsteller gebrauchen noch den Begriff ‚Variation‘.“
    Das humanogene Begriffschaos wird hier mehr als deutlich. Ordnung kann auch Verwirrung stiften. Gott sei Dank lässt sich die Evolution davon nicht beeinflussen und entzieht sich unserem Versuch, der Natur ein uns genehmes Raster aufzulegen.
    Bis heute krankt das gesamte Klassifikationssystem am Fehlen eindeutiger Zuordnungskriterien für jede Stufe. Auch wenn sich das Vokabular etwas verändert hat, Darwins Worte sind weiterhin hochaktuell: „Praktisch genommen pflegt ein Naturforscher, welcher zwei Formen durch Zwischenglieder miteinander zu verbinden vermag, die eine als eine Varietät der anderen zu behandeln, wobei er die gewöhnlichere, zuweilen aber auch die zuerst beschriebene als die Art, die andere als die Varietät ansieht. Bisweilen treten aber auch sehr schwierige Fälle, [...], bei der Entscheidung der Frage ein, ob eine Form als Varietät der anderen anzusehen sei oder nicht, sogar wenn beide durch Zwischenglieder eng miteinander verbunden sind. [...] Wenn es sich daher darum handelt zu bestimmen, ob eine Form als Art oder als Varietät zu bestimmen sei, scheint die Meinung der Naturforscher von gesundem Urteil und reicher Erfahrung der einzige Führer zu bleiben. [...] Eine bestimmte Grenzlinie ist bis jetzt sicherlich nicht gezogen worden, weder zwischen Arten und Unterarten [...] noch zwischen Unterarten und ausgezeichneten Varietäten, noch endlich zwischen den geringsten Varietäten und individuellen Verschiedenheiten.“ Zumindest was den Artbegriff anbelangt, ist heutzutage die sexuelle Paarungsfähigkeit unter Hervorbringung fruchtbaren Nachwuchses und damit Verträglichkeit der vereinigten elterlichen Genome als notwendiges Kriterium weitgehend anerkannt.
    6. Zwischenformen – wo denn bitte?: Der Vorwurf der Kritiker lautet: Wenn die Theorie einer kontinuierlichen, nicht sprunghaften Entwicklung über lange Zeiträume die wahren Verhältnisse widerspiegelte, hätte die Erde zu allen Zeiten mit artübergreifenden Zwischenformen geradezu übersät sein müssen. Und das müsse sich auch in den Fossilienfunden widerspiegeln. Dies sei aber nicht der Fall. Fossile Zwischenformen, welche die Übergänge zwischen den größeren taxonomischen Einheiten repräsentieren, seien außerordentlich rar bzw. überhaupt nicht zu finden.
    Dass es Übergangsformen gegeben hat, beweisen die Funde von Archaeopteryx (Reptilien-Vögel), Ichthyostega (Fische-Amphibien) u. v. a. m. In einem früheren Kapitel dieses Buches („Droht ein Weltbild zu zerplatzen?“) wurden die wesentlichen Gründe für die Unterrepräsentanz von Übergangsformen im Fossilienbestand eingehend diskutiert. Zur Erinnerung seien die hauptursächlichen Faktoren kurz wiederholt:
    • vergleichsweise geringe geografische Verbreitung;
    • relativ kurze Existenzdauer infolge weiterer Veränderung (Adaptation) und Verdrängung durch „fittere“ Formen – daraus resultierend:
    • geringe Individuenzahlen;
    • Abhängigkeit von günstigen Fossilisationsbedingungen (gilt zwar prinzipiell für alle Organismen, kommt aber bei den geografisch, zeitlich und zahlenmäßig begrenzten Zwischenformen besonders zum Tragen).
    Darwin selbst hat das Zwischenformproblem natürlich auch gesehen, zumal die Unterrepräsentanz von Intermediärorganismen aufgrund des damals um Größenordnungen kleineren Gesamtfossilienbestandes noch deutlicher hervortrat als in heutiger Zeit. Der Kritikereinwand, Darwin habe wie so oft das Problem erkannt, es aber aus Angst, seinem Modell zu schaden, rhetorisch oder gar in Gänze zu vertuschen versucht, ist schlichtweg falsch. In mehreren Kapiteln seines Hauptwerkes hat er die möglichen Ursachen und deren Gewichtung ausführlich diskutiert. So schreibt er im sechsten Kapitel, das er ausschließlich den „Schwierigkeiten der Theorie“ widmet: „Da nun aber doch dieser Theorie zufolge unzählige Übergangsformen existiert haben müssen, warum finden wir sie nicht in unbegrenzter Menge in den Schichten der Erdrinde eingeschlossen?“ Einen wesentlichen Grund sah Darwin darin, dass damals wohl kein Bereich der Erdrinde paläontologisch auch nur annähernd umfassend untersucht war und man damit in dem insgesamt recht spärlichen Fossilienbestand kaum auf Reste von Übergangsorganismen hoffen durfte. So beantwortet er

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