Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand
etwas von ihrem Status als bestbelegtes naturwissenschaftliches Erklärungsmodell einbüßt. Durch die weltweit intensiven Forschungsaktivitäten fließen tagtäglich mehr oder minder große Mosaiksteine in das jederzeit erweiterungsfähige Modell ein. Dennoch hat auch diese Theorie keinen Freifahrtschein. Dass grundsätzlich kein noch so fest etabliertes und unumstürzlich erscheinendes Modell nicht jederzeit durch aktuelle Befunde ins Wanken gebracht werden kann, zeigen gänzlich unerwartete Messwerte aus dem Genfer Kernforschungszentrum CERN, die im Herbst 2011 durch die Medien jagten. Demnach erreichten von dem riesigen Teilchenbeschleuniger auf die Reise geschickte Neutrinos ihr rund 730 Kilometer entferntes Ziel im italienischen Gran Sasso rund 60 Nanosekunden (= 60 Milliardstel Sekunden) früher als das Licht. Hätten sich diese Messergebnisse bestätigt und den vielfachen nachfolgenden Überprüfungen standgehalten, wäre das die erste echte Wissenschaftssensation des 21. Jahrhunderts gewesen und der arme Albert Einstein als Opfer eines Irrtums entlarvt. Seine großartige Lebensleistung hätte das zwar in keiner Weise schmälern dürfen, doch dem Rest der Welt wäre gezeigt, dass prinzipiell selbst ein so renommiertes und über jeden Zweifel erhaben scheinendes Modell wie die Relativitätstheorie durch nur einen eindeutigen Gegenbeweis falsifizierbar ist. Einsteins vermeintlicher „Wackler“ hat sich mittlerweile als schnöder Verkabelungsfehler (v. a. ein defektes Glasfaserkabel wurde als „Beelzebub“ entlarvt) entpuppt. Die Reputation des genialen Albert hat also keinerlei Schaden genommen, wenngleich seine Rehabilitation mit weit weniger „Bohei“ durch die Medien lief, als sein vermeintlicher Lapsus. Darwin hat derartige mediale Turbulenzen derzeit nicht zu befürchten und darf entspannt seine Ruhe genießen. Gefährdende Attacken sind weit und breit nicht in Sicht. Für einen evolutionären Paradigmenwechsel bedürfte es neuer eindeutiger Befunde, die wirkliche Widersprüche aufdeckten. Das könnten z. B. fossile Belege für bisher unbekannte irdische Lebensformen sein, deren stoffliche Zusammensetzung und genetische Kodierung komplett von den bekannten Organismen abweicht. Derzeit deutet aber nichts auf Falsifikation hin. Doch spannend bleibt es in jedem Fall.
Ohne evidenzbasierten Hintergrund wird es keiner evolutionskritischen Gegenbewegung gelingen, das von Darwin begründete Abstammungsmodell vom Sockel zu stürzen.
Schuster, bleib bei deinen Leisten!
Ist es Zufall? Die Protagonisten der Gegenbewegungen, die Begründer des „Anti-Darwin-Komplotts“ und der „Synchronisten-Fraktion“, rekrutieren sich in auffallend hohem Maße aus Geistes- bzw. Nicht-Bio-Wissenschaftlern. Natürlich hat jeder das Recht, zu allem und jedem Stellung zu nehmen – auch zu naturwissenschaftlichen Spezialthemen. Doch sollte man sich zuvor eingehend damit vertraut machen. Wer dermaßen scharf schießt, steht in der Pflicht, sich vorher genau mit den Aussagen seines Opfers auseinanderzusetzen. Im Falle der Kritiker beschleicht einen der Eindruck, dass eine genügende Kenntnis des Evolutionsmodells, der Person Charles Darwin, seines Schaffens und auch des naturwissenschaftlichen Arbeitens allgemein schlichtweg fehlt.
Was die Zukunftsaussichten der verschiedenen Gegenbewegungen anbelangt, sieht es eher düster aus. Dass die härtesten Protagonisten dieser Fraktionen oft keinen biowissenschaftlichen Hintergrund aufweisen, muss zwar per se kein Grund für fundamentale Wissenslücken auf dem Gebiet der Evolution sein und kann erst recht nicht als Ursache für die beharrliche Ignoranz der Grundpfeiler des Evolutionsmodells herhalten. Doch gerade als fachfremder Kritiker empfiehlt es sich, sehr genau darauf zu achten, sich mit seinen provokanten Aussagen nicht in den auf die Thematik spezialisierten Fachkreisen bloßzustellen.
Mit ziemlicher Sicherheit wird das Modell der Deszendenz alles Lebendigen, das bis heute die Grundaussagen von Darwins Arbeit bestätigt sieht, nie Erklärungen für alle Details des fantastischen Phänomens der Lebensvielfalt bereitstellen können. Dennoch ist und bleibt es derzeit unangefochten das am besten interdisziplinär untermauerte Wissenschaftsmodell überhaupt.
Ein Komplott – warum?
Zumindest die eine Fraktion der modernen Kritiker unterstellt der heutigen Wissenschaftselite ein weltumspannendes Komplott. Millionen von Wissenschaftlern sollen in stiller Übereinkunft ein Modell
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