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Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Titel: Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Graf
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gilt auch für unsere eigenen Existenz – können wir nur durch die nachträgliche Erkenntnis ersetzen: Diese und jene Art hat nicht überlebt, ergo war sie nicht fit (angepasst) genug. Das mag ein wenig nach „postmortaler Besserwisserei“ klingen, die man sonst ja häufig Politikern und Pathologen vorwirft, die im Nachhinein immer ganz genau wissen, warum das Kind in den Brunnen gefallen ist, und dann (nur Politiker) so tun, als sei es von ihnen prognostiziert worden. Um ebendieser Täuschung nicht zu verfallen, müssen wir uns klar eingestehen: Die Eignung einer Art und auch eines Individuums ist von uns immer nur im Nachhinein zu begutachten. Das Geschrei der Kritiker, das könne schließlich jeder, kann man getrost verhallen lassen. Es ist allemal besser, Tatsachen zu sehen, als Fiktionen zu behaupten. Der große Voltaire hat einmal gesagt: „Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher.“ Im Falle der Beurteilung von Merkmalsqualitäten ist die nachträgliche Erkenntnis der einzige Weg zur Klugheit. Dass wohl auch Voltaires Regel nicht ohne Ausnahme ist, scheint sich in der Verweigerungshaltung der Darwinanfechter zu bewahrheiten. Manch einer gelangt auch nachträglich nicht zu Einsicht und Weisheit.
Lamarck’sche Störungen oder die Sache mit der Anpassung
    Mit dem Zufall stehen Darwins Kritiker wohl unabänderlich auf Kriegsfuß. Aber auch mit dem Verständnis, was Adaptation bedeutet, verhält es sich offensichtlich nicht anders. Die wissenschaftliche Post-Lamarck-Ära hat gezeigt, dass vererbbare Anpassungen primär keine aktiven, auf individuellem Erwerb beruhenden Prozesse sind 13 . Vielmehr handelt es sich um passive, d. h. nicht durch den „
Gebrauch und Nicht-Gebrauch von Organen“
beeinflussbare Veränderungen des genetischen Materials. Mutationen und Rekombinationen sind keine gezielt arbeitenden Merkmalsproduzenten, die sich am aktuellen Bedarf orientieren. Sie bringen völlig „unbestechlich“ Varianten hervor, die dann auf ihre Eignung getestet werden (Selektion). Das von Lamarck noch als Ursache für vererbbare Merkmalsänderungen gelehrte „Organtraining“ beschert dem Bodybuilder dicke Muskeln, aber nicht dessen Nachwuchs. Auch Albert Einsteins Kinder kamen nicht mit dem Verständnis der Relativitätstheorie zur Welt, sondern mussten die Nervenbahnen und Synapsen in ihren Hirnen durch eigene Lernarbeit verlegen.
    Dass die Nukleinsäuren (DNA, RNA) alleinige Träger aller genetischen Information und mutative/rekombinante Ursache von (vererbbaren) Merkmalsänderungen sind, wurde bis Mitte des 20. Jahrhunderts zweifelsfrei nachgewiesen (Bovery und Sutton, 1904; Morgan, 1911; Griffith, 1928; Avery, 1944; Watson und Crick, 1953). Dennoch kann sich die Kritiker-Fraktion nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass schon Darwin ganz ohne diesen molekularen Wissenshintergrund die nicht zielorientierte Variation von Merkmalen postulierte. Sie unterstellen dem Engländer, er habe eine adaptive, an den Bedürfnissen ausgerichtete Variationsaktivität gelehrt. Einmal mehr bauen die Kritiker somit auf einer falschen Grundbehauptung ein Folgenszenario auf, das natürlich ebenso fehlerhaft sein muss wie seine Basis. Ein gutes Beispiel bietet der Übergang von Reptilien zu Vögeln mit der Entwicklung der Flugfähigkeit. Der Vorwurf lautet: Wie kann ein Flügel in Anpassung an das Luftleben entstehen, wenn er doch Voraussetzung dafür ist? Ohne Henne kein Ei! 14 Die Kritiker setzen hier voraus, dass der Darwinismus die Flügelentwicklung als gezielte Anpassung an ein Luftleben deutet, d. h. Änderungen an der DNA zweckorientiert erfolgt sind. Zunächst wäre demnach ein Ziel definiert worden – den Luftraum zu erobern. Dann wurde die DNA als Produzent „beauftragt“, an der Erfüllung des Plans zu arbeiten und entsprechend Gescheites herzustellen. Aber so läuft Evolution im Sinne Darwins eben nicht ab. Das Gegenteil einer zielorientierten Variantenproduktion ist der Fall. Über einen langen Zeitraum haben akkumulierte DNAVeränderungen – selektiert aus einem riesigen Pool zufälliger Mutationen und Rekombinationen –, von denen jede einigen Reptilien einen kleinen Vorteil brachte, Flügelstrukturen hervorgebracht. Peu à peu (über Äonen hinweg) ermöglichten diese eine immer bessere Fortbewegung in der Luft. Offensichtlich hat sich das bewährt, denn bis heute hat sich die Vogelwelt prächtig entwickelt. Da ist sie wieder, diese nachträgliche Besserwisserei, schallt es nun

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