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Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Titel: Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Graf
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urzeitlichen Reptilien, die infolge zufälliger Genveränderungen mit kleinen Variationen ihrer vorderen Gliedmaßen ausgestattet wurden? Diese Neuerungen waren sicher noch weit davon entfernt, Flugfähigkeit zu verleihen. Dennoch wurden sie nicht ausgemerzt, sondern erhielten die Chance, sich weiter in Richtung Flügel zu entwickeln. Welchen Vorteil aber konnte ein noch meilenweit von heutiger Funktionalität entfernter Flügelansatz seinem Träger bringen? Was war das für ein Bonus, der von der Selektion für erhaltenswert erachtet wurde? Vielleicht handelte es sich um eine neutrale Mutation, die in einem ansonsten gut angepassten (der Gesamtphänotyp entscheidet!), sich auf zwei Beinen fortbewegenden Landsaurier zunächst nur „mitgeschleppt“ wurde. Vielleicht gab es aber auch einen minimalen Vorteil – etwas Stabilisierendes, die Beweglichkeit Verbesserndes, den Auftrieb Vergrößerndes und damit die Hüftgelenke Entlastendes sowie die Schrittlänge Verlängerndes – über den wir viel spekulieren können. Sichere Antworten können wir bis dato nicht geben. Einige diesbezüglich aufgestellte Thesen sind sicher auch fehlerhaft, wenngleich wir heute durch die Möglichkeit realitätsnaher Computersimulationen um einiges weiter sind. Wie gut und detailgetreu sich eine Organentwicklung rekonstruieren lässt, hängt von einer ganzen Reihe unterschiedlichster Faktoren ab. Dazu gehören ganz wesentlich der makroskopische wie molekular(genetisch)e Fossilienbestand sowie die Rückverfolgungsmöglichkeit der jeweils herrschenden Umweltbedingungen. Aber bringt unsere Unsicherheit in Detailfragen wirklich das Gesamtkonzept, das globale Modell der Abstammung, des Formenwandels, der Vereinigung von planloser Veränderung und richtender Auslese zu einem produktiven Prinzip ins Wanken? Es spricht doch lediglich für Darwins Vorstellung einer nicht rigiden Selektion, die jeder noch so minimalen Verbesserung ihre Bewährungschancen einräumt. Wenn nur jene wissenschaftlichen Modelle akzeptiert würden, die jedes Detail zu erklären in der Lage sind, sähe unser Weltbild arm aus. Die Evolutionstheorie hätte unter diesen Voraussetzungen aber immer noch die besten Chancen, Anerkennung zu finden. Kein anderes Modell fußt auf einem annähernd vergleichbaren Fundament an in natura beobachtbaren Belegen.
    Kommen wir zurück zur Präadaptationsdebatte. Dass die Evolution genau diejenigen Produkte entstehen ließ, die heute die lebendige Komponente unseres Planeten ausmachen, hatte keine zwingende Notwendigkeit. Es hätte durchaus auch in eine andere Richtung laufen können. Daher ist die von den Kritikern angefachte Präadaptationsdiskussion hinfällig. Von Vorausanpassungen zu sprechen wäre nur sinnvoll, wenn von vornherein klar gewesen wäre, was einmal entstehen soll, es also eine Vorausplanung gäbe. Aber ebendieses lehrt der Darwinismus ja gerade nicht, sondern die postproduktive, also erst nach der von Zukunftsperspektiven unabhängigen Herstellung erfolgende Begutachtung. Nicht Vorausschau, sondern Nachträglichkeit macht das Wesen des evolutionären Fortschritts aus, bei dem sich Anpassung nie als aktiver Vorabprozess, sondern als passives Bewertungsergebnis darstellt. „Aber, aber“ melden sich nun erneut die Anti-Darwinisten zu Wort. Wenn das immer nur zufällige Varianten sind, die sich erst im Nachhinein als brauchbar erweisen, dann hätte es ja doch einer immensen Aneinanderreihung von Zufällen bedurft, um die heutigen hochkomplexen Organismen entstehen zu lassen. Dann wäre der Mensch aus darwinistischer Sicht also doch ein Zufallsprodukt? – In aller Regel schaut man nun in verdutzte Kritikergesichter. Zu unerwartet trifft sie das allerdings nur partielle „Ja“, das sie hier mit ihrer Frage einheimsen. Dass sich der Mensch nämlich in genau jener Ausgestaltung entwickelt hat, wie wir ihn heute im Spiegel betrachten dürfen, ist tatsächlich auch eine Folge millionenfacher, weder vorhersagbarer noch besonders wahrscheinlicher Zufälle. Nur weil es ein breites Spektrum von zufälligen Mutationen und Rekombinationen an unserer Ahnen-DNA gegeben hat, unter denen solche waren, die die Entwicklung von Armen, Beinen, Gehirnen usw. ermöglichten, konnten diese auch selektiert werden. Und an dieser Stelle ist es dann auch vorbei mit dem Zufall. Hätte es aber ein anderes Mutationsmuster gegeben, was durchaus vorstellbar ist, hätte Homo sapiens heute wohlmöglich ein völlig anderes Erscheinungsbild. Anders

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