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Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Titel: Darwin und die Götter der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Praktiken wie Akupunktur, Osteopathie und Kräuterbehandlung, die hinreichend oft funktionieren, deren theoretische Grundlage aber in wissenschaftlichen Begriffen schwach ausformuliert ist. Viele Menschen werden von ihrer selbstgebrauten Mischung aus Mythos und Mystizismus angezogen (die umso beeindruckender ist, als sie manchmal funktioniert ) und haben das Gefühl, eine moderne wissenschaftliche Untersuchung würde diese Gebiete irgendwie verderben. Sie würde gewiss ein paar Löcher in die traditionellen Erklärungen stanzen, aber die Behandlungen höchstwahrscheinlich sogar noch verbessern. Während die Quasi-Wissenschaften wirklich zerstört würden (und es eigentlich längst sind, was nur noch nicht alle gemerkt haben).
    Um die Liste abzuschließen, fügen wir die Evolutionsbiologie hinzu, ein sehr gut etabliertes Ensemble von Modellen, das sich auf die Fossilbelege, Chromosomen und DNS stützt und das Ähnlichkeiten und Unterschiede der heutigen Lebewesen viel eleganter und wirksamer erklärt als ihre Rivalen vom Gebiet des Kreationismus oder des intelligenten Designs. Nichtsdestoweniger bestreitet ein großer Anteil von Menschen – insbesondere Christen im amerikanischen Mittelwesten, Muslime in fanatischen islamischen Kulturen und fundamentalistische Gläubige überhaupt –, dass die Menschen durch Evolution entstanden sind. Für sie übertrumpft ihre eigene Sorte Autorität die Beweise der Wissenschaft, oder ihr ›gesunder Menschenverstand‹ macht das ganze Konzept lachhaft. »Ich bin nicht mit irgend so ’nem Affen verwandt!«, lautete die Erklärung eines Schulmädchens bei einem von Jacks Vorträgen ›Leben auf anderen Planeten‹, als der Lehrer sie fragte, warum sie nicht an die Evolution glaube.
    Es gibt eine allgemeine menschliche Neigung, von der in den Scheibenwelt-Büchern reichlich Gebrauch gemacht wird, nämlich gedankliche Hintergründe vorzugeben, die ohne Überprüfung übernommen werden. Sie resultieren größtenteils aus den ›Mach-einen-Menschen‹-Baukästen, die jede menschliche Kultur auf ihre Mitglieder in Kindheit und Jugend anwendet. Jeder von uns ist das Ergebnis eines Lernprozesses, in dem unverhüllte ›Erziehung‹ durch berufsmäßige Lehrer nur einen winzigen Bruchteil ausmacht. Zu dem Baukasten gehören Kinderreime, Lieder, Geschichten, die Personifikation von Tieren (schlaue Füchse, weise Eulen, fleißige müllsammelnde Wombles) und menschliche Rollen von dem märchenhaften Postboten und Prinzessinnen bis zu Helden der Verbrechensbekämpfung wie Batman und Superman. Sie alle haben ihren Platz in den unergründeten Grundlagen unserer tagtäglichen Gedanken und Taten. Eine mögliche Erklärung für die unbestreitbare Beliebtheit von Prinzessin Diana bei der britischen Öffentlichkeit – eigentlich in aller Welt – lautet, dass sie von Kind auf die volkstümliche Vorstellung in sich aufgenommen hatte, was eine Prinzessin tut – im Unterschied zur authentischen Version für die echten Mitglieder königlicher Häuser. Also tat sie das, was unserer Vorstellung nach richtige Prinzessinnen tun; sie sah aus und verhielt sich wie eine Ikone, nicht wie eine echte Hochadlige.
    Kultivierte Menschen, Bürger wie wir – und sogar wie die Stammesangehörigen und Barbaren* [* In der speziellen Wortbedeutung, die der Anthropologe Lloyd Morgan in den 1880er Jahren entwickelte und die in den Sechzigerjahren von John Campbell jr. in einem Leitartikel von Analog, später von Jack in The Privileged Ape (Der privilegierte Affe) aufgegriffen wurde: Für Menschen in der Stammesgesellschaft ist alles herkömmlich, Pflicht oder verboten; für Barbaren sind die Beweggründe des Handelns Ehre, Tapferkeit, Bescheidenheit und Widerspruch gegen Überkommenes; Bürger übernehmen manche Rollen von den Stammesangehörigen, manche von den Barbaren, wir haben die Wahl.] in der Welt von heute, die fast durchweg von Superman, Tarzan, Ronald MacDonald gehört haben –, besitzen fast alle diesen Mischmasch von Bildern, Modellen, Phobien, Inspirationen und Schurkentypen. Unsere tagtägliche Erfahrung verleiht uns ein Ich, dessen Erinnerungskette eine Folge von Szenen, Gedanken, Erfahrungen und Leidenschaften ist, alle à la Damasio mit emotionalen Etiketten eingefärbt, die besagen: ›Großartig!‹, ›Das wieder machen, wenn ich kann!‹ oder ›Um jeden Preis vermeiden!‹, wenn wir uns daran erinnern. Doch diese ruhen auf einer großen Menge von überwiegend unreflektiertem Material der

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