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Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Titel: Darwin und die Götter der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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mühelos als Geldanlage kaufen und für seinen Sohn vorsehen.
    So zumindest lautete der Plan.
    Und zunächst schien der Plan zu gelingen. 1828 wurde Charles in der Universität von Cambridge immatrikuliert und schwor an einem kalten Januarmorgen, die alten Statuten und Bräuche der Universität zu wahren, ›so wahr mir Gott und seine heiligen Evangelien helfen‹. Er wurde am Christ’s College für ein Studium der Theologie eingetragen, wo sein Vetter William Darwin Fox schon ein Jahr früher begonnen hatte. (Charles hatte es vorher in Edinburgh mit Medizin versucht, um in die Fußstapfen seines Vaters und Großvaters zu treten, war aber desillusioniert worden und hatte das Studium ohne akademischen Grad abgebrochen.) Nachdem er seinen Bachelor of Arts erhalten hätte, hätte er noch ein Jahr damit verbringen können, Theologie zu studieren, bereit, in der Anglikanischen Kirche ordiniert zu werden. Er konnte Kurat werden, heiraten und eine ländliche Stellung in der Nähe von Shrewsburry annehmen.
    Es war alles arrangiert.
    Kurz nach Studienbeginn am Christ’s College verfiel Charles den Käfern, sozusagen. Die Einführung in die Entomologie löste ein intensives Interesse an Käfern aus, sodass anscheinend die halbe Nation in Wäldern und Hecken unterwegs war, um neue Arten zu finden. Da es auf der Welt mehr Käferarten als sonst etwas gibt, war das ein ernstes Unterfangen. Charles und sein Vetter suchten die Wegränder des ländlichen Cambridgeshire ab und steckten ihre Fänge mit Nadeln schön ordentlich in Reihen auf große Kartonbögen. Er entdeckte keine neue Käferart, fand jedoch einen seltenen deutschen Käfer, der zuvor in ganz England nur zweimal gesichtet worden war.
    Gegen Ende seines zweiten Jahrs an der Universität drohten Examen. Darwin hatte sich zu intensiv den Käfern und einer jungen Dame namens Fanny Owen gewidmet und seine akademischen Studien vernachlässigt. Nun blieben ihm nur noch zwei Monate für die Arbeit von zwei Jahren. Insbesondere würde es zehn Fragen zu dem Buch Beweise für das Christentum von einem gewissen William Paley geben. Darwin hatte das Buch schon gelesen, nun aber las er es abermals mit verstärkter Aufmerksamkeit – und es gefiel ihm sehr. Er fand die Logik faszinierend. Zudem hatte Paley deutlich linke politische Neigungen, was den Charles innewohnenden Sinn für soziale Gerechtigkeit ansprach. Gestützt auf seine Lektüre Paleys, schaffte es Darwin durch die Prüfungen.
    Nun wurde die Abschlussprüfung fällig. Ein weiteres Buch von Paley stand auf dem Lehrplan: Grundsätze der Moral und der politischen Philosophie . Das Buch war überholt und segelte hart am Wind der (politischen) Ketzerei in die Untiefen des Unorthodoxen; deswegen stand es auch auf dem Lehrplan. Man musste imstande sein, gegebenenfalls dagegen zu argumentieren. Es stand beispielsweise darin, dass eine etablierte Kirche keinen Teil der Christenheit bilde. Darwin, ein sehr konventioneller Christ, wusste nicht recht, was er denken sollte. Er musste seine Lektüre ausdehnen und stieß dabei auf ein weiteres Buch seines Idols Paley: die Natürliche Theologie . Er wusste, dass viele Intellektuelle Paleys Annahme eines Entwurfs als naiv verspotteten. Er wusste, dass sein eigener Großvater, Erasmus Darwin, eine radikal andere Ansicht vertreten hatte, als er in seinem Buch Zoonomie über spontane Veränderungen an Organismen spekulierte. Darwins Sympathien gehörten Paley, doch er begann sich zu fragen, wie wissenschaftliche Gesetze festgelegt würden und welche Art von Beweisen akzeptabel sei, eine Fragestellung, die ihn zu einem Buch von Sir John Herschel mit dem einschläfernden Titel Vorläufige Erörterung des Studiums der Naturphilosophie führte. Er nahm auch ein Exemplar von Alexander von Humboldts Reise in die Äquinoktial-Gegenden des Neuen Kontinents zur Hand, einen Wälzer von 3754 Seiten über die Reise des unermüdlichen Forschers nach Südamerika.
    Darwin war gefesselt. Herschel regte sein Interesse an der Wissenschaft an, und Humboldt zeigte ihm, wie aufregend wissenschaftliche Entdeckungen sein konnten. Damals beschloss er, die Vulkane der Kanarischen Inseln zu besuchen und den Großen Drachenbaum selbst zu sehen. Sein Freund Marmaduke Ramsay willigte ein, ihn zu begleiten. Sie würden in die Tropen aufbrechen, sobald Darwin bei der Verleihung seines akademischen Grades die neununddreißig Artikel der anglikanischen Kirche unterzeichnet hätte. Um sich für die Reise vorzubereiten,

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