Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin
Buch 1:
DIE WESPE DES IMPERIUMS
Schwärze.
Schwärze hüllte sie ein. Traumlos trieb sie durch die Finsternis, endlos wie das All, die sich in ihrem Inneren wand und verflocht. Die Schwärze umgab sie, verschmolz mit ihr, vereinigte sich mit ihr, und so schmiegte sie sich an diese Leere, die zugleich ein Teil ihrer selbst war. Das Dunkel war allgegenwärtig, und doch spürte sie, wie außerhalb dieses schützenden Kokons aus ewiger Schwärze fast unbemerkt die Jahre vergingen. Dort waren sie, jenseits ihres eigenen Schlafes; sie nahm sie wahr, und doch erschienen sie ihr nicht ganz wirklich.
Tief, tief im Innersten ihres Herzens glomm immer noch die Glut der Entschlossenheit, aber deren Lichtschein war kaum noch zu erkennen. Eine Glut, die einst wie ein Hochofen gelodert hatte, wurde matter und matter und trieb immer weiter auf die endgültige Auslöschung zu.
Ein winziger Teil ihres Wesens schaute schläfrig zu, wie jene Weißglut allmählich zu einem matten Rot abkühlte, und unter ihrer dicken, weichen Decke der Schwärze fragte sich dieser Teil ihrer selbst, ob man jemals wieder nach ihr rufen würde. Diejenigen, denen sie einst gedient hatte, waren längst verschwunden, das wusste sie genau, ohne zu wissen, woher, und doch rief hin und wieder das Echo eines Rufes nach ihr, und so tauchte sie aus der Geborgenheit ihrer Traumlosigkeit fast bis an die Oberfläche hinauf. Diese Echos jedoch hörte sie nur selten, und sie verschwanden so rasch, wie sie gekommen waren. Das unregelmäßige, immer unerwartete Aufblitzen jener Rufe hatte fast etwas von winzigen Spiegeln, in denen sie ihre eigene zornlodernde Existenz betrachten konnte. Es geschah nur selten, doch im Laufe der endlosen Jahre reichte die Anzahl dieser Echos trotzdem aus, um ihren traumlosen Schlaf zu stören.
Da! Wieder ein Flackern in der Endlosigkeit des Schlafes - ein weiterer Blitz der Möglichkeiten. Die zahllosen möglichen Zukünfte, Zeitströme, in denen sie und dieses Echo vielleicht tatsächlich aufeinandertrafen und zu einem gemeinsamen Ziel fanden, umgaben sie, veränderten unbeständig die Form, schimmerten wie die ewig veränderlichen Formationen der Sterne am Himmel ... gleich den Zukünften, in denen dies niemals geschehen sollte.
Was wäre dir denn lieber?, fragte ihr dösender Verstand verschlafen. Willst du dich erneut erheben - vielleicht ein letztes Mal -, oder willst du schlafen? Schlafen, bis es keine Träume mehr gibt, keine Echos, keine Spiegel?
Darauf wusste sie keine Antwort, und so schmiegte sie sich noch fester an den Schleier der Nichtexistenz und wartete ab, was auch immer geschehen mochte.
Oder eben nicht.
Prolog
»Wer ist denn diese Kleine überhaupt?«, fragte Colonel McGruder und starrte das Psychoprofil an, das vor ihm im Holodisplay schwebte. »Und woher haben wir die Informationen über sie?«
»Ihr Name lautet Alicia DeVries«, erwiderte Lieutenant Maserati. »Alicia Dierdre DeVries, und sie ist jetzt in der Abschlussklasse. Vor sechs Monaten wurde sie den Standardprüfungen unterzogen, und ihre Ergebnisse entsprachen allen Auswahlkriterien. Also hat man sie letzte Woche erneut geprüft. Und wie Sie sehen können, wurden dabei sämtliche vorherigen Ergebnisse bestätigt.«
»In der Abschlussklasse?«, wiederholte McGruder, wandte sich vom Display ab und blickte stattdessen seinen Adjutanten an. »Hier steht, sie sei erst vierzehn Jahre alt!«
»Das war sie vor sechs Wochen auch noch, Sir«, erwiderte Maserati. »Sie ... ähem ... sie absolviert einen Schnellkurs. Wie Sie hier sehen können ...« - über sein NeuroLink erteilte der Lieutenant dem Computer einen Befehl, und so öffnete sich im Display des Colonels ein neues Fenster, in dem nun die Prüfungsergebnisse abzulesen waren - »... hat sie sich mit ihren Ergebnissen schon jetzt qualifiziert, im nächsten Jahr im Rahmen des Hochbegabtenförderungsprogramms das Emperor's New College zu besuchen.«
»Mein Gott.« Kurz starrte McGruder ihre Zeugnisse an, dann betrachtete er erneut das Psychoprofil. »Wenn das alles bei ihr schon mit vierzehn so aussieht ...«
»Deswegen dachte ich mir auch, ich sollte Sie darauf aufmerksam machen, Sir«, gab Maserati zurück. »Ich glaube nicht, jemals ein stärkeres Profil gesehen zu haben, und dabei ist diese DeVries, wie Sie schon sagten, erst vierzehn Jahre alt.«
»Zu jung«, sinnierte McGruder laut, und Maserati nickte. Was die schulischen Leistungen betraf, war die junge DeVries der großen Mehrheit ihrer
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