Darwin und die Götter der Scheibenwelt
»Revisoren …«
Eine graue Wolke wogte den Berg herab. Als sie näher kam, zog sie sich zusammen und wurde dunkler.
»Sie haben gelernt «, stellte Ridcully fest. » Das haben sie nie zuvor getan. Na schön … Rincewind, die erste Verteidigungslinie, bitte sei so gut. Und beeil dich!«
Rincewind war immer der Ansicht gewesen, dass man mit einer Waffe dem Feind nur etwas Zusätzliches bot, womit er einen schlagen konnte. Er hob ein Schild mit der Aufschrift: GEHT WEG.
»Stibbons meint, das könnte funktionieren«, sagte Ridcully unsicher.
Die Revisoren kamen näher und verschmolzen miteinander, bis nur noch sechs übrig blieben. Sie waren dunkel und wirkten sehr bedrohlich.
»Ah, vielleicht können sie nicht lesen«, gab Ridcully zu bedenken. »Meine Herren, Zeit für Schokolade …«
Hier sollte darauf hingewiesen werden, dass die meisten Zauberer nicht gut zielen konnten. Ein Zauberspruch wirkte sich dort aus, wo man ihn einzusetzen beschloss. Man musste nur in die entsprechende Richtung winken. Niemand hatte viel Übung darauf verwendet, auf die genaue Stelle zu zeigen.
Dennoch trafen einige Schüsse. Als ein Revisor mehrere Treffer abbekam, schrie er und löste sich in seine einzelnen Kutten auf, die dann verschwanden. Doch einer, etwas größer als die anderen, flog im Zickzack zwischen den Pralinengeschossen hindurch. Hier lernten die Revisoren tatsächlich … und den Zauberern ging allmählich die Schokolade aus.
»Feuer einstellen!«, befahl der Dekan und ließ die Schleuder sinken.
Der Revisor hielt inne.
»Ah«, sagte der Dekan fröhlich, »ha, du fragst dich bestimmt, äh, ja, du fragst dich bestimmt, ob ich noch eine Praline übrig habe. Um ganz ehrlich zu sein, ich …«
»Nein«, antwortete der Revisor und schwebte näher.
»Was? Wie bitte?«
»Ich frage mich nicht, ob du noch eine Praline übrig hast«, knurrte die dunkle Erscheinung. »Du hast keine übrig. Süß & Leckers Luxusmischung besteht aus jeweils zweimal Walnusscreme, Erdbeerwirbel, Knusperkaramelle, Veilchencreme, Kaffeemousse, Kirschvergnügen und Nussbündel und jeweils einmal Mandelentzücken, Vanilleschale, Pfirsichcreme, Kaffeefondue und Zitronenextravaganz.«
Der Dekan lächelte das Lächeln eines Mannes, für den plötzlich ein Fest beginnt. Er hob die Schleuder.
»Dann sei so nett und nimm die Nugatüberraschung in Empfang!«
Es machte Twäng . Die Praline flog. Für einen Moment schwankte der Revisor, und die Zauberer hielten den Atem an. Dann, mit einem leisen Wimmern, löste sich die Erscheinung auf.
»Jeder vergisst die Nugatüberraschung«, sagte der Dekan und wandte sich den anderen Zauberern zu. »Wahrscheinlich deshalb, weil sie so hoffnungslos schrecklich ist.«
Für einige Sekunden hörte man nur das Rauschen des Meeres. Dann:
»Äh … gut gemacht, Dekan«, lobte Ridcully.
»Danke, Erzkanzler.«
»Aber ein wenig zu protzig. Ich meine, du hättest nicht mit dem Ding reden müssen.«
»Ich war mir nicht sicher, ob ich die Nugatüberraschung tatsächlich noch hatte«, erwiderte der Dekan und lächelte nach wie vor. Ridcully begriff, dass eine ziemliche Anstrengung nötig gewesen wäre, um dieses Lächeln aus dem Gesicht des Dekans zu entfernen, und deshalb gab er auf.
»Wie dem auch sei, gute Arbeit«, brummte er und hob die Stimme. »Wenn du mich hören kannst, Hex … Bitte bring uns zum Großen Saal zurück.«
Nichts geschah. Ein wichtiger Teil des Transports von Materie über die Welt besteht darin, eine äquivalente Masse in die andere Richtung zu bringen. Das kann eine Weile dauern.
Ein Eichentisch, drei Stühle und zwei Löffel fielen auf den Strand. Einen Moment später verschwanden die Zauberer.
ZWEIUNDZWANZIG
Vergessen Sie die Tatsachen
… Was zählt, sind die Theorien.
Die Scheibenwelt hat keine Wissenschaft als solche. Aber sie verfügt über eine Anzahl von Kausalitätssystemen, die von menschlichen Absichten (»Ich geh nur mal auf ein Bier in die Geflickte Trommel «) über Zaubersprüche bis zum verallgemeinerten Narrativium reichen, welches die örtlichen und allgemeinen Geschichtsabläufe nahe an der Handlung einer erzählten Geschichte hält. Die Rundwelt verfügt über Wissenschaft, doch es ist schwer auszumachen, in welchem Maß sie die Taten der Menschen bestimmt, verändert und beeinflusst – die Technik tut das natürlich, aber die Wissenschaft? Die Wissenschaft beeinflusst , was wir denken und tun, aber sie verändert es nicht, weil so viel von unserem Grundwissen
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