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Darwinia

Darwinia

Titel: Darwinia Kostenlos Bücher Online Lesen
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dachte Guilford; Anfang und schon wieder Anfang), wie Weizen tanzten die Spinnenbinsen auf der Marsch. Guilford hatte alle Hände voll zu tun, um aus dem winzigen, fensterlosen Kabuff, das man ihm zugewiesen hatte, ein Photolabor zu machen. Dann ging er an Deck, um nichts zu verpassen.
    Bei Einbruch der Dunkelheit wich das Marschland einem trockeneren, sandigeren Uferstrich und die Salzwassergräser wurden von Pagodenbüschen und Orgelhalmen abgelöst, denen der Wind unmelodische Töne entlockte. Nach einem prächtigen Sonnenuntergang wurde aus dem Land eine einzige grenzenlose Finsternis. Zu groß, dachte Guilford, zu leer und zu unscheinbar, um es dem indifferenten Räderwerk Gottes zuzuschreiben.
    Er schlief unruhig und wachte fiebernd auf. Er kletterte aus der Hängematte und torkelte – die Bodenplatten tanzten Walzer – und die Gerüche aus der Kombüse erstickten jeden Appetit. Gegen Mittag war er so krank, dass er den Expeditionsarzt kommen ließ. Dr. Wilson Farr diagnostizierte Kontinentalfieber.
    »Werde ich sterben?«, fragte Guilford.
    »Klopfen Sie ruhig mal an«, meinte Farr und schielte über den Kneifer, dessen Gläser kaum größer waren als die Banderole einer Zigarre. »Ich bezweifle, dass man Ihnen aufmacht.«
    Im Laufe des Abends, während das Fieber immer noch stieg und auf Armen und Beinen ein rosiges Erythem blühte, suchte Sullivan ihn auf. Guilford hatte Mühe, die beiden Sullivans zur Deckung zu bringen, und die Unterhaltung driftete wie ein führerloses Schiff. Der Ältere versuchte ihn mit Hypothesen über die darwinische Fauna zu zerstreuen, mit der Anatomie der hiesigen Wirbellosen. Schließlich sagte Sullivan: »Ich glaube, Sie sind jetzt müde…« Und wie müde Guilford war: unsäglich müde. »Nur eins noch, Mr. Law. Wie kommt es Ihrer Meinung nach, dass sich eine rein darwinische Krankheit, eine wundersame Mikrobe, in normalen Sterblichen wie unsereinem pudelwohl fühlt und vermehrt? Sieht das nach einem Zufall aus?«
    »Weiß nicht«, murmelte Guilford und drehte das Gesicht zur Wand.
     

     
    Als die Krankheit ihren Höhepunkt erreichte, träumte er, er sei ein Soldat, der den Rand irgendeines stickigen, staubigen Schlachtfeldes abschritt: eine Feldwache der Toten, die auf einen verborgenen Feind wartet und sich ab und zu hinkniet, um aus einer lauen Wasserpfütze zu trinken – im Angesicht ihres Spiegelbildes, das unsäglich alt war – alt und voller schläfriger Geheimnisse.
    Der Traum versank in einer langatmigen Leere, die immer wieder von Blitzen aus Brechreiz und Ekel erhellt wurde, doch am Montag war Guilford über dem Berg, das Fieber ging zurück, er nahm wieder feste Nahrung zu sich und machte sich wieder in seinem Kabuff zu schaffen, derweil die Weston landeinwärts dampfte. Farr brachte ihm eine neue Ausgabe von Finchs Diluvian and Noachian Geognosy, [30] woraufhin Guilford eine Zeit lang mit den verschiedenen Erdzeitaltern befasst war und nicht zuletzt mit der Sintflut, die ihre Spuren in kataklysmischen [31] Umbildungen des Erdmantels hinterlassen hatte, zu denen auch der Grand Canyon gehörte… Sofern, wie Finch zu bedenken gab, diese Formationen keine ›vorherigen Eingriffe waren, die ihr Urheber lediglich mit dem Anschein großen Alters ausgestattet habe‹.
    Die Schöpfung, durcheinandergewirbelt von einer weltweiten Flutwelle, die Fossilien in verschiedenen Höhenlagen abgelegt oder – wie es Eden selbst ergangen sein musste – unter Schlamm und Treibsand begraben hatte. Vieles war Guilford nicht neu, obwohl Finch seine Argumente mit einer Fülle von Details untermauerte: die unzähligen Klassifikationen durch Strömung und Ablagerung; ein geologisches Instrumentarium, um ausgestorbene Arten fein säuberlich in getrennte Kategorien einzuordnen. Diese eine Ausdrucksweise aber – ›Anschein von Alter‹ – machte ihm Kopfzerbrechen. Dadurch wurden alle Fakten zu einem Provisorium. Die Welt war ein Bühnenbild, das vielleicht gestern erst entstanden war, frisch ausgestattet mit Gebirgen und Mastodonknochen und menschlichen Erinnerungen – was dem Schöpfer unterstellte, seine menschlichen Ebenbilder nach Belieben zu täuschen, und was eine verlässliche Unterscheidung zwischen dem Zahn der Zeit und einem Wunder unmöglich machte. Das kam Guilford unnötig kompliziert vor – warum aber, wenn man es recht bedachte, sollte die Welt einfach sein? Vielleicht war es nur menschlicher Größenwahn zu glauben, man könne das ganze Universum mit all seinen

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