Darwinia
Kapitalbeschaffern des Instituts. Er hatte vor Kongressausschüssen geredet und hatte Freunde im Senat.
War das der Grund, warum sich die Gottheit für Randall interessierte? Einer Gottheit zu dienen, brachte es ironischerweise mit sich, dass man entweder das Wie oder das Wozu nicht verstand. Oft genug jedenfalls. Er ahnte lediglich, dass hier etwas auf dem Spiel stand, das seine eigenen Ambitionen zur Bedeutungslosigkeit verblassen ließ. Der ewige Ratschluss sah vor, dass er diesen beleibten Zyniker ins Vertrauen zog, und das genügte. Ich werde belohnt, dachte Vale. Das hatte die Gottheit versprochen. Ewiges Leben vielleicht. Und bis dahin ein gutes Auskommen.
»Krieg«, sagte Randall, »zumindest aber ein paar martialische Manöver, um die Briten in ihre Schranken zu weisen. Die Finch-Expedition… Sie haben davon gehört?«
»Aber sicher.«
»Sollte die Finch-Expedition von Partisanen attackiert werden, wird der Kongress Krach schlagen und den Engländern die Hölle heiß machen. Die Säbel werden nur so rasseln. Junge Männer werden sterben.« Randall lehnte sich vor, die Halslappen zerknittert und fleischig. »Das ist doch das Blaue vom Himmel. Ich meine, dass Sie mit den Toten reden können. Oder?«
Als öffne sich eine Tür. Vale lächelte nur. »Was glauben Sie?«
»Was ich glaube? Ich halte Sie für einen Hochstapler, der wie Seife duftet und weiß, wie man einer Witwe schmeichelt. Nichts für ungut.«
»Warum fragen sie dann?«
»Weil… weil die Umstände sich geändert haben. Sie wissen schon.«
»Ich bin mir nicht sicher.«
»Ich glaube nicht an Wunder, aber…«
»Aber?«
»So viel hat sich geändert. Politik, Geld, Mode – die Landkarte vor allem –, aber das ist nicht alles. Ich beobachte Leute, gewisse Leute, und da ist etwas in diesen Augen, diesen Gesichtern. Etwas Neues. Als hätten sie ein Geheimnis, das sie vor sich selbst hüten müssten. Und das macht mir Sorge. Ich begreife das nicht. Sehen Sie, Mr. Vale, eben noch war ich Skeptiker und jetzt bin ich Mystiker. Schieben Sie es auf den Bourbon. Aber ich frage Sie noch einmal. Reden Sie mit den Toten?«
»Ja. Ich rede mit ihnen.«
»Ehrlich?«
»Ehrlich.«
»Und was sagen Ihnen die Toten, Mr. Vale? Worüber reden die Toten?«
»Über das Leben. Das Schicksal der Welt.«
»Irgendwelche Einzelheiten?«
»Oft.«
»Tja, das ist mir ein Rätsel. Meine Frau ist tot, müssen Sie wissen. Letztes Jahr. Eine Lungenentzündung.«
»Ich weiß.«
»Kann ich mit ihr reden?« Er setzte sein Glas auf den Schreibtisch. »Ist das tatsächlich möglich, Mr. Vale?«
»Vielleicht«, sagte Vale. »Wir werden sehen.«
Kapitel Acht
Die Navy hatte in Jeffersonville ein Kanonenboot mit geringem Tiefgang liegen, das die Finch-Expedition so weit ins Landesinnere bringen sollte, bis der Rhein nicht mehr befahrbar war; doch die Abfahrt musste verschoben werden, als der Lotse und ein Großteil der Mannschaft an Kontinentalfieber erkrankten. Guilford wusste nur ganz wenig über die Krankheit. »Ein Sumpffieber«, erklärte Sullivan. »Strapaziös, aber nur selten tödlich. Die Verzögerung wird sich in Grenzen halten.«
Ein paar schwüle Tage später war das Dampfboot zur Abfahrt bereit. Guilford baute auf dem schwankenden, hölzernen Pier seine Kameras auf, die sperrige Trockenplattenkamera und die Rollfilmkamera. Die Photographie hatte seit dem Wunder keine großen Fortschritte gemacht; die langen Arbeitskämpfe von 1915 hatten Eastman Kodak für den größten Teil des Jahres lahmgelegt und die Hawk-Eye-Werke in Rochester waren bis auf den Boden abgebrannt. Dafür hatten beide Kameras ein modernes und elegantes Design. Guilford hatte etliche Platten von der Montana-Expedition koloriert und wollte mit der Ausbeute von Darwinia genauso verfahren, und daher machte er sich genaue Notizen:
Vierzehn Mitglieder der Expedition, Pier in Jeffersonville, Europa: v.l.n.r. stehend Preston Finch, Charles Curtis Hemphill, Avery Keck, Tom Gillvany, Kenneth Donner, Paul Robertson, Emil Swensen; v.l.n.r. kniend Tom Compton, Christopher Tuckman, Ed Betts, Wilson W. Farr, Marion (›Diggs‹) Digby, Raymond Burke, John W. Sullivan.
H’grund: Navy-Boot ›Weston‹, Rumpf graublau; J’ville-Hafen, Wasser türkis unter tiefblauem Himmel; Rhein-Marsch bei leichtem Nordwind, gold & grün & Wolkenschatten, 8 Uhr vormittags. Wir fahren ab.
Und so nahm die Reise unter einem rauen, blauen Himmel ihren Anfang (es schien immer Anfang zu sein,
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