Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Darwinia

Darwinia

Titel: Darwinia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
dann starben die ersten Tiere in der zweiten Salve.
     

     
    Guilford schlief, als der Angriff begann – träumte schon wieder von der Feldwache, seinem Alter Ego in Khakiuniform, das irgendeine dringende aber unverständliche Nachricht überbringen wollte.
    Der Marsch am Vortag war eine Strapaze gewesen. Die Expedition war ein paar schütter bewaldeten Bergkämmen und Schluchten gefolgt; sie hatten alle Hände voll zu tun gehabt, um die störrischen Tiere unter die Gewölbe der Moscheebäume zu bekommen, es war bergauf und bergab gegangen. Die Tiere fühlten sich durch den Wald beengt und brachten ihr Unbehagen durch Quäken, Rülpsen und Furzen zum Ausdruck. Die Luft stand still, und es stank fürchterlich und daran änderte auch der permanente Nieselregen nichts (wenn man davon absah, dass die Wolle der Tiere, wenn sie nass war, noch den Geruch von saurer Milch beisteuerte).
    Schließlich wurde das Land ebener. Der Regen hatte die Hochgebirgswiesen zum Blühen gebracht, falscher Klee öffnete die weißen Sternblüten, Schneeflocken im Sommer. Bei Sprühregen Zelte aufzuschlagen war eine Sisyphusarbeit, und das Essen kam aus der Büchse. Nach Einbruch der Dunkelheit brannte in Finchs Zelt noch eine Laterne – schrieb er noch, wie Guilford annahm, an seinen Theorien und suchte die Ereignisse des Tages mit der Dialektik seiner Neuen Schöpfungsgeschichte zu vereinen, während alle anderen zu Tode erschöpft in ihr Bettzeug krochen und sich der Stille überließen.
    Der östliche Horizont war matt blau, als die ersten Schüsse fielen. Guilford wachte von den Schreien und Salven auf. Er fingerte nach der Pistole, sein Herz hämmerte. Seit Keck diesen Monsterschädel gefunden hatte, trug er die Waffe geladen am Körper, aber er war kein guter Schütze. Er wusste, wie man sie abfeuerte, hatte aber noch nichts damit erlegt.
    Er rollte sich aus dem Zelt ins Chaos hinein.
    Der Angriff kam aus dem Gehölz im Osten, das als finstre Silhouette vor der Dämmerung stand. Keck, Sullivan, Diggs und Tom Compton bildeten eine Art Schützenlinie hinter den aufgehäuften Leibern von drei toten Wollschlangen. Sie feuerten sporadisch auf den Wald und suchten verzweifelt nach einem Ziel. Die übrigen Wollschlangen kreischten und rissen vergebens an ihren Stricken. Guilford sah zu, wie eines der Tiere zu Boden ging.
    Die anderen Mitglieder der Expedition stürzten kopflos aus ihren Zelten. Ed Betts lag tot neben dem heruntergebrannten Feuer, das Hemd scharlachrot vor Blut. Chuck Hemphill und Ray Burke krochen auf Händen und Füßen und schrien: »Auf den Boden! Runter mit dem Kopf!«
    Guilford krabbelte durch den Kreis aus zerfetzten Zeltplanen, um sich Sullivans Gruppe anzuschließen. Sie nahmen keine Notiz von ihm, bis er sich vorduckte und mit der Pistole in das düstere Gehölz feuerte. Tom Compton legte ihm die Hand auf den Arm. »Was man nicht sieht, kann man nicht treffen. Und wir sind zahlenmäßig unterlegen.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Die Mündungsfeuer.«
    Guilfords Schuss wurde mit einer ganzen Salve beantwortet. Die toten Tiere bebten unter den Einschlägen.
    »Jesus!«, sagte Diggs. »Was sollen wir tun?«
    Guilford warf einen Blick über die Schulter. Preston Finch war eben auf der Bildfläche erschienen, ohne Tropenhelm und Stiefel, die Brille mit den flaschenglasdicken Gläsern aufsetzend und mit der elfenbeinfarbenen Pistole in die Luft ballernd.
    »Wir geben Fersengeld«, sagte Tom Compton.
    »Unser Proviant«, sagte Sullivan. »Die Proben, die…«
    Das nahe Greinen einer Kugel unterbrach ihn.
    »Scheiß drauf!«, sagte Diggs.
    »Gebt den anderen ein Zeichen«, sagte Tom. »Mir nach!«
     

     
    Die Partisanen – wenn es denn welche waren – hatten das Camp umzingelt, aber auf dem unbewaldeten, westlichen Hang lauerten nur wenige, und die waren leichter außer Gefecht zu setzen. Guilford zählte mindestens zwei tote Gegner, Chuck Hemphill und Emil waren tot und Sullivan hatte eine Fleischwunde am Arm. Der Rest folgte Tom Compton in den Nebel der Schlucht, wo noch die Dunkelheit nistete. Es war ein zäher und qualvoller Weg, auf dem es nur eine Orientierung gab: die lauten Kommandos des Grenzers. Guilford rang nach Luft, seine Lungen brannten. Dunkelheit und Nebel boten keine sichere Deckung, und er glaubte die Verfolger nur Schritte hinter sich. Und wohin sollten sie sich wenden? Ein Gletscherbach teilte das Tal und die Wand dahinter war steil und felsig.
    »Hier entlang«, befahl Tom. Nach Süden, parallel

Weitere Kostenlose Bücher