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Darwinia

Darwinia

Titel: Darwinia Kostenlos Bücher Online Lesen
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vielleicht nur eine Seite darin oder ein Abschnitt?«
    »So warst du gedacht«, sagte er.
     

     
    Daran hatte ich natürlich schwer zu schlucken, zumal ich hellwach und all meiner Sinne mächtig war. Caroline, solltest du das jemals lesen, musst du denken, ich sei völlig übergeschnappt…
    Und vielleicht bin ich das ja auch. Es wäre mir fast lieber so.
    Ich frage mich nun, ob dieser Brief wirklich an dich gerichtet ist… an dich, meine ich, an die Caroline in Australien… oder an die andere Caroline, deren Bild ich mit in die Wildnis genommen habe und die mir Kraft gegeben hat.
    Vielleicht ist sie ja noch nicht völlig aus der Welt, diese Caroline. Vielleicht blickt sie dir ja beim Lesen über die Schulter.
    Begreifst du die Ungeheuerlichkeit dessen, was mir dieses Gespenst mitgeteilt hat?
    Behauptet – am helllichten Tag und unverblümt –, die Welt ringsherum, unsere Welt, deine und meine, sie sei nichts weiter als eine Illusion, abgespielt von einer Maschine am Ende der Zeit…
    Das ging weit über mein Fassungsvermögen hinaus, trotz meiner Wertschätzung der Herren Burroughs, Verne und Wells.
    »Besser kann ich es nicht erklären«, sagte der Wachsoldat. »Ich kann dich nur bitten, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen.«
    Und damit nicht genug. Wenn wir ein ›Geschichtsbuch‹ sind, Caroline, dann war jedes Ereignis, jede einzelne Handlung vorherbestimmt, eine rein mechanische Wiederholung der Vergangenheit – was wir normalerweise nie erfahren hätten.
    Doch das Psileben habe das System mit ›Chaos‹ (wie er sich ausdrückte) infiziert – was gleichbedeutend sei mit dem, was die Theologen den ›freien Willen‹ nennen!
    Was wiederum bedeute, so der Wachsoldat, dass aus dir und mir und allen anderen ›archivierten Modellen‹ bewusster Lebewesen nunmehr eigenmächtige, unberechenbare und moralische Entitäten geworden seien -Lebewesen, die wirklich leben; neue Lebewesen, die zu schützen vornehmste Aufgabe des Bewusstseins sei!
    So gesehen hat uns also die Psileben-Invasion aus einem maschinenartigen Dasein befreit… auch wenn uns das Psileben gleichsam als Geisel benutzt, um uns letztlich mit Stumpf und Stiel auszurotten.
    (Diese Psi-Entitäten erinnern unwillkürlich an die rebellischen Engel. Indem sie das Böse in die Welt brachten, haben sie uns zu sittlichen Geschöpfen gemacht – und müssen fortan bis aufs Messer bekämpft werden, obwohl sie uns befreit haben!)
     

     
    Wir redeten noch immer, als der Morgennebel längst verdunstet und der Tag aufgehellt war. Gegen Mittag nahm sich der Wachsoldat gespenstischer aus. Er warf einen Schatten, aber sein Schatten war heller als der meine.
    Schließlich stellte ich ihm die allerwichtigste Frage: Warum er hierher gekommen sei und was er von mir wolle?
    Seine Antwort war langatmig und beunruhigend.
    Er bat mich um Hilfe.
    Ich habe abgelehnt.
     

     
    Dr. Sullivan pflegte beim Debattieren mit Preston Finch häufig mit einem Berkeley-Zitat zu kontern. Ich habe die Worte nicht vergessen: »Dinge und Handlungen sind, was sie sind, und ihre Folgen werden sein, was sie sein werden; warum also sollten wir hoffen, uns getäuscht zu haben?« [40]
    Manchmal tun wir das allerdings, Caroline. Manchmal hoffen wir, uns zu irren.
     

     
    Vielleicht überrascht es dich, aber ich werde auf den Kontinent zurückkehren, ich liebäugele mit einer Siedlung am Mittelmeer:
    Fayetteville oder Oro Delta. Dort ist es warm und alles steckt noch in den Kinderschuhen.
    Doch ich erwähnte bereits, dass ich dich um einen Gefallen bitten möchte.
    Lebe dein Leben in Australien, Caroline. Ich weiß, dich drückt eine Bürde an Traurigkeit, die ich nie in der Lage war dir abzunehmen. Vielleicht ist es dir gelungen, sie ein für alle Mal abzuschütteln. Hoffentlich. Ich stelle deine Entscheidung nicht mehr in Frage, und ich werde Lily nicht uneingeladen aufsuchen.
    Aber bitte – tu mir diesen einen Gefallen – lass Lily nicht in dem Glauben, ich sei tot.
     

     
    Diese Post gebe ich einem Mr. Barnes mit, der auf einem Rotkreuzschiff nach Sydney angemustert hat, einem Flüchtlingstransporter. Ich habe ihm eingeschärft, diese Post an irgendeinen lebenden Verwandten von Lieutenant Colin Watson weiterzuleiten. Er wird alles unterlassen, was den Lieutenant militärisch kompromittieren könnte. Der Mann erscheint mir vertrauenswürdig und diskret.
    Dazugelegt habe ich meine Notizen, die ich auf dem Kontinent im Laufe des Winters gemacht habe. Betrachte sie als Briefe, die

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