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Darwinia

Darwinia

Titel: Darwinia Kostenlos Bücher Online Lesen
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neue Schlacht.
    Das alles nahm er unmittelbar wahr: den Schacht und seine eigene Inkarnation namens Guilford Law, den Kontinent, den einige Darwinia nannten; ja, sogar die veränderte Marslandschaft mit ihren ahistorischen Saat-Seelen, die um Autonomie rangen. Vergangene und künftige Krisen.
    Er konnte nicht eingreifen, nicht unmittelbar. Sich eine Inkarnation gefügig zu machen, wie es die Psionen taten, war undenkbar für ihn. Er respektierte die sittliche Freiheit der Saat-Leben. Sehr behutsam näherte er sich seiner Inkarnation. Er gab sich alle Mühe, sich auf das geistige Niveau dieses Guilford Law einzulassen… das schlichte, sterbliche Etwas zu werden, das er einst gewesen war.
    Es war schon sonderbar, den Kern des Ichs wiederzuentdecken, jenes chaotische Bündel aus Ängsten und Bedürfnissen und Ambitionen, den Keim allen Bewusstseins. Er dachte unter anderem:
    Das da war einmal ich. Das war einmal alles, was von mir existierte, verletzlich und allein und verängstigt, weit und breit kein anderes Ich. Ein Funke auf einem Meer an unbeseelter Materie.
    Eine Welle von Mitleid erfasste ihn.
    Er trat seiner Inkarnation unter die Augen, freilich nur als Phantom, etwas Handfesteres ließ die Ontosphäre des Archivs nicht zu. Eine Schlacht stehe bevor, erklärte er ihr. »Du hast eine Rolle zu spielen. Ich brauche deine Hilfe.«
    Seine Inkarnation hörte sich Guilfords schwerfällige Ausführungen an. Sie gerieten plump, primitiv, ungenau.
    Und dann wies sie ihn zurück.
     

     
    »Du kannst mir viel erzählen.« Was der jüngere Guilford ihm sagte, klang freimütig und endgültig. »Ich weiß nicht, wer oder was du bist oder ob du die Wahrheit sagst. Was du da von dir gibst, hört sich an wie finsteres Mittelalter – Geister und Dämonen und Ungeheuer, wie in einer Moritat aus dem zehnten Jahrhundert.«
    Das kindliche Bewusstsein war verbittert. Seine Frau hatte ihn verlassen. Er hatte Dinge erlebt, die seinen Horizont überstiegen. Er hatte seine Landsleute sterben sehen.
    Der ältere Guilford konnte ihn verstehen.
    Er erinnerte sich an Bois Belleau und Bouresches. Er erinnerte sich an ein Weizenfeld mit rotem Klatschmohn. Er erinnerte sich an Tom Compton, der im Feuer eines Maschinengewehrs starb. Er erinnerte sich an Kummer und an Leid.

 
Drittes Buch
     
JULI 1945

»For each age is a dream that is dying, or one that is coming to birth.« [41]
    - A. W. E. O’SHAUGHNESSY

 
Kapitel Sechsundzwanzig
     
     
     
    Im Tiefland von Kampanien hatte man viele alte Namen Wiederaufleben lassen. Die Bucht von Neapel öffnete sich nach wie vor auf das Tyrrhenische Meer, wurde immer noch vom Capo Miseno und der Halbinsel von Sorrent flankiert und immer noch von einem aktiven Vesuv beherrscht (obwohl ihn die ersten Siedler ›Old Smoky‹ genannt hatten). Der Boden konnte bestellt werden, das Klima war leidlich mild. Der trockene Frühlingswind, der von Nordafrika herüberwehte, hieß immer noch Schirokko.
    Die Siedlungen an den Hängen und auf den Hügeln trugen eigenwillige Namen: Oro Delta, Palaepolis, Fayetteville, Dawson City. Die Jünger des utopistischen Upton Sinclair hatten auf der früheren Insel Kapri ihr Mutualville gegründet, doch die streng konzipierte Kommune hatte im Laufe der Zeit Zugeständnisse an den Handel machen müssen. Der Hafen war inzwischen ausgebaut worden. Wo einst nur Fischerboote und Trawler gelegen hatten, gehörten jetzt amerikanische Öltanker zum Bild, Frachter aus Afrika und Schiffe, die Flüchtlinge aus den marodierenden Regionen Ägyptens und Arabiens brachten.
    Fayetteville war nicht die größte Siedlung an der Bucht. Heute war das Städtchen eher ein Ableger, den Oro Delta die Küste hinunterschickte, um Bauern und Landarbeiter zu versorgen. Das Tiefland war reich an Mais, Weizen, Zuckerrüben, Oliven, Nüssen und Hanf. Das Meer lieferte Docketfisch, Scheinkrabben und Salzsalat. Nichts Einheimisches wurde angebaut, aber die Gewürzläden waren voll mit Dingonüssen, Weinsamen und Ingwerflachs aus der Wildnis.
    Guilford gefiel der Ort. Er hatte erlebt, wie Fayetteville von der Grenzsiedlung der Zwanzigerjahre zu einem blühenden, relativ modernen Gemeinwesen herangewachsen war. Jetzt gab es Strom in Fayetteville und all den anderen neapolitanischen Orten. Straßenlaternen, gepflasterte Straßen, Gehsteige, Kirchen. Und Moscheen und Tempel für die Araber und Ägypter, die sich aber eher an das Hafenviertel von Oro Delta hielten. Ein Kino, das hauptsächlich Western zeigte und

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