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Das 2. Buch Des Blutes - 2

Das 2. Buch Des Blutes - 2

Titel: Das 2. Buch Des Blutes - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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eine tiefe Ehrfurcht hielt sie an der Stelle festgebannt. Sie wußten, daß dies ein Anblick war, den ein zweites Mal zu sehen sie sich nie erhoffen durften. Dies war der absolute Gipfel - danach kam nur mehr x-beliebige Erfahrung. Besser also standzuhalten, obwohl jeder Schritt den Tod näherbrachte, besser also standzuhalten und den Anblick zu genießen, solange er noch da war und sich sehen ließ. Und wenn es sie mordete, dieses Ungeheuer, dann hätten sie zumindest flüchtig ein Wunder geschaut, diese schreckliche Majestät einen kurzen Augenblick gekannt. Der Einsatz schien nur angemessen.
    Popolac war höchstens ein paar Schritte vom Haus entfernt. Sie konnten nun die Vielgestaltigkeit des Baugefüges ganz klar erkennen. Die Gesichter der einzelnen Bürger wurden in ihren Details allmählich deutlich: weiß, schweißnaß und zufrieden in ihrer Müdigkeit. Manche hingen tot in ihrem Gurtgeschirr, und ihre Beine schwangen hin und her wie bei Gehenkten.
    Andere, insbesondere Kinder, hatten aufgehört, ihrer Abrichtung Folge zu leisten. Sie hatten ihre Positionen gelockert, so daß die Form des Körpers entartete, rebellische Zellen wie Schwären auf ihm.
    Doch noch immer war das Stadtmirakel unterwegs, jeder Schritt eine unvorhergesehene Leistung an Koordination und Stärke.
    Rums..,
    Der Schritt, der das Haus zertrat, kam eher als sie dachten.
    Mick sah, wie das Bein angehoben wurde; sah die Gesichter der Menschen in Schienbein und Fessel und Fuß- sie waren jetzt so groß wie er: lauter hünenhafte Männer, dazu ausersehen, die volle Last dieser gewaltigen Schöpfung auf sich zu nehmen.
    Viele waren tot. Die Fußsohle war, wie er sehen konnte, ein Flickenteppich aus zermalmten und blutigen Leibern, zu Tode gequetscht unter dem Gewicht ihrer Mitbürger.
    Mit krachendem Getöse kam der Fuß herab.
    In Sekundenschnelle war das Haus zu Splittern und Staub verwandelt.
    Popolac löschte restlos den Himmel aus. Einen Moment lang war es die ganze Welt, Himmel und Erde. Bis zum Überfließen erfüllte seine Gegenwart die Sinne. Aus dieser Nähe konnte man es mit nur einem Blick nicht erfassen; das Auge mußte hin- und herschweifen über seine Masse, um es voll in sich aufzunehmen, und selbst dann weigerte sich der Verstand, die ganze Wahrheit anzuerkennen.
    Ein herumwirbelnder Steinbrocken, der vom Haus beim Einsturz weggeschleudert worden war, schlug Judd voll ins Gesicht. In seinem Kopf hörte er den vernichtenden Schlag wie den Aufprall eines Balls gegen eine Wand: ein Squash-Tod.
    Kein Schmerz, keine Reue. Aus - wie ein Licht, ein winziges bedeutungsloses Licht. Seinen Todesschrei verschluckte der Höllenlärm, seinen Leib verbargen Qualm und Finsternis.
    Mick sah und hörte Judd nicht sterben.
    Zu sehr war er damit beschäftigt, den Fuß anzustarren: wie er einen Augenblick lang in den Trümmern des Hauses zur Ruhe kam, während das andere Bein sich zur Fortbewegung entschloß.
    Mick versuchte sein Glück. Heulend wie ein Würgengel lief er auf das Bein zu, brannte darauf, das Ungeheuer zu umklammern. Er strauchelte in den Trümmern und kam wieder hoch, blutbefleckt, um nach dem Fuß zu greifen, bevor der angehoben wurde und er allein zurückblieb. Gleich einem Tumult durchschauerte zermartertes Gekeuch den Fuß, als an ihn der unwiderrufliche Bescheid zum Weitergehen erging. Mick sah die Schienbeinmuskeln sich bündeln und zusammenschließen, als das Bein anfing abzuheben. Er machte einen allerletzten Satz auf das Glied zu, als es begann, den Boden zu verlassen, und schnappte mit beiden Händen nach einem Gurtgeschirr oder einem Seil oder nach Menschenhaar oder blankem Fleisch - blindlings nach irgend etwas, um dies vorübergehende Wunder zu erhäschen und ein Teil davon zu sein. Besser war’s, mit ihm zu gehen, ganz gleich, wohin, ihm dienlich zu sein bei seinem Vorhaben, ganz gleich, was das sein mochte; besser, mit ihm zu sterben, als ohne es zu leben.
    Er bekam den Fuß zu fassen und fand einen festen Halt an seinem Knöchel. Er schrie seine nackte Verzückung hinaus bei diesem Erfolg, spürte zugleich die Aufwärtsbewegung des gewaltigen Beins und blickte durch den strudelnden Staub zu der beim Höherklimmen des Glieds schon entschwindenden Stelle hinunter, an der er gestanden hatte.
    Die Erde unter ihm war fort. Er fuhr als Anhalter bei einem Gott mit: Das Leben, das ihm noch verblieb, zählte jetzt, für sich genommen, nicht mehr. Er würde mit diesem Wesen leben, ja, dank ihm würde er leben - es vor Augen

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