Das 8. Gestaendnis
hüpfen.
»Okay, okay«, meinte Cindy. Sie lächelte Conklin zu, und ihre leicht vorstehenden Vorderzähne verliehen ihrem natürlichen Liebreiz eine zusätzliche, verletzliche Note. »War bloß Spaß. Aber das mit Bagman Jesus meine ich absolut ernst. Ihr haltet mich auf dem Laufenden, einverstanden?«
»Verlass dich drauf«, sagte ich, aber ich konnte mir nicht erklären, wieso Cindy Bagman Jesus für eine Berühmtheit und seinen Tod für einen Knüller hielt.
Ich sagte: »Cindy, jeden Tag sterben irgendwelche Obdachlosen …«
»Und alle scheren sich einen Scheißdreck darum. Verdammt noch mal, die Leute wollen , dass sie sterben. Genau darum geht es doch!«
Ich ließ Cindy und Conklin stehen und ging zu K. J. Grealish, der zuständigen Kriminaltechnikerin. Sie war jung, dunkelhaarig, mager und gerade dabei, sich vor lauter Stress die Lippen abzukauen.
»Seit siebenundzwanzig Stunden bin ich jetzt ununterbrochen auf den Beinen«, sagte sie, »und dieser Misthaufen von Tatort hier kann gut und gerne noch mal siebenundzwanzig Stunden dauern, ohne dass irgendetwas Sinnvolles dabei rauskommt. Also verraten Sie mir doch nochmal, wieso wir eigentlich hier sind.«
Nahverkehrszüge rumpelten vorbei, Staub wirbelte auf, Blätter fielen von den Bäumen, Zeitungen wehten in die Luft, und alles das sorgte dafür, dass noch mehr eventuelle Spuren am Tatort verwischt wurden.
Da ertönte eine Hupe. Der Wagen der Gerichtsmedizin jagte die Polizisten aus dem Weg. Er blieb mitten auf der Straße stehen. Die Tür ging auf, und Dr. Claire Washburn trat heraus. Sie stemmte die Hände in die Hüften oberhalb ihres üppigen Hinterns, strahlte mich mit ihrem Madonna-Lächeln an, und ich erwiderte ihr Lächeln. Dann ging ich zu ihr und umarmte sie.
Claire ist nicht nur die Leiterin des Gerichtsmedizinischen Instituts der Stadt San Francisco, sondern außerdem auch meine beste Freundin. Wir haben uns vor anderthalb Jahrzehnten gefunden. Damals war sie eine übergewichtige, schwarze Assistentin der Gerichtsmedizin und ich eine groß gewachsene Blondine mit Körbchengröße 34 D, die sich abmühte, das erste, grausame Jahr in der Mordkommission zu überstehen.
Es waren harte, sehr harte Jahre für uns beide gewesen, die wir versuchten, in einer Männerwelt unsere Arbeit zu machen.
Immer noch sprachen wir jeden Tag miteinander. Ich war die Patentante ihres kürzlich geborenen Babys und fühlte mich Claire näher als meiner eigenen Schwester. Aber jetzt hatten wir uns seit über einer Woche nicht gesehen.
Als wir uns aus unserer Umarmung lösten, wandte Claire sich an die Kriminaltechnikerin. »K. J.? Hast du das Opfer schon fotografiert?«
Grealish bejahte, und so schlüpften Claire und ich unter dem Absperrband hindurch. Es war nicht weiter verwunderlich, dass Cindy mitkam.
»Ist schon okay«, sagte ich zu Grealish. »Sie gehört zu mir.«
»Genau genommen«, flüsterte Cindy mir zu, »gehörst du ja zu mir .«
Wir umgingen die Blutspur, vorbei an diversen Fähnchen und Markierungen, dann stellte Claire ihre Tasche ab und beugte sich über die Leiche. Sie drehte Bagmans Kopf hin und her, betastete behutsam seinen Schädel, suchte nach Schürfwunden, Brüchen und anderen Verletzungen. Nach einer langen Pause sagte sie: »Heiliger Strohsack.«
»Jetzt lass doch mal dieses Medizinerkauderwelsch«, sagte ich zu meiner Freundin. »Reden wir wieder normal.«
»Wie üblich, Lindsay …«, Claire seufzte, »… gebe ich vor der Obduktion keine Äußerungen ab. Nur so viel … und zwar absolut inoffiziell, du Nachwuchsreporterin«, wandte sie sich an Cindy. »Ist das klar?«
»Ist ja gut, ist ja gut. Meine Lippen sind versiegelt. Mein Mund ist ein Safe .«
»Sieht ganz so aus, als ob euer Mann mehr als bloß eine üble Abreibung kassiert hat«, murmelte Claire. »Der arme
Schlucker hier hat zahlreiche Kopfschüsse abbekommen. Man hat aus kürzester Entfernung auf ihn geschossen, wahrscheinlich, bis das Magazin leer war.«
5
Die Ermordung eines Obdachlosen ist in der Prioritätsskala der Mordkommission auf Stufe null angesiedelt. Hört sich gnadenlos an, aber wir haben einfach nicht die nötigen Mittel, um Fälle zu bearbeiten, wo der Täter sowieso nie gefunden wird.
Conklin und ich saßen im Auto und sprachen genau darüber.
»Bagman Jesus wurde ausgeraubt, richtig?«, meinte Conklin. »Irgendein anderer Penner hat ihm die Seele aus dem Leib geprügelt, und als er sich gewehrt hat, da hat er ihn einfach umgenietet.«
»Was
Weitere Kostenlose Bücher