Der Reiz des Verbotenen - Page, S: Reiz des Verbotenen
PROLOG
London, April 1818
Nichts weckte ein derart heftiges Verlangen in einer Frau wie Geld …
Mit einem triumphierenden Lächeln betrachtete Lydia Harcourt die beiden geöffneten Briefe neben ihrem Teller. Glücklich vor sich hin summend goss sie etwas heiße Schokolade aus der Porzellankanne zu dem abgekühlten Rest in ihrer Tasse.
Die Briefe versprachen ihr großzügige Zuwendungen. Genug Geld, um ihre Rechnungen zu bezahlen – wenn sie es denn wollte. Schließlich ließen sich die Lieferanten, so verzweifelt wegen der ausstehenden Beträge, doch so leicht auch auf andere Weise befriedigen.
Sie griff nach dem Brief direkt vor sich und las ihn ein weiteres Mal, während sie, erfüllt vom Gefühl des sicheren Sieges, an der Schokolade nippte. Eintausend Pfund.
Obwohl aus Norton sicher mehr herauszuholen war. Vielleicht, wenn sie ihn ein wenig mehr unter Druck setzte …
Lydia setzte ihre Tasse zurück auf die Untertasse, gähnte entspannt und reckte sich ausgiebig. Es gab nur wenige Kurtisanen, die wie sie an die Zukunft dachten. Sie nahm den dritten Brief zur Hand, der mit der Morgenpost gekommen war. Dieser Fall versprach, ihr großer Coup zu werden.
Keiner ihrer Liebhaber hatte es jemals geschafft, seine Geheimnisse vor ihr zu verbergen. Ein Talent, das ihr nun zugute kam.
Eine rasche Bewegung mit dem Brieföffner, und sie hielt den dünnen Bogen in der Hand. Trotz seines Titels benutzte der Duke of Montberry das billigste Briefpapier. Er verschwendete auch nicht viel Tinte. Über die Seite lief eine einzige gerade Zeile.
Mach es bekannt und sei verdammt.
Montberry stand darunter, das M und das Y verschnörkelt.
Zum Teufel mit dem Mann! Ließ er es wirklich darauf ankommen, dass die vornehme Welt erfuhr, was für ein schrecklicher Langweiler er im Bett war? Dass alle um seine speziellen Vorlieben wussten? In der adligen Gesellschaft hielt man ihn für einen Helden. Für einen großartigen Mann, überlebensgroß, was seinen Charakter und seine Fähigkeiten betraf. Was wäre es für ein Spaß, wenn alle die Wahrheit über ihn hörten!
Sie warf die Briefe beiseite und schüttelte ihr offenes Haar aus. Rodesson mochte ihr Haar lose fallend, in schimmernde Wellen gelegt. Aus irgendeinem Grund frönte der exzentrische Künstler den fleischlichen Lüsten am liebsten vormittags. Beim Gedanken an die bevorstehende Begegnung wurde ihr Höschen feucht, und sie gestattete sich ein rachsüchtiges Grinsen, obwohl sie damit Falten riskierte. Es würde ihr eine Freude sein, Rodesson zu zerstören, nachdem er derart anzügliche Bilder von ihr gemalt hatte! Sie würde ihm nicht einmal die Möglichkeit geben, sie zu bestechen.
Vielmehr würde sie heute mit den Buchstaben R, S und T weitermachen. Sie blätterte das kleine, in Leder gebundene Buch durch, das rechts neben ihrem Teller lag. Glücklicherweise hatte sie sorgfältige Aufzeichnungen gemacht. Wenn es um einen Zeitraum von zwanzig Jahren ging, neigte eine Frau dazu, die Männer zu vergessen, für deren Vergnügen sie gesorgt hatte.
Insbesondere, weil so wenige ihr Vergnügen bereitet hatten.
Zwei Stunden später streckte sich Lydia auf ihrem Bett aus und ließ ihre Hand verführerisch über ihre nackten Kurven gleiten. Sie kniff in ihre Nippel und bewegte ihre Finger über ihren Bauch hinab in Richtung der hübsch getrimmten Locken.
Mit einem koketten Blick lockte sie ihren Gast, während sie innerlich siegesgewiss glühte, als sie den Schmerz bemerkte, der in seinen grünen Augen brannte. Es waren schöne Augen, die schmaler wurden, als er sah, wie ihre Säfte die Locken tränkten. Wie Morgentau hingen die Tröpfchen an den schwarzen Haaren.
Obwohl er fast sechzig war, das dichte Haar von reinem Weiß, war Rodesson ein gut aussehender, schlanker und muskulöser Mann. Die Falten in seinem Gesicht ließen ihn reif und sinnlich erscheinen. Als Künstler wusste er, dass Frauen Vergnügen an einem Liebhaber mit einem ästhetischen Körper fanden.
Wie gern sie laut gelacht hätte! Der große Rodesson, der sich wie ein Schoßhündchen zu ihren Füßen räkelte.
„Ich möchte dich fesseln“, sagte er mit heiserer Stimme.
Er war die Art Mann, der der Unterworfenen die Macht im Liebesspiel ließ. Er würde sie zu nichts zwingen, aber, die smaragdgrünen Augen feurig blitzend, wartete er darauf, herauszufinden, was sie zulassen und was sie selbst vorschlagen würde.
Eine Welle des Verlangens lief durch Lydias Körper und ließ sie noch feuchter werden.
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