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 Das Abkommen

Das Abkommen

Titel: Das Abkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyle Mills
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wenn ich ein Handtuch auf dem Kopf gehabt hätte, wäre ich mir wie ein Schwergewichtsboxer auf dem Weg zum Ring vorgekommen.
    Wie durch ein Wunder schafften wir es bis zum Eingang der Tabakarbeitergewerkschaft. Ich rannte hinein.
    Die Situation im Innern war nicht viel besser als draußen. Es wimmelte nur so vor Menschen: Sie quollen hinter Raumteilern hervor, saßen auf dem Boden, drückten sich in die Ecken. Fast jeder hielt ein Mobiltelefon ans Ohr gepresst und führte ein lautes, engagiertes Gespräch.
    »Willkommen im Fegefeuer«, begrüßte mich Anne. Sie stieg über eine am Boden kniende Frau, die einen Stapel Papier durchging.
    Ich wies mit dem Daumen auf die Tür hinter mir. »Ein paar von den Leuten da draußen wollten mich umbringen!«
    »Das glaube ich dir aufs Wort.« Sie bedeutete mir, ihr zu folgen. Während wir durch das Gebäude gingen, zeigte sie auf einen Mann, der Kabel durch die Decke zog. »Die Leitungen, für die wir die Telefonnummern veröffentlicht haben, sind hoffnungslos überbelegt.«
    Ich muss etwas ängstlich ausgesehen haben, denn sie fügte hinzu: »Fast die Hälfte aller Anrufe sind positiv.«
    »Und was hatte die andere Hälfte zu sagen?«
    Sie gab mir keine Antwort, und da ich es eigentlich gar nicht wissen wollte, wechselte ich das Thema. »Hast du die Vorstandsmitglieder von Terra erreichen können?«
    Es war keine Überraschung gewesen, dass die Machtprobe mit meinem Vater nicht sonderlich gut verlaufen war. Nach unserem unergiebigen Gespräch hatte er mich von den Sicherheitsbeamten aus dem Gebäude werfen lassen. Alle hielten es für das Sinnvollste, dass Terra sich mit der Gewerkschaft verbündete und das fortsetzte, was Trainer begonnen hatte. Doch das würde mein Vater nicht ohne erbitterten Kampf zulassen. Er hatte sein neues Büro bekommen, weil er sich entschieden gegen diese Strategie ausgesprochen hatte, und wenn er jetzt eine Kehrtwendung machte, war es sehr unwahrscheinlich, dass er sich als Vorstandsvorsitzender halten konnte. Wahrscheinlich würde man ihm wieder seine alte Stelle als Firmensyndikus geben, und wenn die Tabakindustrie den Kampf nach juristischer Immunität gewonnen hatte, würde sein langsamer, aber unaufhaltsamer Abstieg beginnen.
    »Ja. Ich habe mit allen geredet«, sagte Anne.
    »Wirklich? Ich dachte eigentlich, die meisten würden einen Anruf von uns gar nicht annehmen.«
    »Da hast du dich geirrt. Ich habe mit jedem Einzelnen geredet.«
    »Was haben sie gesagt? Sind sie mit einer Besprechung einverstanden?«
    Sie nickte.
    »Und wann? Klappt es diese Woche noch?«
    »Ich glaube schon.«
    »Tu, was du kannst. Diese Sache ist so wacklig wie ein Kartenhaus.«
    »Wie wäre es mit heute?«
    »Ich bewundere deinen Optimismus, aber ich bezweifle, dass dir das gelingt.«
    Der Vorstand bestand aus einigen der reichsten und mächtigsten Leute des Landes. Irgendwie glaubte ich nicht, dass sie alle in ihre Privatjets springen und hierherfliegen würden, um sich mit einem zweiunddreißigjährigen Hochstapler zu treffen.
    »Lädst du mich zum Essen ein, wenn ich es schaffe?«
    »Abgemacht.«
    »Und wo?«
    Mir fiel ein, dass Larry bei meiner Einstellung kein Wort über mein Gehalt verloren hatte. Es war gut möglich, dass ich ohne Bezahlung arbeitete. »Es muss vielleicht McDonald’s sein.«
    »Du hast verloren. Sie warten seit einer Stunde im Konferenzraum auf dich.«
    Ich blieb abrupt stehen, und eine Frau mit einem Arm voll Postern nutzte die Gelegenheit, um an uns vorbeizuflitzen.
    »Wie bitte?«
    »Sie warten seit einer Stunde auf dich. Im Konferenzraum.«
    Plötzlich überkam mich ein leichter Anflug von Panik, ein Gefühl, gegen das ich mich inzwischen schon immun geglaubt hatte. Anne musste es gespürt haben, denn sie lächelte und ließ die zweite Bombe platzen.
    »Und in Larrys Büro warten Angus Scalia, John O’Byrne und die Leiter einiger anderer Anti-Tabak-Organisationen auf dich. Sie warten schon seit zwei Stunden. Wenn ich du wäre, würde ich zuerst mit ihnen reden – ich glaube, sie sind gerade dabei, Angus umzubringen.«
    Ich überlegte, welche Möglichkeiten ich hatte: O’Byrne und seine Kohorten, die sich in den letzten zwei Stunden mit Sicherheit von Angus Scalia hatten anhören müssen, warum sie eine Verschwendung von Humanmasse waren, oder den Vorstand, dessen Mitglieder es überhaupt nicht gewohnt waren, dass jemand sie warten ließ – insbesondere nicht Menschen wie ich. Keine der beiden Möglichkeiten kam mir sonderlich

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