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Das Alabastergrab

Titel: Das Alabastergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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und
bedeutete seiner Haushälterin, den Besuch vorzulassen. Altbischof Griebel war
immer noch außerordentlich rüstig für sein Alter und von herausragender
Gesundheit. Nur die Augen wollten nicht mehr so, wie er wollte, weshalb er mit
einer starken Brille nachhelfen musste. Eigentlich brauchte er auch keine
Haushälterin, aber da die Kirche sie ihm bezahlte, fand er sich mit ihr ab. Im
Grunde seines Herzens nervte ihn das geschwätzige Weib ganz gehörig. In seiner
dunklen Robe ging er in die Mitte des Raums, um den Gast willkommen zu heißen,
den seine Haushälterin als Hauptkommissar Haderlein vorstellte.
    »Sie dürfen sich jetzt zurückziehen, Gertrud«, wies er seine
Haushälterin an, die keine Anstalten machte, sie allein zu lassen. Widerwillig
verließ sie nach der Aufforderung das Zimmer. Wenn schon mal jemand
Interessantes vorbeikam, hätte sie auch gerne gewusst, warum. Meistens
passierte hier rein gar nichts.
    »Sie müssen entschuldigen, Herr Kommissar«, sagte Altbischof Griebel
mit resigniertem Gesicht. »Dieses aufdringliche Weibsstück bringt mich noch ins
Grab.«
    Haderlein schmunzelte, beschloss aber, nicht auf die Bemerkung einzugehen,
sondern erst mal die Formalien einzuhalten.
    »Schön wohnen Sie hier, Herr Bischof«, begann er. »Ist das ein
besonderes Haus?«
    »Nun, nur eine alte Villa aus der Gründerzeit. Sie gehört der
Diözese Bamberg. Man hat mir die Ehre erwiesen, dieses Anwesen samt
Haushälterin als privates Altersheim einzurichten.« Der Bischof a.D. ließ
Haderlein Platz nehmen und setzte sich selbst ihm gegenüber in einen alten,
hochlehnigen Sessel.
    Der Hauptkommissar blickte sich im Raum um. Er kam sich vor wie bei
seinem lang zurückliegenden Besuch in Rom. In den Palästen rund um das Forum
Romanum waren die Zimmer ähnlich prunkvoll gewesen. Dieser Raum hier hatte eine
Raumhöhe von über fünf Metern, schätzte er, vor allem die Decke war reichhaltig
verziert. Beeindruckend.
    »Was kann ich denn für Sie tun, Herr Kommissar?«, fragte Bischof
Griebel ruhig und blickte ihn aus leicht wässrigen Augen an.
    Haderlein überlegte. Es war ein spontaner Entschluss von ihm
gewesen, den Bischof zu besuchen. Genau wusste er zwar nicht, was er ihn fragen
wollte, aber es konnte auf jeden Fall nichts schaden, so viele Informationen
wie möglich zu sammeln. Den ganzen Weg über zur alten Villa des Bischofs im
Haingebiet in Bamberg hatte er versucht, sich einen passenden Einstieg für das
Gespräch zurechtzulegen, doch er war von anderen Umständen ausgegangen. Der
Altbischof des Bistums Bamberg war kein klappriger, alter Herr, sondern ein
jung gebliebener Klerikalrentner mit wachem Verstand. Anschreien, damit er auch
all das mitbekam, musste man den bestimmt nicht.
    »Das ist gar nicht so einfach«, gab Haderlein zu, »aber es gibt in
Bamberg zwei Menschen, die umgebracht wurden. Die Gründe dafür liegen noch im
Dunkeln, was heißt, dass wir noch keine Spur haben, die zu einem Verdächtigen
führt.«
    Der Bischof blickte ihn schweigend und unbewegt an. Dann runzelte er
die Stirn, so als habe er nur ein bisschen Zeit gebraucht, um die Informationen
zu verarbeiten.
    »Nun, ich habe von der Geschichte in der Zeitung gelesen. Es geht um
Angler und Bootsfahrer, wenn ich mich recht entsinne. Aber inwieweit kommt da
die katholische Kirche und insbesondere meine Person ins Spiel, Herr
Kommissar?«, wollte Griebel wissen.
    Ja, das war tatsächlich eine sehr gute Frage, musste Haderlein
zugeben. Er trat die Flucht nach vorne an und kramte die Kopie einer
Zeitungsseite hervor.
    »Diesen Ausschnitt habe ich auf dem Schreibtisch des ersten Opfers
gefunden«, erklärte Haderlein und reichte ihm den Artikel, in dem auf einem
Foto der Bischof mit dem damaligen Regens Kolonat Schleycher abgebildet war. Es
handelte sich um die Verabschiedung Schleychers als Seminarleiter des
Ottonianums in den siebziger Jahren.
    Der Altbischof nahm das Papier, setzte seine Brille auf und studierte
die Seite langsam und sorgfältig. Als er sie dem Kommissar zurückgab, spiegelte
sich eine gewisse Ratlosigkeit auf seinem Gesicht wider.
    »Ich erinnere mich gut daran, Herr Kommissar. Das war eine kurze
Zeremonie, mit der der damalige Leiter des erzbischöflichen Knabenseminars
verabschiedet wurde. Das war in den Siebzigern, wenn ich mich nicht irre. Aber
ich wüsste nicht, was diese Begebenheit mit Ihrem Mordfall zu tun haben
könnte.«
    »Warum wurde Kolonat Schleycher damals eigentlich entlassen? Auf dem
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