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Das Alabastergrab

Titel: Das Alabastergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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Geschmacksvielfalt im Oberfränkischen. Woanders
wurde schließlich auch gutes Bier gebraut, pflegte er selbstlos und ehrlich
seinen Gästen zu erzählen.
    Heute hatte er mit seiner Frau beschlossen, am Wochenende die
Bamberger Sandkerwa zu besuchen. Sein ältester Sohn war bereits in die
Fußstapfen des Vaters getreten und hatte eine Brauerlehre im elterlichen
Betrieb begonnen, sodass er am Wochenende zum ersten Mal die Wirtschaft und den
Laden mit Ausschank und Küche allein schmeißen würde. Pankraz Peulendorfer war gespannt,
ob sein Junior alles allein hinbekommen würde, freute sich aber zuvorderst auf
den freien Abend mit seiner Frau. Freizeit war in dem Familienbetrieb ansonsten
eher ein Fremdwort.
    Jetzt musste er jedoch noch mal richtig ran. Abends würde es wieder
voll in der Gaststube werden, und bis dahin hatte er sich noch um seinen Sud zu
kümmern. Die Frau war mit den Kindern zum Basketball nach Bamberg gefahren und
würde sicher nicht vor Mitternacht nach Hause kommen. Heute blieb wirklich alle
Arbeit an ihm hängen. Peulendorfer seufzte einmal schwer, stand dann auf und
begab sich zu seinen Gästen und seinem Bier.
    *
    Lagerfeld war unter Missachtung sämtlicher
Geschwindigkeitsbegrenzungen die neue Autobahn nach Bamberg entlanggerast. Überraschenderweise
war der Bamberger Stadtverkehr ihm dann so freundlich gesonnen, dass er
verdächtig früh den Spezi-Keller erreichte. Sogar das größte aller Wunder, ein
freier Parkplatz in der Nähe, war passiert. So begab es sich also, dass Bernd
Schmitt völlig unvorbereitet und ahnungslos, aber auf jeden Fall pünktlich zu
seiner Sportfischer-Prüfung erschien. Um wenigstens ein bisschen auf Prüfung
und Spickzettel zu machen, hatte er sich seinen Vernehmungsblock unter den Arm
geklemmt.
    Ausnahmsweise schien sein äußeres Erscheinungsbild hier kein
optisches Ereignis darzustellen, welches beim Gegenüber Augenkrebs auslöste,
nein, unter den Anglern konnte er sich sogar allen Ernstes als dezent gekleidet
bezeichnen. Um ihn herum standen hauptsächlich Männer, die teils tarnfarbene
Latzhosen, schrille T-Shirts oder auch ganzkörperkondomähnliche Anglerkleidung
trugen. Lagerfeld war erleichtert, er konnte sich also ungestört unters
Anglervolk mischen. Um Kontakte zu schließen, pickte er sich eine Gruppe von
drei Prüflingen heraus, die schon etwas älter waren, und stellte sich dazu.
    »Na, auch nervös?«, fragte er gleich mal unverfänglich in die Runde.
    »Geht so«, stellte ein bleichgesichtiger Rothaariger ihm gegenüber
fest. »Und, wo kommst du her?«
    »Aus Coburg«, antwortete Lagerfeld, ohne lügen zu müssen. »Unsere
Prüfung ist abgesagt worden wegen dem Tod vom Rast. Deswegen sind da alle
ziemlich durch den Wind.«
    »Der Rast, dieser Idiot, der hätte mal besser nicht so angeben
sollen«, erzürnte sich daraufhin sein linker Nachbar, ein schwarzhaariger
Angelkandidat von circa dreißig Jahren. »Erst große Töne spucken, er hätte die
Bootsfahrer im Sack, und dann passiert nichts. Der Angeber.«
    »Du spinnst doch«, echauffierte sich sein rothaariges Gegenüber.
»Ohne den Rast würden die Kanufahrer doch machen, was sie wollen, oder? Wenn du
mich fragst, stecken die hinter allem, und die waren es auch, die den Edwin
umgebracht haben.«
    »Ihr redet vielleicht ein Blech zusammen«, stieg nun auch der Dritte
der Gruppe auffallend ruhig ins Gespräch ein. Er war mit Abstand der Älteste
und auch der Größte.
    »Wieso Blech?«, wollte Lagerfeld neugierig wissen.
    Der Große mit den langen, verfilzten Rastalocken schaute auf seine
Schuhe und meinte dann: »Ich hab so was läuten hören – von Erpressung und so. Und
so was geht nie gut. Der Rast und der Graetzke haben sich das selber
eingebrockt, wenn ihr mich fragt. Wer alles oder nichts spielt, muss sich im
Zweifel halt auch mit nichts begnügen können.«
    Bevor Lagerfeld nachhaken konnte, wurden sie leider schon in die
Gaststube des Spezi-Kellers gebeten, und jeder suchte sich einen Platz. Der
Kommissar setzte sich direkt vor den großen Fenstern auf eine Bank, von der aus
man in Zeiten der Muße einen wunderschönen Blick nach draußen werfen konnte.
Doch Muße war das Letzte, was Lagerfeld im Moment vergönnt war, denn wenige
Augenblicke später legte ihm jemand die Prüfungsbögen und einen Bleistift auf
den Tisch.
    Erpressung?, schoss es ihm noch kurz durch den Kopf, dann läutete
ein Gong die Prüfungszeit ein. Stirnrunzelnd widmete sich Lagerfeld der ersten
Frage.
    *
    Haderlein

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