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Das Alabastergrab

Titel: Das Alabastergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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reichlich lange trainiert haben. Der hält jetzt schon die Luft an,
seit wir hier sind. Und auf meiner Uhr ist das schon mehr als das Vierfache.«
    *
    Kommissar Haderlein öffnete die Augen und sah an die Decke. Kein
Zweifel. Er war zu Hause, und jemand dudelte Beethoven neben seinem Bett. Zudem
war seine Decke verschwunden. Beethoven? Verdammt, das war doch sein Handy!
Blitzschnell rollte er sich auf die Seite und tastete den Boden nach dem
Telefon ab. Aus den Augenwinkeln sah er sein kleines Ferkel am Fußende des Bettes
neben der Decke sitzen. Er zögerte nur einen Moment ob der etwas unwirklichen
Situation, aber dieser Moment war einer zu viel, denn Beethoven verstummte, und
das Handy wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben.
    »Was soll denn der Blödsinn, Riemenschneider?«, rief er seinem
Hausschwein zu. »Es ist Sonntag, und ich habe das Recht, auszuschlafen. Wenn
ich mich überhaupt am Tag des Herrn aus dem Bett erhebe, dann nur, um die
Toilette aufzusuchen, ist das klar?«
    Aber Riemenschneider rührte sich nicht, sondern schaute ihn
weiterhin unverwandt und starr an.
    Haderleins Blick fiel auf die Uhr. Halb acht. Mitten in der Nacht
wurde man also von seinem Schwein und einem Handy aus dem Schlaf gerissen. Er
seufzte. Da hatte er sich und seinem Leben eine Frau und Kinder sozusagen
erspart, aber dafür offensichtlich gegen ein Ferkel und Handy eingetauscht.
Tolle Alternative.
    »Riemenschneider, ich geh jetzt aufs Klo, und dann sehen wir
weiter«, stellte er das kleine Schwein vor vollendete Tatsachen und trollte
sich Richtung Bad davon. Er ließ sich auf der Schüssel nieder, gähnte und
durchdachte seine momentane häusliche Situation. Das mit Riemenschneider konnte
so nicht weitergehen. Aber wohin mit ihr? Im Tierheim wollte man sie nicht
nehmen, und bei einem Bauern würde sie bloß als Spanferkel enden. Das konnte er
ihr nun auch nicht antun.
    Er stöhnte laut auf. Vorletzte Woche hatten seine Kollegen ihm das
Ferkel als Geschenk zum fünfundzwanzigjährigen Dienstjubiläum überreicht. Damit
er weiterhin so viel Schwein mit seinen Fällen habe, stand auf der
Glückwunschkarte, die sie der armen Riemenschneiderin um den Hals gebunden
hatten. Inzwischen hatte er herausgefunden, dass das Ferkel bei irgendeinem
mysteriösen Einsatz übrig geblieben war, während er Urlaub gehabt hatte. Den Rest
des feuchtfröhlichen Jubiläumsabends hatte er dann in seiner Wohnung mit der
Diskussion darüber verbracht, wie das Ferkel heißen sollte. Kommissar
Lagerfeld, sein Kollege, war auf die glorreiche Idee gekommen, im »Deutschen
Buch der Vornamen« nachzuschlagen, das bei Haderlein im Schrank stand.
Allerdings war besagter Kollege schon so benebelt, dass er danebengriff und
stattdessen die »Enzyklopädie der deutschen Kunstgeschichte« in seinen Händen
hielt. Einer rief: »Los!«, Haderlein rief: »Stopp!«, und Lagerfeld tippte blind
in die Mitte des Buchs auf den Kunstschnitzer Tilman Riemenschneider. Und da
niemand mehr Lust verspürte, noch länger über den Taufnamen eines weiblichen
Ferkels zu brüten, wurde es beschlossen und verkündet. Das Schwein wurde in
einem feierlichen Akt mit Bier getauft, und Haderlein wurde eine Taufurkunde
überreicht. Am nächsten Tag, als der Hauptkommissar mit schwerem Kopf erwachte,
hatte er eine neue Mitbewohnerin namens Riemenschneider am Bein, die grunzte
und von nun an jeden Morgen Gassi geführt werden musste. Das war vor gut zwei
Wochen gewesen.
    Gassi! Ihm fiel es wie Schuppen von den Augen. Deswegen saß
Riemenschneider vor dem Bett! Nun gut. Haderlein würde sich die Morgentoilette
schenken und erst mal mit dem Schwein um die Ecke gehen, bevor noch Schlimmeres
passieren konnte. Er warf sich seinen Bademantel über, schlüpfte in die
Hausschuhe, schnappte sich Riemenschneiders Leine, ging zur Haustür und öffnete
sie.
    Draußen stand Kommissarkollege Lagerfeld, die Hand erhoben, um die
Klingel zu betätigen.
    »Guden Morchen, Chef. Gud, dass Sie scho wach sin. Aber wieso gehn
denn Sie net ans Handy? Ich hab fei ewich klingeln gelassd.«
    Lagerfeld also. Lagerfeld bedeutete Unheil. Haderlein sah seinen
heiligen Sonntag in weite Ferne rücken. Er musste das drohende Unheil unbedingt
abwenden.
    »Was wollen Sie, Lagerfeld? Es ist Sonntag, und ich habe eigentlich
frei.« Ihm schwante Übles. Aus purer Freundlichkeit kam Lagerfeld bestimmt
nicht vorbei.
    »Mir ham an Fall, Chef. Wie geht’s denn der Riemenschneiderin?«
Grinsend tätschelte er das kleine Schwein.
    Das

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