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Das Alabastergrab

Titel: Das Alabastergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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Weder die Form der Haartracht noch die
Gestaltung von Sonnenbrillen im Dienst war klar geregelt. Also war Lagerfeld
eben Lagerfeld geblieben. Man konnte von ihm halten, was man wollte, im Grunde
seines Herzens war er eine Seele von Mensch und ein Tollpatsch. Auch wenn ein
Fettnapf nur zu ahnen war, Lagerfeld, so viel war sicher, würde ihn finden und
darin versinken. Er fand sogar dort Fettnäpfe, wo für Normalmenschen keine
waren. Lagerfeld war der typische Mann fürs Grobe, und wenn’s um fränkische
Spezifikationen ging, geradezu unersetzlich. Eigentlich war er ein wirklich
guter und engagierter Kriminalbeamter, aber eben manchmal etwas sehr direkt und
vor allem sehr fränkisch.
    »Dürfte ich mal die Erkenntnisse der Spusi vermelden, wenn’s recht
wäre?«, holte eine Stimme Haderlein aus seinen Gedanken zurück.
    »Ja natürlich, schießen Sie los«, gab er schleunigst zurück. Vor ihm
stand der diensthabende Beamte Ruckdeschl der Abteilung »Big Brother«, wie sie
im internen Jargon genannt wurde. Heute war er etwas undezent in Neopren
gekleidet, als Accessoires fungierten die typischen Tauchgeräte. Während er die
Aluminiumflasche ablegte, wanderte sein ungemütlicher Blick hektisch zwischen
ihm und Lagerfeld hin und her. Haderlein vermutete, dass die Spurensicherung
die Idee mit dem Sekt nicht gutgeheißen hatte.
    »Also, unsere wertvollen Erkenntnisse sind eigentlich ziemlich
schnell erzählt, wenn nicht wieder kleinere Festivitäten den Ablauf stören«,
krähte er Haderlein angriffslustig entgegen, zog ihn unauffällig, aber bestimmt
auf die Seite und bedeutete ihm, direkt am Ufer stehen zu bleiben. »Also«,
wiederholte Ruckdeschl seinen schwergewichtigen Satzanfang und fuchtelte mit
dem rechten Arm unbestimmt in Richtung Pegelpfeilerleiche, während seine Augen
unruhig über die Notizen flogen, die eine knappe DIN-A 4-Seite bedeckten. »Also, die Leiche ist männlich und
irgendwas um die fünfundvierzig Jahre alt, würde ich sagen. Todeszeitpunkt
würde ich mal auf Mitternacht plus/minus zwei Stunden festlegen. Ohne der
Autopsie vorgreifen zu wollen, tippe ich mal zu neunundneunzig Prozent auf
Ertrinken.«
    »Sakrament, ist der aber schwer!«, wurde er zwischenzeitlich von den
restlichen Mannen der Spusi unterbrochen, die mit tatkräftiger Hilfe Lagerfelds
die Leiche ins Trockene zogen und sie vorsichtig ins Ufergras betteten.
    »Schauen wir uns den Gegenstand Ihrer Untersuchungen doch mal
genauer an«, beschloss Haderlein und machte dem Spurensicherer ein Zeichen, ihm
zu folgen. Widerwillig schleppte Ruckdeschl sich und seine Tauchausrüstung
zwölf Meter weiter, ohne seine wertvollen Notizen wegzustecken. Wohin auch.
    »Die Leiche scheint im Prinzip völlig unversehrt zu sein.« Haderlein
musterte den leblosen Körper und beugte sich interessiert über den Hinterkopf.
»Aber hier ist eine Riesenbeule«, bemerkte er.
    »Genau. Von einem stumpfen, runden Gegenstand.« Ruckdeschl setzte
einen triumphierenden Blick auf.
    »Lagerfeld, kommen Sie doch mal her!«, schnauzte Haderlein jetzt
unwirsch seinen jungen Kollegen an, der gerade im Begriff war, sich den letzten
Rest der Sektflasche zu Gemüte zu führen. Theatralisch seufzend stellte
Lagerfeld die Flasche auf einen Stein zurück und folgte der Aufforderung seines
Chefs.
    »Also, Lagerfeld, Sie werden sich jetzt weiteren Alkohol im Dienst
verkneifen, den Leichnam nachher mit in die Anatomie nach Erlangen begleiten
und unserem Lieblingspathologen, Herrn Siebenstädter, bei der Autopsie
beiwohnen. Anschließend werden Sie mir einen lückenlosen Bericht über diese
Person liefern.« Er deutete mit einem Kopfnicken auf den Toten. »Wie er heißt,
wo er wohnt, seine Lieblingsbonbons und wie oft er wo am Tag auf die Toilette
ging. Und diese Informationen habe ich komplett – ich wiederhole: komplett –
morgen früh um neun Uhr auf meinem Schreibtisch liegen. Haben Sie mich
verstanden, Lagerfeld?«
    Ernst Ruckdeschl grinste erst Haderlein und dann Lagerfeld
hochzufrieden an, der mit offenem Mund dastand, als hätte ihm gerade jemand
erklärt, der Weihnachtsmann sei leider nur erfunden.
    »Aber heute ist doch Sonntag!« Lagerfeld schaute seinen Chef flehend
an, aber Haderlein verharrte in unverminderter Strenge und bewegungslos an
seinem Platz und blickte ihn nur unmissverständlich an. »Und wieso der Autopsie
beiwohnen, Chef? Ich will mir des net anschauen, wenn der aufgeschnitten wird.
Wahrscheinlich werden die da sowieso nix finden. Der is ersoffen,

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