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Das Alabastergrab

Titel: Das Alabastergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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Kopf wieder auf ihre ausgestreckten Vorderfüße. Mit einem
Mal ertönte eine laute Melodie. Beethovens Neunte. War alles vielleicht doch
kein Traum gewesen?
    Behände sprang sie auf und drückte sich bebend gegen die eichene
Eingangstür. Das kleine Herz klopfte ihr bis zum Hals. Verdammt. Hastig warf
sie Blicke in sämtliche Ecken des Flurs, aber nirgendwo war ein Mann mit gelben
Zähnen und Flinte zu entdecken. Doch wo kam dann die Musik her? Sie nahm ihren
ganzen Mut zusammen und schlich mit kurzen Trippelschritten der Quelle der
Sinfonie entgegen. Vorsichtig lugte sie ins Wohnzimmer und grunzte. Gott sei
Dank. Es war nur das Telefon. Der Kommissar hatte offensichtlich mal wieder den
Rufton geändert. So eine Schweinerei. Seit er einen Computer und Internet
besaß, machte er sich an langen Sommerabenden anscheinend einen Spaß daraus,
Klingeltöne runterzuladen. An sich eine Vorliebe von verpickelten Teenagern,
aber wenn man ein gelangweilter Single war …
    Einerseits war Riemenschneider ob dieser Entdeckung wieder beruhigt,
andererseits bemächtigte sich des Schweins plötzlich ein ziemlich unangenehmer
Druck auf die kleine, aber wohlgefüllte Blase. Das Greifenklau-Bier verlangte
unaufschiebbar nach Ausgang. Als gut erzogenes fränkisches Ferkel lehnte das
kleine Schwein es natürlich kategorisch ab, verdautes Bier an Möbelstücken zu
entsorgen, also musste sie unbedingt raus. Vorsichtig nahm sie das neue Handy
zwischen die spitzen Zähne und kletterte die Stufen zum kommissarischen
Schlafzimmer hinauf. Dort legte sie das Telefon neben das Nachtkästchen in der
Hoffnung auf den Boden, dass die inzwischen sehr laut abgesonderte neunte
Sinfonie zum Erwachen des Herrn und Meisters führen würde. Aber nichts da.
Kommissar Haderlein schlief den Schlaf des Gerechten und harrte konsequent des
natürlichen Erwachens. Die Melodie hatte aufgehört und Beethoven versagt.
    Riemenschneider griff zum letzten ihr bekannten Mittel, stellte die
kurzen Vorderfüße auf die Oberkante des original japanischen Futonbetts und
zerrte langsam, aber beharrlich die leichte Sommerdecke auf den Boden. Sie
hatte das in einem dieser alten Schwarz-Weiß-Filme im Fernsehen gesehen, die
ihr Kommissar so liebte. Da hatte es einen Hund namens Lassie gegeben, der das
andauernd gemacht hatte. Sie war ziemlich beeindruckt gewesen, und da
Riemenschneider schließlich weitaus intelligenter als so ein blöder Hund war,
stellte das Nachahmen für sie kein Problem dar.
    Sie wartete. Alles Weitere lag nun nicht mehr in ihrer Hand,
allerdings bald in Form einer gelblichen Pfütze auf dem gedielten
Schlafzimmerboden, wenn nicht schnell etwas passieren würde. Bellen wäre jetzt
nicht schlecht, überlegte sie, aber da! Es tat sich etwas. Ein Fuß bewegte
sich.
    *
    Kommissar Haderlein fiel die plötzliche Kühle unangenehm auf.
Außerdem hatte anscheinend jemand das Radio angedreht, denn Beethoven dudelte
in Endlosschleife durch sein Gehör. Ziemlich nervig, das Ganze. Er fingerte
verzweifelt nach der Decke, um die Temperatur wieder zu erhöhen. Weg. Was
sollte das? So konnte er jedenfalls nicht weiterschlafen. Es war doch Sonntag,
Sommer, und er hatte dienstfrei. Aber so würde er nie weiterträumen. Es war zu
laut und zu kalt. Kommissar Haderlein beschloss notgedrungen, aufzuwachen.
    *
    »So, hier machen wir Pause«, bestimmte ihr Vater, der
Expeditionsleiter, kurz entschlossen. Er hatte von der ganzen Hektik dieses
Urlaubs bereits die Nase gestrichen voll. Seit sie vor drei Tagen aus dem Zelt
gekrochen waren, ging irgendwie alles schief. Der Main führte nun endgültig
Niedrigwasser, der Pegel leuchtete rot und deutlich, und damit durften sie mit
dem Boot nicht weiterfahren und saßen auf dem Campingplatz in Ebensfeld fest.
    Seine dreizehnjährige Tochter fand das alles natürlich gar nicht
lustig. Schon im Vorhinein hatte sie keine wirkliche Lust auf Bootfahren
gehabt, doch jetzt wollte sie nur noch heim. Eigentlich am liebsten in einen
Ferienclub auf die Kanaren so wie ihre beste Freundin und deren Eltern. Denn so
ein Boot hatte kein Internet, es gab keine Disco in der Nähe, und zu guter
Letzt hatte ihr ihr Vater auch noch das Handy verboten. Super!
    »Wir verbringen eine Woche in der Natur. Ganz ohne diese verdammte
Zivilisation«, hatte er verkündet.
    Mama hatte auch gewollt, dass sie mal aus dem Haus verschwanden, und
fand die Idee mit der Bootstour ziemlich gut. Keine Unterstützung in der ganzen
Familie. Und jetzt saß sie hier allein mit

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