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Das Alabastergrab

Titel: Das Alabastergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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    Peter 69: Okay. Is alles gelaufen wie geschmiert. Sind im Plan. Wie
    siehts bei euch aus?
    Rosenstolz: Das mach ich einmal und nie wieder. Nur damit das gleich
    klar ist!!!!!!!!!
    Peter 69: Was is mit Glühwurm?
    Rosenstolz: Keine Ahnung. Aber du weißt ja dass er lieber alles
    1000prozentig macht. Ich versuch jetzt zu schlafen. Kann nicht mehr.
    Rosenstolz: (Logout)
    Peter 69: Glühwurm bist du da? Hallo?
    Peter 69: (Logout)
    *
    Edwin Rast war fassungslos. Sie hatten es tatsächlich gewagt und Hand
an ihn gelegt. An ihn, den allmächtigen dunklen Fürsten des Anglerimperiums.
Sie hatten ihn, Edwin Rast, an den nagelneuen Pegelpfeiler unter der Kemmerner
Brücke gebunden. Weit weg von seinem Angelplatz in der Ebinger Flur. Sein Kopf
war genau auf Höhe der rot-grünen Markierung angesiedelt, das Wasser reichte
ihm bis zur Brust, und ihm war vollkommen klar, was sie mit ihm vorhatten. Über
ihm thronte die Kemmerner Mainbrücke, die zu zwei der beliebtesten Biergärten
im Landkreis führte, die heute, an einem lauen Sommerabend, mit Sicherheit mit
Biertrinkern und Brotzeitessern nur so vollgestopft waren, welche wiederum
permanent über die Brücke heimwärts torkelten. Er bräuchte also nur zu rufen,
und irgendjemand käme zu ihm herunter, würde nachfragen, was hier los sei, und
ihn befreien. Aber erstens wäre das kein leichtes Unterfangen, da der Pfeiler
mitten im Wasser stand, und zweitens würde er mit einem Hilferuf seiner eigenen
Blamage nur Vorschub leisten. Binnen kürzester Zeit würde eine Volksversammlung
im Gange sein, Scheinwerfer würden ihn ins rechte Licht setzen, Zeitungsfritzen
ihn interviewen, irgendein Schlaumeier würde kurzfristig einen Bratwurststand
eröffnen, er wäre der König der Idioten und würde übermorgen die Titelseite der
Bamberger Zeitung zieren. Oh nein. Damit würde ihn der gesamte Landkreis nicht
mehr ernst nehmen. Überall, wo er später dann auftauchte, würde man ihm ein
Badetuch reichen und sich vor Lachen wiehernd am Boden wälzen. Sein Mythos als
Anglergott wäre vernichtet, sein imagetechnisches Lebenswerk zerstört. So
nicht, Brüder der Sonne! Er musste die Zähne zusammenbeißen und noch ein, zwei
Stunden durchhalten. Dann erst würde er sich bemerkbar machen, und ein später,
mitleidiger Biergartenheimgänger könnte klammheimlich und ohne großes Aufsehen
zu erregen, die Nachbarn oder die Frau rufen. Alles halb so wild. Nach
vollbrachter Rettung würde er dem Mann großzügig für den nächsten
Kelleraufenthalt zwanzig Euro in die Hand drücken und Schwamm drüber. Nur noch
ein paar Stunden. Auch wenn der Main sommerlich angewärmt war, kroch ihm die
Kälte nun doch unter seine gummierte Anglerausrüstung und in die Knochen. Aber
er würde durchhalten. Nicht mit mir, Kameraden! Er musste nur seine brodelnde
Wut aufrechterhalten, und keine Wasserkälte der Welt würde ihm irgendetwas
anhaben können. Zum Glück tat sich Edwin Rast mit dem Wütendsein sehr leicht.
    Aber irgendetwas an seinem wohldurchdachten Zeitplan schien nicht
ganz zu stimmen. Bis jetzt hatte er noch keinen einzigen Kellergänger gehört,
und das war mehr als merkwürdig. Normalerweise machten die Heimkehrer immer
Lärm. Und wenn sie schon nicht zu hören waren, dann doch wenigstens zu riechen.
Aber auch das ferne, unbestimmte Gelächter und Parkplatzgetue der Biergärten
war nicht zu vernehmen. Sollte es schon so spät sein? Aber er war doch relativ
früh am Abend, um neunzehn Uhr, an seinem Angelplatz gewesen. Verdammt, war es
vielleicht doch schon weit nach Mitternacht? Die wärmende Wut verließ ihn. An
ihrer statt machte sich ein kaltes Gefühl der Angst in seiner Magengegend
breit. »Hilfe!«, schrie er jetzt, ohne nachzudenken. »Hilfe, ich bin hier
unten! Hört mich denn keiner?« Aber seine Rufe verhallten ungehört in der
Nacht. Nichts rührte sich. Keine Lichter gingen an, keine Menschen eilten zu
seiner Rettung herbei. Die Ortschaft Kemmern lag im Tiefschlaf, und jede Art
von Krawall, falls er denn bemerkt worden wäre, wäre den Biergärten und damit
der Normalität zugeschrieben worden. Schreiende Spinner gab’s im Sommer
schließlich zu jeder Tages- und Nachtzeit. Edwin Rast wurde panisch. Zwar war
er es als Angler gewohnt, stundenlang stur auf das Wasser zu starren, aber a)
konnte er dann bestimmen, wann er das Gehirn wieder hochfuhr, und b) war
normalerweise ein Fisch an dem Ende der Nahrungskette, an dem er sich gerade
befand.
    *
    Kriminalhauptkommissar Franz Haderlein hatte

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