Das Ambulanzschiff
größere Tiere in ihre Fallen. Doch die Tiere an der Oberfläche wurden ständig größer und viel zu kräftig, als daß sie ein Blinder allein mit seinem Stachel ernsthaft hätte verletzen können. Daher waren sie gezwungen, in Fragen der Nahrungsbeschaffung zusammenzuarbeiten, woraus sich bald größere Projekte wie das Sammeln von Nahrungsmitteln und das Anlegen von Vorratslagern ergaben, was letzten Endes zum Bau ganzer unterirdischer Städte mit Nahrungssilos und weitgespannten Kommunikationsnetzen führte. Sie „redeten“ tatsächlich miteinander und lehrten ihre Jungen durch Berührung. Sie entwickelten sogar Methoden, die es ihnen möglich machten, Vibrationen über größere Entfernungen hinweg zu spüren und so in Kontakt zu bleiben.
Die Blinden konnten Vibrationen im Boden und in der Atmosphäre fühlen, und mit Hilfe von Verstärkern und Transformatoren waren sie sogar in der Lage, Licht zu „fühlen“. Sie entdeckten das Feuer und das Rad und die Verwendung von Funkfrequenzen, indem sie diese in Berührungsmechanismen umwandelten, und schon bald überzogen große Funkstationen die Oberfläche des Planeten, die es ihnen ermöglichten, größere Reisen zu unternehmen, die sie in mechanischen Transportmitteln durchführten. Als sie die Möglichkeiten des angetriebenen Fluges entdeckten, starben eine große Zahl von Blinden, die damit experimentiert hatten, und sie zogen es danach vor, in Kontakt mit der Planetenoberfläche zu bleiben, denn sie waren noch immer völlig blind.
Das bedeutete aber nicht, daß sie sich dieses Mangels nicht bewußt geworden wären. Nahezu alle Wesen ihrer Welt waren in der Lage, kleinere und größere Strecken zurückzulegen, ohne unbedingt Windrichtung und Vibrationen, die von größeren Objekten hervorgerufen wurden, fühlen zu müssen. Doch sie besaßen kein wirkliches Verständnis, was dieser Sinn des Sehens sein konnte. Zu diesem Zeitpunkt machte die zunehmende Verfeinerung und Ausweitung ihrer weitreichenden Fühlsinne sie auf das Vorhandensein vieler komplexer Vibrationen aufmerksam, die sie von jenseits ihrer Welt erreichten.
Das hieß, es gab intelligente und möglicherweise wissendere Wesen, die diese Vibrationen hervorriefen und die ihnen möglicherweise helfen konnten, diesen Sinn zu verstehen, den offensichtlich alle Wesen außer ihnen besaßen.
Viele der Blinden starben, als sie sich ihren Weg in den Weltraum erkämpften, zunächst zu ihren Schwesterplaneten, doch schließlich lernten sie, zwischen den Sternen zu reisen, die sie nicht sehen konnten. Unter großen Schwierigkeiten und mit zunehmender Hoffnungslosigkeit suchten sie nach intelligentem Leben, fühlten vergeblich nach jeder Welt, die sie besuchten, bis sie schließlich den Planeten fanden, auf dem die Beschützer der Ungeborenen lebten.
Die Beschützer …
Sie hatten sich auf einer Welt mit seichten, dampfenden Seen, Sümpfen und Dschungeln entwickelt, wo die Grenzlinie zwischen tierischem und pflanzlichem Leben, was physische Mobilität und Aggression anbetraf, nicht immer eindeutig war. Um überleben zu können, mußte eine Lebensform sich schnell bewegen. Die dominanten Spezies dieser Welt konnten ihren Platz nur durch Kämpfen und Schnelligkeit verteidigen und außerdem, indem sie neue Generationen mit einem noch größeren Überlebenspotential hervorbrachten als die anderen Rassen.
Bereits in einem sehr frühen Stadium ihrer Evolution hatte die Wildheit ihrer Umgebung ihnen eine physiologische Gestalt aufgedrängt, die den vitalen Organen ein Maximum an Schutz bot – Gehirn, Herz, Lungen, alles lag tief im Innern eines muskulösen und dick gepanzerten Körpers und war zu einem relativ geringen Volumen zusammengepreßt. Während einer Schwangerschaft war die Verdrängung all dieser Organe sehr groß, denn der Embryo mußte zu vollkommener Reife heranwachsen, bevor er geboren wurde. Nur selten überlebten sie die Geburt eines dritten Kindes; ein altes, schwangeres Wesen war normalerweise zu schwach, um sich selbst gegen die Angriffe seines Letztgeborenen wehren zu können.
Doch der Hauptgrund dafür, daß die Beschützer zur dominanten Lebensform ihrer Welt geworden waren, bestand darin, daß die Jungen bereits gut ausgebildet und mit dem zum Überleben nötigen Erfahrungsschatz zur Welt kamen. In der Dämmerung ihrer Evolution hatte dieser Prozeß einst als simple Transmission einer komplexen Anzahl von Überlebensinstinkten auf genetischer Ebene begonnen, doch die große Nähe von
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