Das Amulett der Pilgerin - Roman
mit seiner weichen, hellen Stimme und lächelte zufrieden.
»Es war Rinaldo, der Glück gehabt hat. Ich habe kaum zum erfolgreichen Ausgang dieser Angelegenheit beigetragen«, schaltete sich Julian ein. »Rinaldo war derjenige, der Thorn gefunden hat, und er war auch derjenige, der sich nicht mit unsinnigem Gerede aufgehalten hat, als wir euch auf dem Weg zum Boot verfolgten.«
»Du bist auch dort gewesen, Rinaldo?«, fragte Viviana.
Der Spanier nickte.
»Ihr beide wart so mit euch selbst beschäftigt, ich bin einfach an euch vorbeimarschiert.«
»Unglaublich!« Viviana schüttelte den Kopf.
»Ich hatte das Glück, Rinaldo wiederzufinden, gerade als er das Boot klargemacht hatte.«
»Und ich hatte das ›Glück‹, Thorn wiederzufinden, gerade als ich mich aus dem Staub machen wollte.« Viviana lachte. »Oder besser, er hatte das Glück, mich wiederzufinden.«
»Ich glaube, das ist nicht wirklich glücklich für ihn ausgegangen«, meinte Rinaldo mit einem Blick auf das dunkle Wasser der Themse.
• 32 •
S ie hatten das Ufer fast erreicht. An der Kaimauer, von der aus Simeon und Terrence abgelegt hatten, standen Menschen.
»Da ist Emmitt«, sagte Julian.
»Das wurde aber auch Zeit!«, brummte Simeon, dessen Kopf eine gigantische Beule zierte.
Terrence, der gefesselt im Boot lag, versuchte, über die Bordwand zu sehen.
»Emmitt? Bist du sicher?«
»Wieso?« Simeon blickte Terrence misstrauisch an. »Was hast du mit ihm gemacht?«
Terrence antwortete nicht.
Sie legten an, und Emmitt und zwei weitere Agenten aus Westminster halfen ihnen aus dem Boot. Terrence und der Bootsmann wurden sofort abgeführt. Julian umarmte Simeon. »Danke für deine Hilfe, alter Freund.«
Emmitt trat von einem Fuß auf den anderen.
»Sir, der Kardinal will Sie sofort sprechen. Er ist an der anderen Anlegestelle. Uns war nicht klar, wo Sie anlanden würden.« Er blickte sich um. »Wo ist Thorn?«
»Er ist über Bord gegangen und konnte nicht schwimmen.«
Ein zufriedenes Lächeln huschte über Emmitts junges Gesicht.
»Es ist gut, schwimmen zu können. Ich bin am Severn aufgewachsen und schwimme wie ein Fisch.«
Julian blickte ihn neugierig an.
»Ich kann auch dann noch schwimmen, wenn man mir von hinten was über den Kopf schlägt!«
»Deine Verspätung ist entschuldigt«, sagte Simeon.
Julian klopfte Emmitt auf die Schulter.
»Du wirst ein sehr guter Agent werden, Emmitt! Danke für deine Hilfe.«
Emmitt errötete.
»Sir, der Kardinal.«
»Der muss noch einen Moment warten. Geht schon vor. Simeon hat eine Schulterwunde, die versorgt werden muss.«
Julian drehte sich zu Viviana um.
»Wo ist Rinaldo?«
»Er ist dort drüben.« Sie zeigte auf eine Schenke, wo gerade die Holzläden an den Fenstern aufgeklappt wurden. »Er hat noch nichts gegessen!«
Sie blickten einander an. Julian strich zärtlich mit der Hand über Vivianas Wange.
»Du hast das alles auf dich genommen, nur um mich zu retten?«
»Nein, habe ich nicht.«
»Doch, das hast du.«
»Nein.«
Julian legte den Kopf schief.
»Na ja, vielleicht habe ich das für dich gemacht«, gab sie zu.
Julian lächelte. Sie erwiderte sein Lächeln, doch es war ein wenig traurig.
»Wahrscheinlich habe ich es deshalb gemacht, weil du an das Gute in mir glaubst.«
Julian nahm Vivianas Hand.
»Und da ist auch Gutes in dir.«
Wieder huschte das traurige Lächeln über ihr Gesicht.
»Es ist aber nur ein kleiner Teil, täusche dich nicht.«
»Viviana, kannst du nicht …«
Sie legte ihm den Finger auf die Lippen.
»Nein, Julian. Ich kann nicht ändern, wer ich bin. Es würde niemals gut gehen zwischen uns. Du weißt das, und ich weiß es auch.«
Er nahm sie in die Arme und drückte sie an sich.
»Und überhaupt bin ich eine Feindin des Reiches, hast du das schon vergessen?«, murmelte Viviana an seiner Brust. Eine kleine Weile standen sie nur da, und keiner sprach. Dann löste sie sich aus der Umarmung.
»Du kannst jetzt nicht gehen, ich habe doch noch so viele Fragen«, versuchte Julian sie zurückzuhalten.
»Du hast deine Liste, und ich muss jetzt fort.«
Er schloss gequält die Augen.
»Mach es mir doch nicht so schwer, Julian. Dein Zuhause ist hier, und du weißt, ich kann nicht bleiben.«
Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und gab ihr einen Kuss auf den Mund, zärtlich und unendlich traurig. Dann ließ er sie los. Viviana wandte sich um und lief die Gasse hinauf. Nach ein paar Schritten drehte sie sich um und winkte. Sie hob ihren zerrissenen
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