Das Amulett

brannte.
    »Vierzig Schritt voraus sind ein paar von den Armbrustschützen«, erklärte Khalldeg.
    Calissa zögerte keinen Augenblick und warf die Röhrchen mit aller Kraft.
    Ul‘goth fegte einen weiteren Gnom von der Brücke und sah die beiden brennenden Geschosse an sich vorbeifliegen. »Armbrustschützen!«, brüllte Khalldeg ihm zu; Ul‘goth schalt sich für seinen Leichtsinn – er hatte nicht bedacht, dass die Gnome sich mit Pfeilen wehren könnten. Für einen neuen Plan war es allerdings zu spät. Er konnte nur hoffen, dass die Explosion sie ausschalten würde.
    Skadrim riss erschrocken die Augen auf, als zwei grelle Lichtpunkte auf sie zugeflogen kamen. Kurz, bevor die beiden Geschosse sie erreichten, ertönte weiter vorne auf der Brücke ein ohrenbetäubenden Knall, und die Wucht der Explosion ließ die Brücke erzittern. Gleich darauf landeten die beiden Lichtpunkte zwischen den Armbrustschützen, und zwei weitere Donnerschläge folgten.
    Seine Armbruster wurden von der Wucht der Explosion von dem schmalen Steg gefegt. Er selbst verlor den Halt unter den Füßen und konnte sich gerade noch mit einer Hand an der Klippe festhalten.
    Ul‘goth wurde mit einem harten Ruck nach hinten gerissen, als Khalldeg vor der Explosion zurückweichen musste. Er verlor beinahe das Gleichgewicht, doch zu seinem Glück waren die Gnome von den grellen Donnerschlägen abgelenkt und versäumten die Gelegenheit, einen tödlichen Treffer zu landen.
    Khalldegs lautes Fluchen verriet ihm, dass die Brücke die Explosion überstanden hatte.
    Der Ork drehte sich um und rannte zurück. Der Stein war an mehreren Stellen eingerissen, aber größtenteils noch heil. Ul‘goth zögerte nicht lange und holte weit über den Kopf aus. »Lass mich nicht fallen«, wiederholte er an den Zwerg gerichtet und schlug auf die beschädigte Stelle ein. Der Hammerkopf ließ Funken in alle Richtungen aufstieben, während Ul‘goth wieder und wieder auf die schmale Steinbrücke einhieb.
    Khalldeg nickte grimmig und zog sich weiter zurück.
    »Renn voraus, Calissa«, sagte er. »Such nach einer Möglichkeit, den Durchgang zu versperren und mach es.«
    »Aber was wird aus euch?«, fragte sie entsetzt.
    Khalldeg blieb ihr eine Antwort schuldig. Stattdessen stemmte er die Füße in den Boden, so fest er konnte, und packte das Seil mit beiden Händen. Calissa schüttelte trotzig den Kopf, drehte sich um und rannte zum Ausgang, als ein letzter, mächtiger Hieb auf die Brücke niedersauste und einen fast fünfzehn Fuß langen Abschnitt zum Einsturz brachte.
    Ul‘goth stürzte haltlos in die Tiefe, ehe ihn ein starker Ruck aufhielt. Khalldeg stand auf den Überresten der Brücke und versuchte verzweifelt, Halt zu finden, da der schwerere Ork ihn unweigerlich vorwärts zog.
    Ul‘goth bemerkte, dass sein Gewicht drohte, sie beide in den Abgrund zu reißen. Er hielt den mächtigen Kriegshammer fest umschlossen – ohne die Waffe wollte er nicht in die Niederhöllen stürzen. Seine freie Hand suchte verzweifelt nach einem Messer, doch er trug keines bei sich.
    Die tiefe Falte trat auf seine Stirn, als er seine Möglichkeiten durchging. »Du weißt, was du zu tun hast, also tu es!«, brüllte er schließlich.
    »Pah!«, war die Antwort des dickköpfigen Khalldegs.
    »Schneid mich los und rette dich, bevor es zu spät ist!«
    »Halt die Klappe, ich denke nach!«, erwiderte Khalldeg. Ich lasse keinen Freund zurück , dachte er. Ja, wahrhaftig, dieser Ork ist mein Freund geworden. Ungläubig schüttelte er den Kopf. Wer hätte das gedacht.
    »Sei vernünftig!«, forderte Ul‘goth eindringlich, als er eine Handbreit tiefer sank.
    »Ich lasse keinen Freund sterben.«
    »Dann sei mein Freund, tu es für mich!«, flehte Ul‘goth.
    Der Zwerg biss sich auf die Unterlippe. Diese verfluchten Gnome! Mögen ihnen Furunkel am Hintern wachsen! Verfluchtes Donnerpulver! Dreimal verfluchte Steinbrücke! ›Sei mein Freund‹, sagt er. Einen Freund sterben lassen? ›Sei mein Freund‹ ...
    Khalldeg hob Königstöter über den Kopf und ließ die Waffe in einem mächtigen Schwung niederschnellen.
    * * *
    Immer noch wich Dergeron zurück. Die Macht des Paladins ließ ihn erzittern, und Pharg‘inyons unentwegte Schmerzensschreie drohten, seinen Verstand zu zerreißen. Nur seine geschulten Reflexe verhinderten einen tödlichen Treffer.
    »Hier endet es«, sagte Tharador, und seine Worte fühlten sich seltsam beruhigend an. Es war Tharador, der sprach, doch seine Stimme klang fremd,