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Das Amulett

Das Amulett

Titel: Das Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan R. Bellem
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es schon immer die Aufgabe des Zweiten, die Schande unserer Sippe zu tilgen, die Baldrokk, der Verräter über uns brachte.«
    Amoshs Kehle entrang sich ein tiefes Seufzen. Sein Vater hatte diesen Eid geleistet, und bis zu seiner Erfüllung würden noch viele Zweitgeborene in den Tod gehen. »So frage ich dich, Khalldeg«, fuhr Amosh nach einer endlos scheinenden Pause fort, »nimmst du den Schwur deiner Ahnen auf dich und wirst für deine Sippe kämpfen?«
    Khalldeg antwortete, ohne zu zögern: »Für die Sippe, das werde ich.«
    Amosh trat näher zu ihm und legte väterlich eine Hand auf die Schulter seines geliebten Sohnes. Khalldeg schluckte schwer, als er bemerkte, wie sein Vater mehrere Tränen wegblinzelte. Amoshs Bart wirkte stumpf und ungepflegt, nicht leuchtend rot wie sonst. Der Zwergenkönig hatte tiefe Falten unter den Augen, und die Mundwinkel hingen beinah schlaff herab. Er umarmte Khalldeg lange und drückte den jungen Zwerg so fest an sich, wie er konnte.
    »Wo soll ich ihn aufhängen, mein Sohn?«, fragte er und unterdrückte dabei ein Schluchzen.
    Khalldeg versuchte, ihm tröstend in die Augen zu blicken. »Häng ihn neben Onkel Khulldrak«, sagte er schließlich. »Er soll dir tagsüber leuchten und dich an mich erinnern.«
    »Niemals könnte ich dich vergessen«, antwortete Amosh. »Mein Herz bricht ...«, mehr brachte der König nicht hervor; Tränen liefen über seine Wange und verschwanden in seinem roten Bart.
    Khalldeg übergab den Fackelhalter seinem Vater und zog laut hörbar die Nase hoch.
    »Beginne, Bulthar«, sagte Amosh schließlich und kehrte auf seinen Thron zurück. Er versuchte, sich seine Trauer nicht anmerken zu lassen, doch er liebte seine Kinder einfach zu sehr. Und dass er Khalldeg wahrscheinlich niemals wieder sehen würde, stürzte ihn in tiefe Trauer.
    Bulthar trat gemessenen Schrittes an seinen kleinen Bruder heran, in der Hand ein scharfes Rasiermesser. Er setzte an, und die erste schwarze Locke von Khalldegs unbezähmbarem Haarschopf schwebte geräuschlos zu Boden.
    »Wir sagen Lebewohl zu unserem Sohn und Bruder Khalldeg!«, rief Amosh mit zitternder Stimme. »Und wir heißen den Berserker Khalldeg willkommen.«
    Vorsichtig befühlte Khalldeg den kahl geschorenen Kopf und nickte dann grimmig. Schließlich brachten ihm seine Brüder die Ausrüstung. Jeder trug ein Teil, lief dann zurück und holte ein weiteres, bis sie ihm alles überreicht hatten. Amosh und Bulthar halfen dem jungen Zwerg beim Anziehen der schweren Rüstungsteile. Khalldeg hatte darauf bestanden, den Schuppenpanzer, den ihm Amosh vor zehn Jahren geschmiedet hatte, zu tragen und die traditionelle Rüstung des Berserkers darüber. Bulthar hatte den Eisenharnisch zu diesem Zweck etwas größer angefertigt.
    Khalldeg bereitete sich schon lange auf diesen Tag vor. Er hatte härter und länger geübt als die übrigen Zwerge und hatte nie so viel Zeit in das Schmiedehandwerk investieren müssen, da das heutige Ereignis seit seiner Geburt vorherbestimmt war.
    Baldrokk hatte die Zwerge vor vielen Jahrzehnten verraten und die Gnome gegen sie in den Krieg geführt. Niemand wusste, weshalb Baldrokk sich damals den Monstern anschloss oder woher die Gnome selbst gekommen waren, doch schließlich hatten sie die Zwerge in einen zermürbenden Krieg gestürzt. Damals schwor Gulmar, dass es bis zum Tod seines Bruders die Aufgabe des Zweitgeborenen jeder folgenden Generation sein sollte, sich Baldrokk im Kampf zu stellen und die Schande der Sippe auszumerzen. Letztendlich erschlug Baldrokk Gulmar, und die Zwerge mussten fliehen. Gulmars Krone ging verloren. Die Krone, die Grimmon angeblich selbst geschmiedet hatte, blieb zurück. Nachdem Khalldegs Onkel Khulldrak vor vielen Jahren aufgebrochen war, ohne je zurückzukehren, lag es nun an ihm, die Aufgabe anzunehmen.
    Bulthar übergab Khalldeg die beiden Berserkermesser, die gefürchtete Waffe der Berserkerzwerge: ein Schlagring, an dem ein Axtblatt befestigt war, mit schräg nach vorn abstehenden Stacheln an den beiden Enden. Khalldeg hatte die letzten vierzig Jahre gelernt, mit ihnen umzugehen, und es gab keinen Zwerg, der ihm im Kampf gewachsen war. Amosh war stolz auf seinen Sohn, der die Tradition der Berserker mehr als angemessen weiterführen würde.
    Schließlich übergab der König seinem Sohn noch eine schwere, doppelköpfige Zweihandaxt, die traditionelle Waffe der Zwerge, die Khalldeg auf seine Reise mitnehmen wollte.
    Der junge Zwergenprinz bewegte prüfend die

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