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Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition)

Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition)

Titel: Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia B. McConnell
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einem Erwachsenen ohne Frustrationstoleranz heran. Frustration entsteht schließlich letzten Endes aus Erwartungen. Wenn wir nicht für jeden unserer Versuche eine Belohnung erwarten, wie zum Beispiel an einem Spielautomaten, sind wir auch nicht frustriert, wenn unser erster Versuch zu nichts führt. Wenn wir aber eine Reaktion erwarten, wie zum Beispiel von einem Getränkeautomat, in den wir gerade Geld geworfen haben, sind wir frustriert, wenn nichts passiert. Vor ein paar Jahren hatte ich einmal in einer Zeitung gelesen, dass jemand mit einem Revolver auf einen Getränkeautomaten gefeuert hatte, weil der nach Geldeinwurf keine Cola produzieren wollte. Ich habe öfter beobachtet, wie ansonsten freundliche Menschen Getränkeautomaten mit Fußtritten traktieren, und auch ich fühlte mich ein- oder zweimal in der Versuchung, das zu tun (OK OK, ich gebe es zu, ich habe es einmal getan). Frustration ist ein Auslöser für Aggression – fragen Sie mal jemanden, der mit sexuellem Missbrauch in Familien zu tun hat. Auch wenn die meisten von uns als Erwachsene nicht gewalttätig werden, so ist uns doch allen in Aggression übergehende Frustration ein bekanntes Gefühl.
    Das gleiche gilt für Domino, dessen hysterisches Fensterbellen mehr mit Frustration als mit allem anderen zu tun hat. Domino wollte die anderen Hunde gar nicht angreifen, als er sie die ersten Male durch das Fenster sah, sondern nur hinausgehen und mit ihnen spielen. Da er das nicht konnte, begann er zu bellen, um das Gewünschte zu erreichen. Aber egal, wie sehr er bellte – er bekam nicht, was er wollte, und das konnte er einfach nicht ertragen. Domino trat gegen den Getränkeautomaten, und Beth war ihm in seiner miesen Laune in die Quere gekommen.
    Inwieweit man akzeptieren kann, wenn Menschen oder Hunde die Kontrolle über ihre Emotionen verlieren, hängt von deren Alter ab. Es ist nicht beunruhigend, ein zweijähriges Kind mit vor Wut knallrotem Gesicht lauthals schreien zu sehen, weil gerade sein Eis aus der Waffel und auf den Bürgersteig gefallen ist. Aber wenn Kinder größer werden, erwarten wir von ihnen, dass sie mit den Gefühlen von Frustration und Enttäuschung umzugehen lernen. Wenn Sie einen Zwölfjährigen in dem gleichen Wutanfall erleben würden wie den eben erwähnten Zweijährigen, würden Sie dem wesentlich mehr Aufmerksamkeit schenken, und wenn es ein dreißig Jahre alter Mann wäre, würden Sie Ihre Kinder an sich reißen und schnellstens ins Auto flüchten. Wenn wir richtig wütend sind, fühlen wir uns zwar manchmal so, als würden wir gleich einen Anfall bekommen, aber wir tun es nicht, weil wir beim Aufwachsen emotionale Kontrolle gelernt haben. Wenn Hunde als Familienmitglieder leben sollen, müssen sie das genauso tun. Hunde, die unabhängig von Menschen leben, lernen problemlos, damit zurechtzukommen, dass sie nicht das Gewünschte bekommen: die normalen Probleme des Alltags sorgen dafür. Einige von uns verwöhnen aber vor lauter Liebe ihre Hunde so sehr, dass diese niemals lernen, mit Frustration zurechtzukommen.
    Wie Hunde auf unsere Fürsorge reagieren, hängt von ihrem individuellen Wesen ab. Hunde kommen genau wie Menschen mit verschiedenen Persönlichkeiten zur Welt und einige Hunde müssen mehr Frustrationstoleranz lernen als andere. Es gibt Hunde, die man ihr ganzes Leben lang verwöhnen kann und die trotzdem bis zu ihrem seligen Ende brav und geduldig bleiben. Dann aber treffe ich so jemanden wie die kluge, erfahrene Hundebesitzerin, die noch nie im Leben ein Problem mit einem Hund hatte – bis sie Charlie bekam, der so wenig Frustrationstoleranz besaß, dass er allen das Leben zur Hölle machte, sich selbst inbegriffen. Denken Sie also daran, dass man manche Hunde das ganze Leben lang verwöhnen kann, ohne je Probleme zu schaffen, aber trotzdem müssen Hunde genau wie Menschen lernen, mit Frustration umzugehen.
    Genauso wie das Großziehen von Kindern harte Arbeit ist, ist es auch für Hundebesitzer nicht immer spaßig, ihren Hunden das Ertragen von Enttäuschungen beizubringen. Viele meiner Kunden haben selbst Kinder großgezogen oder sind gerade dabei, es zu tun. Sie möchten gerne, dass ihre Hunde so etwas wie Enkelkinder werden, die man lieben und verwöhnen kann, ohne dass man ihnen ständig feste Grenzen setzen und Regeln auferlegen muss. Es ist ganz besonders schwierig, zu einem bettelnden Hund mit großen braunen Augen und niedlich zotteligem Gesicht nein zu sagen. Der Pflegetrieb, den manche Hunde in

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