Das Atmen der Bestie (German Edition)
erinnerte mich Dan Machin an die Zeit meiner wohlbehüteten Jugend in einem Vorort von Westchester, wo an allen Häusern Kutscherlampen leuchteten und alle Hausfrauen die Haare blond und mit glänzendem Spray fixiert trugen. Sie fuhren ihre Kinder in großen Buicks herum und im Herbst wurde durch den Geruch von brennendem Laub das Halloweenfest angekündigt. Seither hatte ich einiges wirklich Übles durchgemacht, unter anderem eine schmutzige Scheidung und eine leidenschaftliche, aber hoffnungslose Affäre. Jedenfalls war es nett zu wissen, dass ein solch heiles Amerika noch existierte.
Wir überquerten die Straße und gingen durch die enge Nebenstraße der Gold Street zu Dans Lieblingsbar, das Assay Office . Es bestand aus einem sehr hohen Raum mit einer altmodischen Terrasse; die Holzmöbel waren mit Messingbändern verziert und zeugten noch von einem längst vergangenen San Francisco. Wir fanden einen Platz an der Wand und Dan bestellte uns zwei Coors.
»Ich hatte eigentlich vor, heute Abend nach Pilarcitos zu fahren«, erzählte ich ihm und zündete mir eine Zigarette an.
»Aus Vergnügen oder beruflich?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Weder das eine noch das andere.«
»Das klingt geheimnisvoll.«
»Ist es auch. Heute kam ein alter Mann zu mir ins Büro und erzählte, dass er ein Haus besitzt, das atmet.«
»Atmet?«
»Genau das. Um genauer zu sein: Es hechle wie Lassie. Er wollte wissen, ob ich etwas dagegen tun kann.«
Das Bier kam und Dan trank einen großen Schluck, wobei ein weißer, schaumiger Schnurrbart zurückblieb, der ihm ganz gut stand.
»Es ist keine Fallströmung im Kamin«, erzählte ich ihm. »Es ist auch kein Tier, das in den Wänden gefangen ist. Es ist wirklich ein echter Fall unerklärlichen Atmens.«
Das sollte eigentlich ein Witz sein, aber Dan schien es ernst zu nehmen: »Sagte er sonst noch etwas? Hat er gesagt, wann es passiert? Zu welcher Tageszeit?«
Ich stellte mein Glas ab. »Er meinte, dass es immer da sei. Er lebt erst seit einigen Monaten in dem Haus, und seither ist es immer zu hören. Er hat wirklich Angst. Ich vermute, der alte Kauz glaubt, dass es eine Art Geist ist.«
»Tja, das könnte sein«, murmelte Dan.
»Oh, sicher – und Ben Pultik ist den Müll leid.«
»Nein, ich meine es ernst«, beteuerte Dan. »Mir sind schon solche Fälle zu Ohren gekommen, bei denen Leute Stimmen und so etwas gehört haben. Unter bestimmten Bedingungen können Geräusche, die irgendwann in einem alten Raum verursacht worden sind, nochmals vernommen werden. Ab und zu haben Leute berichtet, dass sie Unterhaltungen gehört hätten, die vor Jahrhunderten stattgefunden haben müssen.«
»Woher weißt du das alles?«
Dan zupfte sich an seiner kleinen Nase, als wolle er sie verlängern, und ich könnte schwören, dass er tatsächlich leicht errötete. »Um ehrlich zu sein«, erwiderte er verlegen, »bin ich schon immer sehr an Geistererscheinungen interessiert gewesen. Das zieht sich durch unsere Familie.«
»So ein hartgesottener Wissenschaftler wie du?«
»Na, hör mal, sie sind nicht alle so idiotisch, wie man immer meint, diese ganzen Geisterweltgeschichten. Es gibt da völlig verblüffende Fälle. So erzählte meine Tante immer, dass sich der Geist von Buffalo Bill jede Nacht auf ihre Bettkante gesetzt hat, um ihr Geschichten aus dem alten Westen zu erzählen.«
»Buffalo Bill?«
Dan legte sein Gesicht in selbstkritische Falten. »Das hat sie behauptet. Vielleicht hätte ich ihr das nicht glauben sollen.«
Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück. In der Bar herrschte ein angenehmes Stimmengewirr. Gerade brachte man gebratene Hähnchen und Rippchen herein, was mich daran erinnerte, dass ich schon seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte.
»Meinst du, ich sollte mir das mal ansehen?«, fragte ich Dan, während mir ein Mädchen in einem T-Shirt auffiel, über deren Busen ›Oldsmobile Rocket‹ gedruckt stand.
»Na ja, sagen wir mal: Ich würde gehen. Hmm, vielleicht sollten wir zusammen hingehen. Ich würde gern ein Haus hören, das atmet.«
»Du würdest also gehen? Okay, wenn du das Taxigeld mit mir teilst, dann fahren wir hin. Aber glaube nicht, dass ich für den Burschen garantieren kann. Er ist sehr alt und vielleicht leidet er nur an Halluzinationen.«
»Eine Halluzination ist eine Täuschung.«
»Allmählich fange ich an zu glauben, dass das Mädchen dort in dem T-Shirt eine Sinnestäuschung ist.«
Dan drehte sich um und sein Blick traf
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