Das Band der Magie
plapperte ich den ganzen Tag durch. Es tat gut, jemanden zum Reden zu haben. Meeha hatte mir immer das Gefühl gegeben, gar nicht zuzuhören. Sie war eben ein Tier und verstand nicht, was ich sagte. Bei dem Wolf war das anders: Er tat zumindest so, als würde er mir zuhören. Ab und zu brummte er mal, als würde er zustimmen, und das reichte mir schon.
Ich war mir zu zweihundert Prozent sicher, dass er mich verstand. Er hatte so eine Art, den Kopf schief zu legen und mich zu mustern. Oder er schnaufte an genau den Stellen, an denen ein Mensch „Ach ja?“, sagen würde. Zumindest stellte ich mir das so vor.
Also plapperte ich, denn ich hatte ein Jahrzehnt aufzuholen, in dem mir niemand zugehört hatte. Ich erzählte von Knarzis, Quieks und Murpfel. Und wenn ich still war, stupste er mich an. Ganz sanft. Also erzählte ich weiter. Bis ich plötzlich verstummte.
Wir saßen zusammen neben dem Feuer. Ich im Schneidersitz, er mal wieder mit dem Kopf auf der Pfote, der Länge nach ausgestreckt. Wenn er so lag, nahm er mehr als die Hälfte meines Zimmers ein. Die Hütte maß schließlich höchstens zwanzig Quadratmeter – und er war echt mal ein mächtiges Wesen.
Sobald ich verstummte, schnellte sein Kopf hoch, er sah mich aufmerksam an. Ich ließ das Seil sinken, an dem ich rumgefummelt hatte, und starrte ins Feuer.
Der Wolf stupste mich. Stupste mich wieder, diesmal etwas fester. Sein riesiger Kopf schwang in mein Blickfeld, seine Augen suchten meine. Er wartete.
„Ich kann dich nicht immer Wolf nennen!“, sagte ich in die entstandene Stille hinein. Dann: „Du brauchst einen Namen!“
Er seufzte – ähnlich wie ein Niesen, nur viel tiefer. Dann streckte er sich entspannt wieder aus, als wolle er sagen: Achso, wenn es sonst nichts ist …
Ich kniff ihn, er grollte.
„Jetzt sei doch nicht so! Du hast bestimmt einen Namen. Ich will dir keinen neuen geben, wenn du schon längst einen hast! Wir machen das so: Ich geh das Alphabet durch. Sobald ich einen Buchstaben nenne, der in deinem Namen vorkommt, schnaufst du. Okay? Wir fangen mit dem Anfangsbuchstaben an!“
Wir musterten uns. Er zweifelnd, ich aufgeregt.
„Also… A…“
Er schnaufte.
„Dein Name fängt also mit A an.“
Er schnaufte wieder.
„Gut. Jetzt der zweite Buchstabe. A…“
Er schnaufte. Ich trat ihn.
„Das ist ernst! Namen sind wichtig!“
Da schnellte er hoch und starrte mich so intensiv an, dass ich unruhig wurde. Dann dämmerte es mir. „Oh!“, hauchte ich. „Ich hab dir meinen noch gar nicht verraten! Aeri heiße ich. Aeri, mit einem ganz weichen „R“. Und der Kampfdackel Schrägstrich die Kampffledermaus da an der Decke ist Meeha.“
Der Wolf blickte automatisch zur Fledermaus hoch. Er verstand mich also wirklich, jedes einzelne Wort.
War mir das unheimlich? Erstaunlicherweise nicht. Ich freute mich stattdessen.
„Ich bin ein Mensch!“, stellte ich noch einmal klar. „Aber was du bist… da bin ich mir nicht sicher. Kein normaler Wolf jedenfalls. Falls du sprechen kannst, wäre das jetzt der Zeitpunkt.“ Er legte nur den Kopf schief. „Jetzt weißt du also, wie ich heiße. Also weiter zu deinem Namen.“
Am Ende des Abends war ich aus seinem Namen nicht ganz schlau geworden. Er hätte A-a-r-w-l-y-k-w-l geheißen. Klang wie ein Gnom oder so.
„Du kannst unmöglich Aarwlykwl heißen. Wirklich nicht. Du verarscht mich! Wenn du mir nicht ernsthaft antwortest, nenn ich dich Bob. Also, Bob… ich warne dich. Her mit deinem wahren Namen.“
Da gab er auf und buchstabierte mir brav seinen Namen. Keelin, hieß er. Mit zwei „E“, gesprochen Ke-elin. Ein guter Name für einen Wolf. Auf jeden Fall besser als Bob.
„Also, Keelin, jetzt wo ich weiß, wie du heißt, möchte ich dir etwas anvertrauen.“ Sofort spitzte er die Ohren. „Keelin. Du stinkst! Du brauchst ein Bad!“, sagte ich feierlich. Er jaulte beleidigt, ich stand auf.
Er konnte mittlerweile aufstehen und ein paar Schritte machen, mehr aber auch nicht. Erst einmal musste daher eine Katzenwäsche reichen. Ich schnappte mir den für diesen Zweck bereits mit Wasser gefüllten Kessel und hängte ihn über das Feuer. Keelin musterte mich argwöhnisch. Sobald das Wasser nicht mehr eiskalt war, schüttete ich es einfach dem fassungslosen Wolf über den Kopf. Dann zückte ich meinen alten Kamm, der aus den Rückgratknochen eines Hasen bestand, und begann damit, die völlig vertüddelten Haarsträhnen zu entwirren. Ein mühsames Unterfangen.
Es dauerte bis
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