Das Band der Magie
spürte seine Energie, seine Freude bei jedem Sprung, den er machte.
Er war so mit Toben beschäftigt, dass er gar nicht merkte, wohin ich ihn dirigierte - und als er es kapierte, war es zu spät. Mit einem Hechtsprung warf ich mich auf ihn, klammerte mich an ihm fest, wir rollten den Abhang hinunter – und landete mit einem Klatschen im eiskalten Bach.
Es hielt ihn nur etwas zwei Sekunden im Wasser, dann stand er tropfend am Ufer und starrte mich bitterböse an. Ich hockte im hüfthohen Wasser und lachte. Um mich herum tollten die Wassergeister begeistert und sogar die Sonne ließ sich von meiner ausgelassenen Stimmung anstecken. Sie schickte uns die ersten wärmeren Strahlen des nahenden Frühlings.
Es war ein toller Tag. Der tollste seit einem Jahrzehnt.
Kapitel 4 - Wolfscharakter
Danach gingen wir überall zusammen hin. Wir jagten gemeinsam - oder versuchten es zumindest -, sammelten Feuerholz, wühlten nach Wurzeln oder Knollen, er half mir sogar, mein Beet umzugraben.
Er war eine hervorragende Buddelmaschine mit seinen riesigen Pfoten und den kräftigen Hinterbeinen.
Meeha taute allmählich auf und kletterte immer öfter aus ihrem Beutel, um mitzuspielen. Sie vollführte tollkühne Luftangriffe auf Keelins Kopf oder klettete sich hinter seinem Kopf fest, um auf ihm zu reiten. Er ertrug es einfach.
Selbst bei meinen Schießübungen war Keelin nützlich: Er holte mir nämlich bereitwillig meine Pfeile zurück. Als ich allerdings einmal zu ihm sagte: „Hol den Pfeil, Hasso, hol, hol!“, zog er beleidigt von dannen und schmollte für den Rest des Abends. Ich bestach ihn mit einer Baumwurzelknolle, denn den Dingern konnte er nicht widerstehen.
Er blieb auch sonst ziemlich vegetarisch.
Zur Jagd kam er zwar mit – an diesen Tagen fing ich jedoch grundsätzlich nichts. Ich hatte ihn im Verdacht, dass er mein Wild warnte. Weil mir nichts anders übrig blieb, wurde mein Speiseplan immer vegetarischer.
Wenn ich dann doch mal was erlegte, lag das daran, dass Keelin gerade irgendwo sein Revier markierte, denn ein bisschen Wolfsblut floss wohl doch durch seine Adern.
Sobald ich aber nach erfolgreicher Jagd nach Hause kam, warf Keelin mir grundsätzlich einen vorwurfsvollen Blick zu und rührte vom Fleisch nichts an. Versteh einer einen Veddawolf!
Ich brauchte die Pelze wirklich dringend. Zum einen nähte ich daraus meine Kleidung, die Schuhe und polsterte die zugigsten Ecken meiner Hütte aus. Zum anderen handelte ich damit; zwar nur einmal im Jahr, aber mit dem Geld hatte ich mir zum Beispiel die Ziege und die Saatkörner gekauft.
In diesem Jahr wollte ich unbedingt ein Huhn haben. Ich liebte Eier! An manchen Tagen schwärmte ich stundenlang von Eiern und meinen Hühnern, plante bereits ein kleines Häuschen für sie, direkt neben meiner Hütte.
Keelin lauschte mit schräg gelegtem Kopf, reagierte aber sonst nicht sichtbar auf meine wortreichen Ausführungen.
Ich erklärte ihm aber hinreichend, dass ich die Felle für meine Eier-Pläne brauchte und machte auch klar, dass er an einem Tag in der Woche zu Hause bleiben musste, damit ich etwas Vernünftiges jagen konnte.
Das passte Keelin zwar nicht, aber was das anging, ließ ich nicht mit mir reden.
Gerade kam ich mit einem erlegten Biber zurück. Ich hatte ihn mir über die Schulter gelegt, damit ich die Hände frei hatte. Keelin saß vor der Hütte und wartete auf mich.
Und vor ihm … hockten zwei Hühner und ein Hahn.
Ich blieb abrupt stehen, meine Kinnlade fiel herunter. Die Hühner hatten keine Angst vor Keelin, im Gegenteil: Eins suchte zwischen seinen beeindruckenden Pfoten nach Körnern und pickte ihn ein oder zwei Mal dabei. Keelin zuckte mit keiner Wimper, sondern wartete gespannt auf meine Reaktion.
Der Biber fiel mit einem Klatschen auf den Boden.
„Wo hast du die denn her?“, fragte ich fassungslos und näherte mich meinem kleinen Zoo. Dabei fiel mir auf, dass es sich bei den Hühnern eindeutig nicht um eine Haustierrasse handelte. Es waren Wildhühner. Trotzdem. Es waren Hühner!
Keelin sah mich fast verächtlich an, blickte dann anklagend auf den mausetoten Biber, dann sah er wieder mich an. Er sagte ganz klar: Bitte schön, deine Hühner! Jetzt lass die armen Biber in Frieden!
Ich war so fassungslos, dass ich den Rest des Tages kein Wort sagte. Stattdessen bastelte ich einen großzügig bemessenen Pferch, setzte meine zwei Hühner und den Hahn rein, holte die Ziege dazu und zog mich hinter das Gatter zurück.
Keelin
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