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Das Band der Magie

Das Band der Magie

Titel: Das Band der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Mars
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zum Frühjahr, bis mein Wolf endlich nicht mehr so aussah, als sei der Blitz in ihn gefahren. Und etwa so lange dauerte es auch, bis er wieder einigermaßen sicher auf den Beinen war.
    Er war ziemlich zäh, das musste man ihm lassen. Die ersten Wochen kämpfte er sich jeden Tag auf die Füße und stakste mit steifen Beinen in der Hütte auf und ab. Zwei Schritte bis zur einen Wand, vier Schritte zur nächsten, dann eine Drehung, bei der er am Anfang immer umknickte, dann wieder zurück.
    Es machte mich wahnsinnig und ihn nach und nach stärker.
    Irgendwann folgte er mir nach draußen zum Holzhacken, dann sogar ein Stück weit hinein in den Wald, aber sobald seine Beine zitterten, setzte er sich und wartete, bis ich zurück war.
    Einmal schaffte er es bis zum Bach, aber da ging er nie wieder mit mir hin. Ich hatte nämlich versucht, ihn hineinzuziehen. Zu meiner Verteidigung: Er stank unfassbar nach Krankheit, als hätte sich der Fiebermief in seinem Fell eingenistet. Bevor ich ihn aber ins Wasser ziehen konnte, entkam er mir in letzter Sekunde und mied seitdem die Richtung.
    Dreckiger, kleiner Wolf. Aber ich erwischte ihn schon noch.
    Als der letzte Schnee auf den Bäumen weggetaut war, stand er endlich ohne Zittern, ohne Schnaufen neben mir, bereit, mit mir durch die Wälder zu streifen.
    Das war ein wunder Punkt in meiner Seele:
    Mir war in den letzten Wochen aufgefallen, dass er immer wilder wurde, je häufiger er mit mir draußen war. Das Tier schien in ihn zurück gekrochen zu sein, das sah ich an seinen Augen, diesem wilden Blick und den zuckenden Knochen.
    Ich war mir nicht sicher, was ich davon halten sollte. Er blieb bei mir, machte keine Anstalten wegzugehen. Aber er kommunizierte auch nicht mehr mit mir wie am Anfang. Ich bezweifelte, dass er mir in diesem Zustand seinen Namen hätte buchstabieren können.
    Seltsam.
    Aber trotz dieses Rückschrittes war er immer noch ein treuer Kamerad, bei dem ich mich wohl fühlte und der trotz allem weniger Tier war als der Rest um mich herum – und mit dem ich jederzeit einen Waldspaziergang machen wollte.
    Meeha hatte ich in einem Beutel auf den Rücken geschnallt. Sie wollte zwar mit, war aber für eine längere Tour zu klein. Außerdem weigerte sie sich nach wie vor, zum Hund zu werden. Seitdem der Wolf bei uns war… Entschuldigung: Seitdem Keelin bei uns war, hatte sie sich nicht mehr in diese Gestalt verwandelt. Sie war entweder eine Fledermaus mit Meerschweinchenkopf oder ein geflügeltes Meerschweinchen. Heute war sie nur Meerschweinchen.
    Also musste sie im Beutel reisen.
    Keelin wirkte kräftig und aufgeregt; er freute sich auf die Jagd. Ich hingegen war gespannt, wie weit er mir folgen konnte. Um auf ihn Rücksicht zu nehmen, schlug ich ein gemäßigtes Tempo an.
    Er trabte neben mir her, ein riesiges Tier voller Kraft und Anmut: Sein Rückgrat reichte mir tatsächlich bis zur Schulter. Dabei schnüffelte er ständig auf dem Boden herum und sein Blick huschte hektisch mal hier, mal dort hin. Er wirkte in diesem Moment eben wie ein wilder Hund.
    Sein Fell glänzte jetzt etwas seidiger, war aber trotz meiner Bemühungen immer noch etwas struppig. Das konnte aber auch an den Locken liegen, die er auf Brust und Rücken hatte.
    Obwohl er so riesig war, bewegte er sich neben mir völlig lautlos. Seine Pfoten schienen den Boden kaum zu berühren, so sanft trat er auf. Er spürte meinen Blick und musterte mich von unten, fragend, etwas beunruhigt.
    „Du bist ziemlich riesig!“, erklärte ich ihm. „In der Hütte hast du kleiner gewirkt!“ Es folgte das Schnaufen, das immer etwas beleidigt klang. „Ich überleg nur, ob du mich tragen kannst.“
    Da traf mich ein giftiger Blick. Ich grinste und versetzte meiner Stimme einen piepsigen Klang. „Bitte, großer Wolf, ich bin doch ein kleines Mädchen und wollte schon immer mal ein Reittier haben. Willst du mein Reittier sein?“
    Er legte die Ohren an und knurrte. Ich lachte, warf meine langen, braunen Haare in den Nacken und machte einen kindlichen Hüpfer nach vorn. „Nein? Dann muss ich aber…“ Weiter kam ich nicht, denn er rempelte mich ziemlich unhöflich an und ich klatschte seitlich in den Busch. Quiekend zappelte ich mich daraus hervor, dann starrte ich ihn an. „Na, warte…“
    Wir jagten uns wie zwei kleine Kinder. Er war verflixt schnell für einen hinkenden Riesenwolf, ich war verflucht schnell für ein Menschenkind. Zwei Mal hätte ich ihn fast gehabt, aber er wich seitlich in den Wald aus. Ich

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