Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Band spricht Bände

Das Band spricht Bände

Titel: Das Band spricht Bände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
ist, ich solle mir eine Kugel durch den Kopf
jagen — oder so etwas?«
    Ich schmunzelte. »Es ist so
eine Art Versicherung, hoffe ich. Würden Sie die Waffe freundlicherweise in die
Tasche stecken, Mr. Stanger?«
    »Ganz wie Sie wünschen, Mr.
Boyd.« Er schob den .38er in die Jackentasche. »Ich muß gestehen, mir kommt das
alles sehr dramatisch vor. Erwarten Sie ernsthaft, daß es hier im Tagungsraum
zu Gewalttätigkeiten kommen könnte?«
    »Mit jedem Augenblick jetzt«,
antwortete ich wahrheitsgemäß.
    »Das letztemal, daß ich Zeuge
von Gewalt wurde — wenn ich mich recht erinnere — , das war auf Okinawa, 1945.«
Er schüttelte bedächtig den Kopf. »Das scheint nun schon so endlos lange
her...«
    Thatcher kehrte zurück und
brachte Gläser auf einem Tablett, aber wie das in seinen Händen hüpfte, konnte
man meinen, ihn wandle plötzlich ein Krampf an. Hinter ihm ging Chuck
MacKenzie, und er hatte Thatcher den Lauf seiner Waffe ins Genick gedrückt.
    »Ich kam, sobald mich deine
Nachricht erreicht hat, Boyd.« Er lachte leise vor sich hin. »Was hast du dem
Alten Herrn da eigentlich erzählt? Ich habe ihn nie so wütend gesehen — seit
jenem Tag, als er mich und meine Freunde mit Alysia erwischte!«

10
     
    Er blieb anderthalb Meter vor
mir stehen, dann schwenkte der Lauf in meine Richtung. Thatcher stellte das
Tablett auf den Tisch, ließ sich in den nächsten Sessel fallen und fing an,
sich die Schweißperlen aus dem Gesicht zu wischen.
    »Ich hätte gern deinen
Revolver, Boyd, mit dem Griff nach vorne«, sagte Chuck, ohne Zeit zu verlieren.
    »Kein Revolver«, erklärte ich
ihm.
    »Vor weniger als einer Stunde
hast du dem Alten Herrn einen gezeigt.« Die kalten, halbgeschlossenen Augen forschten
in meinem Gesicht. »Was ist denn daraus geworden, hast du ihn verschluckt?«
    »Ich hab’ ihn draußen
gelassen«, sagte ich. »Ich habe schon genug Ärger mit den hiesigen Bullen! Wenn
ich derzeit jemanden erschieße — und selbst wenn zehn Augenzeugen schwören, daß
es Notwehr war — , dann wird Lieutenant Schell ihnen doch nicht glauben.« Ich
öffnete den Sakko weit, damit er die leere Schulterhalfter sehen konnte. »Ich
habe den Revolver in die Sträucher neben dem Haupteingang gesteckt.«
    »Vielleicht.« Er nickte in
Thatchers Richtung. »Daß er nichts bei sich hat, weiß ich, denn ich habe
ihn draußen gefilzt.« Dann sah er Stanger scharf an, der gelassen am Tischende
saß und die Hände vor sich auf der Platte liegen hatte. »Hast du ihn dem Alten
gegeben, Boyd?« sagte Chuck sanft.
    »Aber sicher,« sagte ich. »Mr.
Stanger meint, die Arthritis habe seine Zielsicherheit in keiner Weise
beeinträchtigt. Es fällt ihm nur ein bißchen schwer, die Finger um den Knauf zu
krümmen, aber schließlich ist ja niemand ohne Fehl und Tadel.«
    Stanger knackte seine Knöchel
in rascher Reihenfolge, und das hörte sich an wie Flintengeknatter aus dem
Wilden Westen. »Mr. Boyd hat gesagt, ich solle Ihnen einen Genickschuß
verpassen, sobald Ihre Aufmerksamkeit abgelenkt sei«, erklärte er Chuck. »Ich
hoffe freilich sehr, daß Sie zuvor noch etwas näher kommen.«
    »Also gut, Boyd«, sagte Chuck
beinahe liebenswürdig. »Es scheint glaubhaft, daß du vor den hiesigen Bullen
Manschetten hast, denn schließlich habe ich ja Stirling mit deinem Revolver
liquidiert.« Er grinste bösartig. »Es war wirklich nett von dir, die Waffen zu
vertauschen! Du hast wohl gedacht, ich sei der letzte Depp und merke das nicht,
was? Es gab nur eines, was ich mit einer Mordwaffe tun konnte, die mir nicht
gehörte — und das war, sie bei einem zweiten Mord benutzen und dann neben dem
Opfer liegenlassen, damit die Polizei den rechtmäßigen Besitzer feststellen
kann.« Das Grinsen verflüchtigte sich schlagartig. »Aber was hast du dir davon
erhofft, mich hierherzulotsen — wenn du unbewaffnet bist?«
    »Eine Verschwörung kann nur
dann funktionieren, wenn sie eine bleibt«, belehrte ich ihn. »Deine
Verschwörung habe ich soeben hier platzen lassen, Chuck. Sie .. ich wies mit
einem Kopfnicken auf Thatcher und Stanger, »... wissen jetzt Bescheid.«
    Er sah Norman an, der immer
noch den Kopf in den Armen vergraben hatte. »Ed weichzukriegen, muß verdammt
schwer gewesen sein«, sagte er. »So schwer, wie ein weichgekochtes Ei zu
zerquetschen, hm? Geh hin und setz dich neben den Alten an den Tisch, Boyd. Dann
brauche ich nicht ständig zu schielen.«
    Ich tat wie geheißen und nahm
unterwegs mein Glas an mich. Sobald ich im

Weitere Kostenlose Bücher