Das Band spricht Bände
Gestern abend habe ich dir dann
weisgemacht, dir sei gekündigt worden, nur um dich noch nervöser zu machen.«
Mit der freien Hand massierte er sich behutsam die Stirn. »Und das kleine
Intermezzo auf der Baustelle habe ich auch nicht vergessen. Als ich nachher
merkte, daß du die Revolver vertauscht hattest, da bekam ich den Eindruck, das
Christkind könne wohl gar nicht auf hören, mich zu besuchen!«
»Du hast also Wayland heute in
aller Frühe erschossen, mit meinem Revolver, und du hast ihn wiederum neben dem
Opfer liegen gelassen, nur hast du diesmal — im Unterschied zu New York — anonym
die Polizei angerufen?« sagte ich.
Er blickte etwas
begriffsstutzig drein. »Was ich nicht verstehe — wieso sitzt du eigentlich im
Augenblick nicht hinter Gittern?«
»Ich hatte ein Alibi«, sagte
ich, »und das ist auch der Grund, weshalb dein ganzer schöner Plan geplatzt
ist, Chuck. «
»Nein«. Er schüttelte überzeugt
den Kopf. »Ich mußte ihn nur etwas abändern, das ist alles. Ich mußte den Alten
Herrn aufsuchen, um mir einen Satz Fotos zu holen, mit denen ich Shari
überzeugen konnte, daß sie das Geld für die Verschmelzung garantieren müsse,
vor dessen Auszahlung noch Waylands Testament zu vollstrecken ist. Du würdest
staunen, wie die Moral eines Mannes flexibel wird, wenn der Bankrott vor seiner
Tür steht! Für einen Anteil an der neuen Gesellschaft, die nach erfolgtem Zusammenschluß
formiert wird, steht der Alte Herr nunmehr zu hundert Prozent auf meiner
Seite.« Seine halbgeschlossenen Augen musterten mich, dann schmunzelte er
befriedigt. »Ich sehe, du hast denselben Eindruck gewonnen, als du ihn vorhin
besucht hast, hm?«
»Es wird trotzdem nicht
funktionieren«, meinte ich. »Wie ich schon sagte, Chuck, eine Verschwörung ist
nur so lange etwas wert, wie sie geheim bleibt. Sie ist in dem Augenblick
kaputt, wenn die falschen Leute davon erfahren. Leute wie ich und Mr. Stanger hier.«
»Als ich sagte, ich habe meine
Pläne geändert, da meinte ich natürlich eine grundlegende Änderung, kein
Flickwerk«, sagte er beleidigt. »Es wäre mir sehr recht, wenn du aufhören
könntest, mich zu unterschätzen, Boyd — wie ich ja auch auf gehört habe, dich
zu unterschätzen! Ich will dir kurz erklären, wie die Polizei die Dinge sehen
wird. Nämlich so: Wayland war überzeugt, daß seine Freundin ihn umzubringen
suchte, und daher hat er dich angeheuert, sie aus der Welt zu schaffen. Dann
weigerte sich Wayland, zu zahlen, und aus Verzweiflung oder Wut hast du ihn
erschossen. Sie mußten dich laufenlassen, weil du ein Alibi vorweisen konntest,
aber du hast genau gewußt, daß du geliefert bist, sobald sie die Kugeln aus Waylands
Kopf mit der aus Alysias Schädel verglichen hatten! In deiner Verzweiflung
gingst du also zu Stanger, heute abend hier, und erzähltest ihm, du hättest ihn
vor einigem gewaltigen Betrug behütet, indem du Wayland erschossen hast. Als
Belohnung wolltest du ein paar tausend Dollar haben, um fliehen zu können.
Stanger weigerte sich natürlich, dir etwas zu geben, und in deinem Zorn und
deiner Enttäuschung hast du ihn umgebracht.«
»Du bist doch nicht mehr bei
Trost, Chuck.« Ich schmunzelte ihn breit an. »Die Geschichte hat ja mehr Löcher
als ein Spitzennachthemd!«
»Nimm dir ruhig so viel Zeit,
wie du willst, mein Freund«, sagte er gelassen. »Ich will mir gern anhören, was
das für Löcher sind.«
»Ich setze voraus, dein Plan
schließt ein, Stanger in diesem Raum und vor Zeugen zu ermorden?«
»Und dich sogleich danach«,
fügte er kalt hinzu.
»Und dann willst du auch die
beiden Zeugen erschießen?« Ich grinste spöttisch. »Und vier Leichen erklären?«
»Diese Zeugen brauche ich im
Gegenteil dringend«, sagte er. »Fast so nötig, wie sie mich brauchen. Weißt du
was, Boyd? Ohne meinen Einfluß auf Shari Wayland, die trauernde Witwe, und ihre
Einwilligung, das Geld dem Zusammenschluß zufließen zu lassen, würde es weder
eine Verschmelzung noch eine neue Gesellschaft geben. Und ohne die neue
Gesellschaft würden sowohl George als auch Ed arbeitslos — statt Präsident und
Vizepräsident. Und obendrein Aktionäre!«
»Sie werden so ziemlich die
verläßlichsten Zeugen abgeben, die du auftreiben kannst«, knurrte ich. »Sie
werden dein Leben in ihren schmutzigen kleinen Fingerchen halten, Chuck. «
»Ich bin ganz sicher, daß ich
mich auf George hier verlassen kann«, sagt er, und wieder schlich sich dieser
fast verträumte Ton in seine Stimme. »Ich
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