Das Beste aus 40 Jahren
unverhohlen feindselig an, was dem natürlich nicht entging.
„Ja, dann … bis bald, Anastasia!“ Vorsichtshalber zog Mark sich bis zu seinem Lieferwagen zurück. „Ich muss jetzt los.“
„Gute Idee“, stimmte Rico übertrieben freundlich zu.
Gereizt musterte Anastasia ihn. Was sollte das? Wieso mimte er hier den eifersüchtigen Ehemann? Am liebsten hätte sie Mark gebeten, noch ein bisschen zu bleiben, aber sie wollte ihn nicht benutzen, um Rico zu ärgern. Das hatte Mark nicht verdient.
Sie reichte ihm das Bild, das er im Wagen verstaute, und schüttelte ihm dann die Hand. „Schön, dass es dir gefällt. Und danke, Mark.“
„Gern geschehen.“ Mit einem argwöhnischen Blick zu Rico stieg er ein. „Du kannst mich jederzeit anrufen, wie du weißt!“
Sie nickte und winkte ihm freundlich nach, als er losfuhr.
„Wofür hast du ihm gedankt?“, erkundigte Rico sich eisig.
Anastasia seufzte. Sie war nicht in der Stimmung zu streiten. Rico schon, wie ihr ein Blick in seine funkelnden Augen verriet.
„Für seine Freundschaft“, erwiderte sie, was das Falsche war.
„Wie gut seid ihr befreundet?“ Auf Ricos Wangen zeichneten sich rote Flecken ab, wie immer, wenn er seine Wut nur mühsam beherrschte.
„Das ist ja lachhaft!“, sagte Anastasia leise. „Du führst dich auf wie ein eifersüchtiger Ehemann, obwohl uns nichts mehr verbindet.“
„Du bist noch immer meine Frau!“
„Nur noch auf dem Papier“, konterte sie hitzig.
„Nein, nicht nur!“ Er atmete scharf ein. „Wenn du es noch einmal wagst, mich ohne eine Erklärung zu verlassen, stehe ich für die Folgen nicht ein. Zweimal hast du es schon getan, ein drittes Mal wird es nicht geben.“
Verwundert sah sie ihn an. Er hatte doch gewollt, dass sie ihn verließ, oder?
„Warum bist du wortlos verschwunden?“, fragte er rau. „Du bist doch eine Frau! Du müsstest mich anfauchen und Wutanfälle bekommen, du müsstest mir – statt stumm zu verschwinden – deine Gefühle bis in die kleinsten Einzelheiten schildern.“
„Du sprichst doch auch nicht über deine Gefühle!“, meinte Anastasia nun völlig erstaunt. Das Gespräch entwickelte sich nicht so, wie sie erwartet hatte!
„Ich bin ja auch ein Mann. Männer brauchen ihre Gefühle nicht zu zeigen.“
„Ach, so ist das: Ich soll dir alles erzählen, bekomme dafür aber nichts zurück, richtig?“
„Nein, das ist es nicht!“ Er sagte etwas auf Italienisch, das wie ein Fluch klang. „Ich weiß auch nicht mehr weiter. Früher wusste ich immer, was du dachtest. Das habe ich an dir ganz besonders geschätzt: Du warst offen, unkompliziert und hast keine Spielchen getrieben. Wenn du glücklich warst, bist du förmlich übergesprudelt, und wenn du wütend warst, hast du mit Gegenständen um dich geworfen. Und du hast mir dauernd gesagt, dass du mich liebst.“
Und du hast es mir nie gesagt, kein einziges Mal, erwiderte sie. Aber nur im Stillen.
„Diese Unterhaltung ist völlig sinnlos“, sagte sie laut. „Ich bin ohne ein Wort gegangen, weil ich dachte, wir hätten uns nichts mehr zu sagen. Chiara hat ihr Gedächtnis wieder, also brauchte ich die Rolle der glücklichen Ehefrau nicht länger zu spielen.“
„Falls du jetzt auf Applaus wartest, muss ich dir etwas mitteilen.“ Rico wirkte wie ein Mann, der nur eine Mission kannte. „Ich habe nicht die Absicht, mich jemals von dir scheiden zu lassen.“
Ihr Herz schien einen Schlag lang auszusetzen. Dann fiel ihr ein, was vermutlich hinter seinem seltsamen Gebaren steckte: Chiara hatte gestanden.
Aber statt sich zu freuen, fühlte Anastasia sich seltsam starr. Das Geständnis kam zu spät und würde nichts mehr ändern.
„So einfach ist es nicht, Rico“, begann sie heiser. „Du hast mir nicht geglaubt. Wenn Chiara nicht beschlossen hätte, dir alles zu beichten, würdest du mir noch immer nicht glauben. Ohne dein Vertrauen kann ich aber nicht mit dir leben. Was, falls sie wieder beschließt, ihren Freund in meinem Schlafzimmer zu verstecken? Wirst du mir dann sofort glauben, dass ich unschuldig bin? Oder muss ich wieder monatelang warten, bis sie sich zu einem Geständnis durchringt?“
Rico stand völlig reglos da und blickte sie wie vom Donner gerührt an.
Was war denn jetzt schon wieder mit ihm los? War er schockiert, weil sie das Thema angeschnitten hatte? Hatte er etwa gedacht, er könne es – so wie seine Vergangenheit – zum Tabu erklären? Erkannte er denn nicht, dass ihre Beziehungskrise nicht nur in
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